Das Ziel: Den Speisezettel 2023 gezielt mit Hülsenfrüchten anzureichern – für mehr Nachhaltigkeit.
Slow Food feiert am 10. Februar den von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ausgerufenen internationalen Tag der Hülsenfrüchte, um das Potenzial von Hülsenfrüchten bei der Umsetzung der 2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung zu würdigen. Die Feiern bieten eine einzigartige Gelegenheit, um die allgemeine Aufmerksamkeit auf Hülsenfrüchte zu lenken und die wichtige Rolle, die sie bei der Umstellung auf effizientere, integrativere, widerstandsfähigere und nachhaltigere Landwirtschafts- und Ernährungssysteme für eine verbesserte Produktion, bessere Ernährung, eine bessere Umwelt und mehr Lebensqualität für alle Menschen spielen können.
„Die biologische Vielfalt essen, um sie zu retten“ – diese Idee ist nicht immer leicht zu vermitteln. Deshalb hat Slow Food anlässlich des internationalen Tags der Hülsenfrüchte sein weltweites Netzwerk von Köchinnen und Köchen (die sog. Cooks’ Alliance) aktiviert und seine Mitglieder dazu aufgerufen, mehr Hülsenfrüchte auf ihre Speisepläne zu setzen, um so ein Bewusstsein für deren Wert zu schaffen und gleichzeitig den eigenen ökologischen Fußabdruck Teller für Teller zu verringern.
Dazu Francesco Sottile, Vorstandsmitglied von Slow Food, Agrarwissenschaftler und Experte für biologische Vielfalt im Bereich Lebensmittel und Agrarökologie:
„Hülsenfrüchte binden Stickstoff aus der Atmosphäre und machen ihn für die Pflanzen verfügbar, so dass Landwirtinnen und Landwirte im Einklang mit agrarökologischen Praktiken den Einsatz von synthetischen Düngemitteln reduzieren können. Die Fähigkeit von Hülsenfrüchten, unsere Böden fruchtbarer zu machen, ist dank ihrer ressourcenschonenden Eigenschaften besonders in Gebieten mit schwierigen Anbaubedingungen von Bedeutung. Insgesamt sorgt der Anbau von Hülsenfrüchten für einen sehr kleinen ökologischen Fußabdruck, sowohl was den Wasserverbrauch als auch was die Treibhausgasemissionen angeht. Wo dürreresistente und tiefwurzelnde Arten von Hülsenfrüchten in Mischkulturen angebaut werden, können sie zudem andere Kulturen mit Grundwasser versorgen, was den Menschen in Trockenregionen zugutekommt. Indem wir die Rolle der Hülsenfrüchte stärken, tragen wir zum Erhalt der biologischen Vielfalt in der Ernährung bei.“
Slow Food fördert die Produktion und den Verzehr von Hülsenfrüchten seit über zehn Jahren, insbesondere durch sein Slow Beans-Netzwerk, das Landwirtinnen und Landwirte, Aktivistinnen und Aktivisten, Köchinnen und Köche und alle, die sich für die Familie der Hülsenfrüchte begeistern, zusammenbringt. Unser Ziel ist es, die vielen positiven Aspekte dieser Kulturpflanzen hervorzuheben und auf ihre immense biologische Vielfalt hinzuweisen.
Das Slow Beans-Netzwerk engagiert sich durch eigenen Anbau von Hülsenfrüchten und organisiert daneben Initiativen, Werbeveranstaltungen und Kampagnen wie zuletzt Let It Bean! in Zusammenarbeit mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der Region und Organisationen wie Meatless Monday.
Hierzulande führt Slow Food Saarland bereits zum 8. Mal zusammen mit bekannten Gastronomen die Saarländischen Hülsenfrüchtewochen (26. Februar bis 12. März) durch, während der teils in Vergessenheit geratene Lebensmittel und Essgewohnheiten wiederbelebt und ihr Bekanntheitsgrad erhöht werden soll. Auch in diesem Jahr sind wieder zahlreiche Kantinen beteiligt, die einen großen Anteil am Erfolg der Hülsenfrüchtewochen haben. Gemeinsames Ziel ist es, Erbsen, Bohnen, Linsen & Co in ihrer großen Vielfalt zu zeigen und den Gästen ein Geschmackserlebnis zu bereiten,
In Italien können Besucher der jährlichen Wanderveranstaltung Slow Beans 2023 erneut Erzeugerinnen und Erzeuger kennenlernen, die vielerorts in Italien und darüber hinaus Anbau von Hülsenfrüchten betreiben. Daneben setzt Slow Food Italien die bereits im vergangenen Jahr gemeinsam mit seinem Jugendnetzwerk SFYN Italien gestartete Initiative „Aggiungi un legume a tavola“ (Bringt Hülsenfrüchte auf den Tisch) fort, bei der die italienische Fraktion der Cooks‘ Alliance aufgerufen ist, mindestens ein Gericht auf die Speisekarte zu setzen, bei dem Hülsenfrüchte die Hauptrolle spielen: 2022 hatten sich mehr als 140 Köche aus ganz Italien an der Initiative beteiligt.
