NABU: Kollisionen von Vögeln mit Glasscheiben vermeiden: Neue Broschüre zum vogelfreundlichen Bauen zeigt Lösungen auf

Mindestens 100 Millionen Vögel sterben geschätzt in Deutschland jedes Jahr, weil sie mit Glasflächen kollidieren: Vögel erkennen transparente Glasscheiben nicht als Hindernis. Und stark spiegelnde Fronten reflektieren Bäume, Büsche oder den Himmel, so dass sie wie ein realer Lebensraum wirken. „Welche Gefahren Glasscheiben für die Vogelwelt darstellen können, ist in der Architektur- und Baubranche oftmals noch zu wenig bekannt“, stellt der Ornithologe Stefan Bosch vom NABU Baden-Württemberg fest. Für Abhilfe soll eine neue Broschüre sorgen, die die Schweizerische Vogelwarte zusammen mit dem NABU und anderen Verbänden veröffentlicht hat. Sie zeigt typische Gefahrensituationen und präsentiert Lösungen, wie man Glas vogelfreundlich einsetzen kann.

Zu viel Durchblick als Problem

Nicht jede Scheibe ist gleichermaßen problematisch. Besonders gefährlich für Vögel sind etwa stark spiegelnde Scheiben, transparente Balkon- und Eckverglasungen, gläserne Lärmschutzwände, Wintergärten oder Wartehäuschen. „Gläserne Buswartehäuschen stehen oft mitten in der Landschaft, mit Bäumen und Büschen drum herum. Sind die Scheiben nicht kenntlich gemacht, haben Vögel die volle Durchsicht. Dann ist das Risiko besonders groß, dass sie mit hoher Geschwindigkeit hindurchfliegen wollen“, erläutert Bosch.

Glas sichtbar machen

Dabei könne man gut gegensteuern: „In einem erfolgreichen Projekt haben wir zusammen mit der Gemeinde Oberderdingen im Kraichgau alle neun Buswartehäuschen mit Folien nachgerüstet. So kann das Problem nachträglich vogelfreundlich gelöst werden“, sagt Bosch. Um der Kollisionsgefahr entgegenzuwirken sei es wichtig, das Glas mittels geprüfter Vogelschutzmarkierungen sichtbar zu machen. „Auf Markierungen im UV-Bereich und die bekannten Greifvogelsilhouetten sollte man hingegen verzichten“, berichtet Caroline Wittor, NABU-Expertin für Artenschutz am Gebäude. „Sie schrecken Vögel nicht ab und wirken daher kaum.“

Vogelschutzmarkierungen anbringen, Beleuchtung reduzieren

Nur eine flächige Markierung, die von außen aufgebracht wird und sich möglichst von der Umgebung abhebt, bringt den nötigen Schutz. Lösungen mit Streifen und Punktraster haben sich dabei in Versuchen und in der Praxis als besonders effektiv erwiesen. Auch individuelle kreative Lösungen können wirken: „Die Fensterfronten des NABU-Bodenseezentrums etwa wurden mit einem individuell angefertigten Schilfmuster verziert, das zur Region passt und Vögel wirkungsvoll vor einem Aufprall schützt“, erklärt Wittor. Auch Innenräume weniger zu beleuchten hilft, da Vögel vom Licht angezogen werden. Dies spart auch Energie und schont den Geldbeutel.

Die neue Vogelschutz-Broschüre zeigt auch auf, wie man bei einem Neubau so weit wie möglich auf transparentes Glas verzichten kann und wie sich bereits bei der Planung für Vögel gefährliche Stellen entschärfen lassen. So können Zeit und Folgekosten für Nachrüstungen eingespart und gleichzeitig viele Vögel vor dem Tod und schweren Verletzungen bewahrt werden.

Erste Hilfe für Kollisionsopfer

„Manche Vögel sind nach leichten Kollisionen mit Glasscheiben zunächst verletzt oder benommen und werden später zu leichter Beute für Fressfeinde wie Füchse oder Katzen“, so Vogelfachmann Bosch. Er rät: „Wer in Scheibennähe einen flugunfähigen Vogel findet, legt ihn am besten in eine mit Haushaltspapier ausgekleidete und mit Luftlöchern versehene Schachtel. Diese stellt man an einen warmen, dunklen und ruhigen Ort. Den Vogel sollte man jedoch nicht füttern oder mit Wasser versorgen. Nach zwei bis drei Stunden kann man die Schachtel im Freien öffnen, so dass der Vogel wegfliegen kann. Tut er das nicht, sollte man Kontakt mit einer Vogelpflegestation aufnehmen.“

Weitere Infos:

 

PM NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Baden-Württemberg e. V.

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