48. Weissacher Imkertag 2022 Online – Zentrale Fortbildungsveranstaltung für Imkerinnen und Imker sowie Bienenfreundinnen und Bienenfreunde

Heute (11. März 2022) fand der 48. Weissacher Imkertag 2022 digital statt und war mit über 400 Zuhörerinnen und Zuhörern wie in den Vorjahren sehr gut besucht. „Wir freuen uns sehr, dass wir an der Tradition des jährlichen Weissacher Imkertags auch in diesem Jahr festhalten können. Der Weissacher Imkertag ist die zentrale Fortbildungsveranstaltung für Imkerinnen und Imker sowie Bienenfreundinnen und Bienenfreunde“, erklärte Dr. Kurt Mezger, Abteilungspräsident der Abteilung Landwirtschaft, Ländlicher Raum, Veterinär- und Lebensmittelwesen im Regierungspräsidium Stuttgart (RPS), bei der Eröffnung des 48. Weissacher Imkertags.

„Dass der Weissacher Imkertag im Online-Format erneut so großen Anklang findet, ist besonders erfreulich. Im vergangenen Jahr haben wir uns wegen der Corona-Pandemie erstmalig für eine Online-Veranstaltung entschieden. Vor einem Jahr hätte wohl niemand damit gerechnet, dass wir uns auch heute nur virtuell und nicht wie gewohnt in der Strudelbachhalle in Weissach treffen können. In der Zwischenzeit sind jedoch vermutlich die meisten unter uns an das digitale Format gewöhnt. So freue ich mich, dass wir den 48. Weissacher Imkertag heute virtuell miteinander bestreiten werden und die Vorteile einer solchen Online-Veranstaltung nutzen und unter anderem einen Referenten aus der Schweiz hören können“, so Dr. Mezger weiter.

„Der Ansporn zu imkern ist längst nicht mehr nur der Honigertrag. Vielen Imkerinnen und Imkern ist es ein Anliegen, einen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt von Kultur- und Wildpflanzen zu leisten“, erklärte Dr. Mezger das stetig steigende Interesse an der Imkerei. Diese Bereiche zu unterstützen, sei dem Land Baden-Württemberg sehr wichtig. Das sehe man auch am im Jahr 2020 verabschiedeten Biodiversitätsstärkungsgesetz. „Eine wesentliche Maßnahme hierbei ist die Reduktion der Menge an eingesetzten chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln um 40 bis 50 Prozent bis 2030. Außerdem ist der Erhalt von Streuobstwiesen in diesem Zuge gesetzlich festgeschrieben worden. Streuobstwiesen haben für Insekten, aber auch für die übrige Tierwelt eine vielfältige Bedeutung, weswegen sie besonders schützenswert sind“, betonte Dr. Mezger. Um unterschiedliche Biodiversitätsmaßnahmen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen auszuprobieren und zu einem noch größeren Anteil in die Fläche zu tragen, werde in Baden-Württemberg aktuell ein Netzwerk von Biodiversitäts-Demobetrieben etabliert, erläuterte Dr. Mezger weiter. Wichtig sei aber auch, dass die Stärkung der Biodiversität unser aller Ziel sein muss. Als einen wichtigen Bestandteil des Biodiversitätsstärkungsgesetztes nannte er daher das Verbot von Schottergärten auf Privatgrundstücken.

Im Anschluss begrüßte der Weissacher Bürgermeister Daniel Töpfer alle Teilnehmenden. Er konnte der Veranstaltung in diesem Jahr terminbedingt leider nicht live beiwohnen und sprach daher in einer Videobotschaft zu den Teilnehmenden. Töpfer griff unterschiedliche Themen auf und sprach dazu an unterschiedlichen Orten in der Gemeinde Weissach. So begann sein Grußwort vor Weissachs guter Stube, der Strudelbachhalle, in der der Weissacher Imkertag seither traditionell in Präsenz stattfand. Anschließend besuchte er Imker Gohl in Weissach-Flacht und unterhielt sich mit ihm über das schwierige Bienenjahr 2021. Eine weitere Station war eine Blühfläche vor dem städtischen Bauhof. Hier wies er auf die Vorreiterrolle der Gemeinde Weissach im Hinblick auf Insektenfreundlichkeit hin. Seit 2019 darf sich diese offiziell „insektenfreundliche Kommune“ nennen. Abschließend besuchte er ein Insektenhaus und appellierte an die Bürgerinnen und Bürger, dass die Förderung der biologischen Vielfalt die Aufgabe aller sei. Er wünschte allen Teilnehmenden eine interessante und aufschlussreiche Veranstaltung.