Ein weiteres gelungenes Beispiel ist die jährliche „Plant a seed“-Kampagne von Slow Food USA, bei der sich 2022 alles um sechs erstaunliche Bohnen an Bord der Arche des Geschmacks drehte: Santa Maria Pinquito, Rockwell, Four Corners Gold, Cherokee Trail of Tears, Arikara Yellow und Hank’s Xtra Special Baking Bean. Jedes Jahr wird eine Reihe seltener und biologisch vielfältiger Samen zusammengestellt, die eine Geschichte erzählen, um das Bewusstsein für Klima, Gesundheit und Ernährungsgerechtigkeit zu schärfen, und jedes Jahr endet die Kampagne mit sog. Bean Suppers an zahlreichen Orten von der Ost- bis zur Westküste. Mit Aktionen wie dieser können wir konkret zur Verbesserung der weltweiten Gesundheit, Umwelt und Lebensmittelsysteme beitragen. Aktuell führt der internationale Katalog vom Verschwinden bedrohter Lebensmittel der Arche des Geschmacks 301 Arten von Hülsenfrüchten auf.
Dazu Richard McCarthy, Vorstandsmitglied von Slow Food, der sich sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene federführend für die Stärkung von Gemeinschaften durch Lebensmittel einsetzt: „Unser heutiges globales Lebensmittelsystem ist nicht in der Lage, Ernährungssicherheit und Gesundheit zu gewährleisten. Immer weiter wird ökologische und soziale Nachhaltigkeit dem wirtschaftlichen Fortschritt geopfert. Für systemische Veränderungen braucht es entschlossenes politisches Handeln. Wer sich angesichts der Vielzahl und Schwere der Krisen machtlos fühlt, dem möchte ich sagen: Wir sind überzeugt, dass jede und jeder von uns im Rahmen ihrer und seiner Möglichkeiten zum Wandel beitragen kann, und sei es nur durch die Entscheidung, mehr Hülsenfrüchte zu essen! Tatsächlich sind Hülsenfrüchte einer unserer wichtigsten Verbündeten im Kampf für gesündere, nachhaltigere und erschwingliche Ernährung für alle Menschen.“
Aktuell existieren weltweit 55 Slow Food Hülsenfrüchte Presidi, von den Smilyan-Bohnen in Bulgarien über La Guajira Cowpea in Kolumbien und Jeju Island Fermented Green Soybean Jang in Südkorea bis hin zu den sizilianischen Modica Cottoia Fava-Bohnen in Italien.
Jedes der 55 Presidia steht für eine Gemeinschaft von Erzeugerinnen und Erzeugern, die an die Idee von Slow Food glauben, für eine traditionelle essbare Hülsenfrucht lokalen Ursprungs, für ein kulturelles Erbe und überliefertes Wissen. Diese Erzeugnisse laufen Gefahr, durch den Vormarsch industrieller Monokulturen von unseren Feldern und Tellern zu verschwinden. Die Mitgliedschaft im Presidio verschafft Erzeugerinnen und Erzeugern Zugang zu Schulungen und Fortbildungen, die die Qualität ihrer Produkte und die Nachhaltigkeit der Herstellung verbessern helfen; Erzeugnisse und ihr Herkunftsort werden auf Veranstaltungen vorgestellt und beworben; Produzierende können Kontakte knüpfen zu Erzeugerinnen und Erzeugern aus anderen Regionen und anderen Teilen der Welt, zu Küchenchefinnen und -chefs, Einzelhändlerinnen und -händlern, Fachleuten wie Agronomen und zu Universitäten, Journalisten und Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Der 10. Februar markiert den Beginn eines immer wichtiger werdenden Engagements von Slow Food für eine faire Umstellung auf nachhaltige Proteinversorgung nach agrarökologischem Ansatz. Weltweit wird es 2023 zahlreiche Initiativen geben, bei denen Hülsenfrüchte als ein Schlüssel für eine nachhaltige Zukunft im Mittelpunkt stehen werden.
Weitere Informationen, Fotos, Videos, Geschichten und Materialien zur Kampagnenarbeit von Slow Food in Sachen Hülsenfrüchte finden Sie hier.
Slow Food ist ein weltweites Netzwerk lokaler Gemeinschaften, das 1989 gegründet wurde, um dem Verschwinden lokaler Lebensmitteltraditionen und der Verbreitung der Fast-Food-Kultur entgegenzuwirken. Seitdem hat sich Slow Food zu einer globalen Bewegung entwickelt, die Millionen von Menschen in mehr als 160 Ländern einbezieht und sich dafür einsetzt, dass wir alle Zugang zu guten, sauberen und fairen Lebensmitteln haben.
PM Slow Food International