Martin Lohmann stellt bei der Eröffnungspressekonferenz der CMTdigital in Stuttgart erste Ergebnisse der aktuellen Reiseanalyse vor
Ein Jahr ohne CMT? Undenkbar! Auch mit Blick auf die dort präsentierten Neuheiten und Forschungsergebnisse. Zwar ist die CMTdigital nicht mit einer regulären CMT vergleichbar, doch eine Konstante bleibt: Die Vorstellung der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) zum Jahresbeginn. Prof. Martin Lohmann, wissenschaftlicher Berater der FUR, hat für die CMT eine erste vorläufige Bilanz des Tourismus im Jahr 2020 erstellt und stellt die touristischen Trends des neuen Jahres exklusiv in Stuttgart vor. Seine Präsentation steht hier zum Herunterladen bereit.
„Der Einbruch im weltweiten Tourismus war dramatisch“, verdeutlicht Lohmann gleich die Lage im vergangenen Jahr. Der internationale Tourismus sei 2020 im Verhältnis zu 2019 um rund 72 Prozent zurückgegangen. Weltweit werde die Zahl der Ankünfte von internationalen Gästen voraussichtlich bei circa 400 Millionen* liegen, nach 1,46 Milliarden im Jahr 2019 [Quelle: UNWTO, *Schätzung FUR]. „Damit liegt der internationale Tourismus etwa auf dem Niveau von 1989.“ Der Hintergrund dieser Entwicklung sei eindeutig auf die rasche Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 und der dadurch verursachten Erkrankung COVID-19 zurückzuführen. Aufgrund der ergriffenen Maßnahmen, um das Virus einzudämmen, „kam der grenzüberschreitende Urlaubstourismus vorübergehend fast vollständig zum Erliegen“. In den ersten elf Monaten des Jahres sank laut Lohmann daher auch die Zahl der Gästeübernachtungen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 36 Prozent [Quelle: Statistisches Bundesamt, 2021]. Für 2020 könne man mit circa 299 Millionen Übernachtungen in Deutschland rechnen, 2019 waren es noch 496 Millionen gewesen.
2020: Nachfrage in allen Segmenten eingebrochen
Für den Bereich der Urlaubsreisen der Deutschen erwartet die FUR nach den vorläufigen Daten auf der Basis der Reiseanalyse online für 2020 ein niedriges Niveau der Nachfrage mit einem Volumen von circa 43 Millionen Urlaubsreisen (minus 40 Prozent zum Vorjahr). Die erwartete Zahl der Kurzurlaubsreisen (Dauer zwei bis vier Tage) liege bei 37 Millionen (minus 60 Prozent zum Vorjahr) [Quelle: Trendabschätzungen auf der Basis der RA 21, online Erhebung im November 2020]. Schwer getroffen seien sämtliche Segmente der Touristikwirtschaft, also Hotellerie, Gastronomie, Verkehrsunternehmen, Reiseveranstalter und -büros.
Die Indikatoren für die touristische Nachfrage im Jahr 2021 zeigen Lohmann zufolge allerdings eine positive Ausgangslage. Bei der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung erwarteten viele Deutsche zwar eine Verschlechterung, im Hinblick auf die eigene persönliche wirtschaftliche Situation sieht der größte Teil aber stabile Verhältnisse: 17 Prozent (Vorjahr 22 Prozent) erwarten, dass sich ihre persönliche wirtschaftliche Situation in einem Jahr verbessert haben wird; 25 Prozent (Vorjahr 22 Prozent) befürchten eine Verschlechterung. Die restlichen 57 Prozent sehen keine Veränderung. Die insgesamt als stabil wahrgenommene individuelle wirtschaftliche Situation ist eine wichtige Vorbedingung für den Urlaubstourismus 2021.
Mit Urlaubsreisen 2021 hätten sich bereits vier von fünf Deutschen (80 Prozent) gedanklich beschäftigt. Ob jemand tatsächlich eine Reise antrete, sei dann eine Frage des Könnens (Zeit und Geld?) und des Wollens (Urlaubslust?). Die Urlaubslust sei mit 51 Prozent leicht gesunken (Vorjahr 57 Prozent), die Faktoren Zeit (66 Prozent) und Geld (62 Prozent) zum Reisen würden so günstig wie im Vorjahr eingeschätzt. „Insgesamt drücken diese Ergebnisse eine überraschend positive Urlaubsstimmung aus,“, sagt Lohmann, „die nachfrageseitig gute Startbedingungen signalisiert. Urlaubsreisen waren und bleiben für die meisten Deutschen ein unverzichtbarer Bestandteil der Lebensqualität.“
Urlaubsstimmung für 2021 überraschend positiv
Die grundsätzlichen Präferenzen der Urlaubsreisenden, also etwa die Vorliebe für Destinationstypen wie Strand- oder Bergziele oder für Reisearten, hätten sich nicht geändert. Ob und wie man reisen werde, hänge im Wesentlichen von den Möglichkeiten ab, die sich vor dem Hintergrund der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie ergäben. Voraussichtlich werde sich in 2021 deswegen das Gesamtbild erheblich vom Standard des letzten Jahrzehnts unterscheiden. Neue (alte) Freiheiten würden bald zu einer Rückkehr zu bisherigen Reisemustern führen, allerdings „frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2021 und auch nicht in allen Segmenten.“ Insgesamt sei für 2021 im Vergleich mit 2019 mit einer Dämpfung der touristischen Nachfrage zu rechnen, vor allem wegen der Restriktionen im Zusammenhang mit der Eindämmung des Corona-Virus, in einigen Fällen auch aus wirtschaftlichen Gründen oder weil die Reiselust abhandengekommen sei.
Die erwarteten Einschränkungen zeigten sich in den geäußerten Plänen der Befragten. So würden etwa Flug- und Fernreisen für 2021 seltener ins Auge gefasst als vor der Pandemie. Stattdessen seien auch dieses Jahr (wieder) eher Ziele in der Nähe beliebt, die bevorzugt mit dem Auto und möglichst individuell, ohne große Nähe zu anderen Menschen, erreichbar seien. Campingurlaub fände unter diesen Bedingungen neue Freunde. Für die multi-optionalen Urlauber sei diese Sondersituation kein Problem, sie werden mit den zur Verfügung stehenden Angeboten glücklich.
Unklarheiten, Unsicherheiten und Bedenken führten in der aktuellen Situation zum Abwarten bei der konkreten Reiseplanung und -buchung. Der Informationsbedarf sei hoch, von den Anbietern erwarteten die Kunden Flexibilität und Kulanz. Hoch seien auch die Anforderungen an die Sicherheit auf der Reise: zum Beispiel wenig Kontakte, Corona-spezifische Hygienemaßnahmen. „Gleichzeitig darf der Urlaubsspaß unter diesen Bedingungen aber nicht leiden, ein Balanceakt für manchen Anbieter,“ konstatiert Lohmann.
PM Landesmesse Stuttgart GmbH