Im Anschluss richtete der neu gewählte Präsident des Landesverbands Württembergischer Imker (LVWI), Dr. Dr. Helmut Horn, ein Grußwort an die Teilnehmenden. Die anschließenden Fachbeiträge eröffnete PD Dr. rer. nat. Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde an der Universität Hohenheim, mit seinem Vortrag „Veränderungen bei den Schwerpunkten in der Bienenforschung während der letzten 30 Jahre“. Er leitet die Landesanstalt für Bienenkunde seit 1995. Dr. Rosenkranz erläuterte, dass die Bienenforschung aufgrund der Verbindung zur Imkerei sowie der ökologischen und ökonomischen Bedeutung der Honigbienen schon immer auch gesellschaftliche Relevanz hatte. Dies begründe, dass die Schwerpunkte in der Bienenforschung nicht allein durch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bestimmt wurden und werden, sondern sich auch daran orientieren, was von der Imkerei und der Öffentlichkeit als dringendes aktuelles Problem wahrgenommen werde. Dies beeinflusse die Ausschreibung von Forschungsprojekten und damit letztendlich auch die Themen, für die finanzielle Mittel verfügbar seien. Dr. Rosenkranz zeigte am Beispiel der Bienenforschung, wie sich die Forschungsschwerpunkte während der letzten Jahrzehnte von eher ökonomisch ausgerichteten Themen zur Bienenpathologie, Kontroversen um den chemischen Pflanzenschutz bis hin zu aktuellen Problemen von Biodiversität und Artenschutz verändert haben. So standen früher vor allem Fragestellungen zur Betriebsweise und Zucht im Fokus. Dies habe sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Der Blick läge nun vor allem auf Themen wie der Verbreitung neuer Parasiten und Viren, aber auch dem „Bienensterben“. Im Rahmen des Referats wurde kritisch hinterfragt, welchen Beitrag die Bienenforschung jeweils zur Lösung der angesprochenen Probleme beigetragen hat.

In seinem Vortrag „Verdampfung von Oxalsäure – Was sagt die Wissenschaft dazu?“ ging Dr. Sebastian Spiewok, stellvertretender Chefredakteur der Fachzeitschrift Deutsches Bienen-Journal, auf eine in Deutschland bislang nicht zugelassene Behandlungsform der Varroose ein. Viele Imkerinnen und Imker würden sich wünschen, die Verdampfung von Oxalsäure gegen die Varroose einsetzen zu können. Dr. Spiewok hat die wissenschaftliche Literatur durchforstet und beleuchtete im Rahmen seines Vortrags, wie die Wissenschaft zu dieser Anwendungsform steht. Kernfragen waren unter anderem, wie wirksam und wie bienenfreundlich die Verdampfung tatsächlich sei und wie Oxalsäure gegen Varroa wirke. Außerdem wurde die Anwendersicherheit des Verfahrens beleuchtet. Auf die Fragen, ob diese Anwendungsform eventuell die Gefahr von Rückständen in Bienenprodukten berge und ob kristalline Oxalsäure überhaupt ein Medikament sei, wurde ebenfalls eingegangen. Abschließend stellte Dr. Spiewok die aktuellen Entwicklungen dar.

Nach einer kurzen Pause berichtete Marcel Strub, Leiter der Fachstelle Bienen in Solothurn in der Schweiz, von seinen Erfahrungen mit dem Verdampfen von Oxalsäure im Spätherbst. Strub arbeitet bereits seit über 40 Jahren mit Bienen und ist als Fachberater und Bienensachverständiger tätig. In der Schweiz ist das Verdampfen von Oxalsäure eine seit den frühen Neunziger Jahren weitverbreitete und zugelassenen Methode, um bei Brutfreiheit die Varroa-Milben effizient zu bekämpfen. Strub wechselte nach einigen Versuchen im Jahr 2010 von der Träufel-Methode auf das Verdampfen der Oxalsäure. Im Rahmen seines Vortrags beleuchtete er sowohl die bedeutenden Vorteile dieser Behandlungsweise als auch deren Nachteile. Er ging dabei unter anderem auf die Frage ein, wie die Bienen darauf reagieren und wie der Behandlungserfolg sei. Außerdem beleuchtete er den wichtigen Aspekt der Arbeitssicherheit. Eine der schwierigsten Entscheidungen sei laut Strub die Anschaffung eines tauglichen Geräts, da es eine große Vielfalt an Verdampfern gebe. Er gab einen kleinen Überblick über diese und griff auch die Kosten und somit ökonomische Aspekte auf.

