Das Gleichgewicht zwischen Menschen, Tieren und dem Planeten wieder herstellen – Slow Food veröffentlicht neues Positionspapier zum Tierschutz

Am 23. September stellte Slow Food bei Terra Madre – Salone Del Gusto im Rahmen der Konferenz  ͈All we need is Slow Farming” und im Beisein von Andrea Gavinelli, Leiter der Abteilung Tierschutz der Generaldirektion für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission, sein Positionspapier zum Tierschutz  ͈Mehr als Tierschutz: Wir sind den Tieren Respekt schuldig“  vor.

„Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Beziehung von Menschen und Nutztieren. Tiere sind kein Produktionsmittel. Sie sollten auf diesem Planeten leben können, ohne ihr Dasein unter unnatürlichen Bedingungen zu fristen, die mit Zwang und oft mit Leiden verbunden sind. Wir können sie nicht weiterhin mit Nutzpflanzen füttern, die vom anderen Ende der Welt kommen und in Monokulturen angebaut werden, die die Ökosysteme zerstören. Tiere und Fleisch sollten nicht Tausende Kilometer zurücklegen müssen, um auf unsere Teller zu gelangen. Wir müssen die Tierhaltung wieder lokal verankern. So ein Paradigmenwechsel bedeutet natürlich, dass wir  die Anzahl der Nutztiere reduzieren und unsere Ernährung umstellen müssen. Der Konsum von so viel Fleisch ist ungesund, wir sollten lieber weniger Fleisch essen und einen fairen Preis dafür bezahlen“, kommentierte Raffaella Ponzio, Leiterin des Bereichs Tierschutz bei Slow Food.

Die industrialisierte Tierhaltung der letzten siebzig Jahre führte, befeuert durch die immer stärker steigende Nachfrage nach Fleisch und Milchprodukten, zur Verbreitung von riesigen und umweltbelastenden Betrieben. Zwischen 2000 und 2013 stieg die globale Fleisch- und Milchproduktion von Rindern, Büffeln, Ziegen und Schafen um 13 % bzw. 32 %. Dieser Trend wird weiter zunehmen, wenn sich nichts ändert.

Bei der Konferenz wurden verschieden Aspekte  der Viehzucht behandelt. Larissa Mies Bombardi, eine brasilianische Professorin, die jedoch aufgrund von Bedrohungen nach der Veröffentlichung ihres Buches Atlas Geografìa del uso de plaguicidas en Brasil y conexiones con la Uniòn Europea (Geografischer Atlas des Pestizideinsatzes in Brasilien und Verbindungen zur Europäischen Union) 2017 in Belgien im Exil lebt, ging auf die negativen Auswirkungen des pestizidintensiven Sojaanbaus in Lateinamerika als Futtermittel für Geflügel, Schweine und Rinder (auch für westliche Märkte) ein. Sergio Capaldo, Vorsitzender des Konsortiums Ecosi teilte gute Praktiken der Bodenbewirtschaftung im Hinblick auf die Klimakrise; während Jacopo Goracci, Züchter aus dem Slow Food Presidio der Maremmana-Rasse, die grundlegende Rolle der extensiven Landwirtschaft, insbesondere in Randgebieten, betonte. Auf diese Beiträge folgte ein Überblick von Paolo Carnemolla, Generalsekretär von Federbio, über ein wichtiges Projekt zum Thema Tierschutzkennzeichnung.

Den Abschluss der Konferenz übernahm Andrea Gavinelli von der Europäischen Kommission (GD SANTE), der die Bedeutung eines systemischen Ansatzes für die Tierhaltung hervorhob: „Das ist der beste Weg, ein wirklich nachhaltiges System zu schaffen. Wie eindeutig aus dem neuen Positionspapier von Slow Food hervorgeht, reicht es nicht aus, nur das Problem der Tierhaltung anzugehen, wir müssen uns auch mit der Ernährungssicherheit, der biologischen Vielfalt, den Landschaften usw. befassen.” Er kündigte an, die Europäische Kommission werde all diese Aspekte in ihren Vorschlag für eine neue EU-Tierschutzverordnung einbeziehen, die im Jahr 2023 in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament verabschiedet werden soll.

Tierschutz und das Wohlergehen der Tiere sind eng mit dem Wohlergehen der Menschen und der Umwelt verbunden, deshalb müssen diese drei Aspekte gemeinsam betrachtet werden. Slow Food unterstützt den Ansatz „One Welfare”, der die komplexe wechselseitige Abhängigkeit zwischen dem Wohlergehen von Menschen, Pflanzen, Tieren und dem Wohlergehen des Planeten anerkennt. Die Gesundheit einer Bevölkerung kann nur garantiert werden, wenn auch die Gesundheit von Pflanzen, Tieren und dem Planeten berücksichtigt wird. Aus diesem Grund unterstützt die Kampagne Slow Farming diejenigen, die artgerechte Tierhaltung betreiben, den Boden pflegen und die biologische Vielfalt von Tieren und Landschaften erhalten. Respekt ist ein Schlüsselwort der Vision von Slow Food für die Tierhaltung:  Wir müssen ihr wieder den richtigen Wert verleihen, unseren Verbrauch an tierische Erzeugnissen reduzieren und einen fairen Preis dafür bezahlen sowie Lebensmittelverschwendung und -abfälle vermeiden.

Unser Positionspapier können Sie hier lesen:

EN: „Beyond Welfare: We Owe Animals Respect“

IT: “Oltre il benessere: gli animali d’allevamento meritano rispetto”

 

PM Slow Food

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