Es folgte Helmut Fesseler, Vizepräsident und Schulungsobmann des LVWI, mit seinem Vortrag „Varroa-Management durch Brutfreiheit – Teilen und Behandeln (TuB)“. Er ging auf die unterschiedlichen Arbeitsschritte dieser Methode während der Sommer- und Herbstmonate ein. Fesseler erläuterte, dass im Juli die Völker geteilt werden. Gleich zu Beginn erklärte er, welche Theorie dahinterstecke und weshalb man diese Alternative wähle. Der große Vorteil dieses Verfahrens bestehe laut Fesseler darin, dass man die Varroabekämpfung sehr gut planen könne, sie unabhängig von der Witterung sei und durch die brutfreie Phase der Volksteile optimale Voraussetzung zur hochwirksamen Bekämpfung der Varroamilbe mit Oxalsäure schaffe. Außerdem beleuchtete er, wie man das korrekte Zeitfenster für das Teilen wähle, welche Vorbereitungen getroffen werden müssten und wie die Volksteile nach dem Teilen versorgt werden sollten. Im August gelte es dann, die Volksteile zu pflegen. Fesseler beleuchtete unterschiedliche Faktoren, unter anderem stellte er dar, dass die Frage, wie die Volksteile bis Ende September aussehen sollten, eine wichtige Rolle für die Arbeiten im August spielen würden. Im September stehe die Herbstpflege der Volksteile auf dem Programm. Fesseler erwähnte hierbei unter anderem die sogenannte Varroa-Notfall-Ambulanz und die Möglichkeiten der Milbenreduzierung im September und Oktober. Auch beleuchtete er die Folgen im Falle der Untätigkeit. Bevor die Volksteile im Oktober vereinigt werden könnten, müsste Anfang Oktober die Situation der Volksteile im Hinblick auf Stärke, Brutstand und Brutumfang beurteilt werden. Fesseler erläuterte weiterhin das Ziel der Vereinigung und die Planung dieses Vorgangs. Abschließend stellte er die Vorgehensweise bei der Vereinigung der Volksteile vor.

Zum Abschluss berichtete Thomas Kustermann, Fachberater für Imkerei am RPS, über aktuelle Themen aus der Fachberatung. Er stieg mit einem Rückblick auf das vergangene Jahr ein und erläuterte, dass 2021 für die Imkerei in Baden-Württemberg eine absolute Herausforderung gewesen sei, unter anderem aufgrund der Witterung. Der Honigertrag sei großflächig nahe Null gewesen. Zusätzlich hätten die Völker häufig auch über lange Phasen mit Futter versorgt werden müssen. Kustermann veranschaulichte, dass dies für Berufsimkerinnen und Berufsimker ein echtes Problem dargestellt habe, während es für die meisten Hobbyimkerinnen und Hobbyimker zwar enttäuschend, aber auch lehrreich gewesen sei. Er ging außerdem auf ein novelliertes Tierarzneimittel-Gesetz und das Auslaufen der Standardzulassungen für organische Säuren zur Varroa-Bekämpfung (AS, MS, OS) ein. Durch diese Änderungen kämen auf die Imkerschaft einige Neuerungen zu. Die wichtigsten Punkte beleuchtete Kustermann im Rahmen seines Vortrags. Vor dem Hintergrund der massiven Völkerverluste im Winter 2021/2022 stellte er kritische Fragen zu Lehrbuch-Meinungen, die seiner Aussage nach gebetsmühlenartig heruntergeleiert würden. Provokant stellte er die Frage, wo die Belege für diese Behauptungen seien. Seine Bemühungen, Belege zu diesen vielfach geäußerten Regeln zu bekommen, seien bisher erfolglos verlaufen. Zum Schluss stellte er noch seine persönlichen Beobachtungen vor und betonte die Notwendigkeit von fachgerecht durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Themenkomplex.

 

PM Regierungspräsidium Stuttgart

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