Ich drück Dir die Daumen. Viel Glück. Ob der Zahnarzt mir Zähne ziehen will, ein Bewerbungsgespräch oder eine Prüfung wartet oder vielleicht das erste Date mit meiner neuen Flamme bevorsteht – das sind meist die letzten Worte, die ich vorher zu hören kriege. Vieles kann ich gut vorbereiten. Aber ein Restrisiko bleibt eben doch. Es braucht auch immer ein bisschen Glück.
Umgekehrt staune ich, wie gedrückte Daumen das Glück positiv beeinflussen sollen. Denn Glück ist Zufall. Und das Schicksal würfelt. Meine Daumen haben da mal keinen Einfluss. So Realist bin ich in meinem Leben.
Aber was, wenn mein Leben eben doch nicht dem Zufall oder einem würfelnden Schicksal ausgeliefert ist? Sondern einem, der die Fäden in der Hand hat – und zugleich ein offenes Ohr für mein Herz hat?
Ich habe es oft schon erlebt: Beten hilft. Vielleicht wirkt nicht immer das Stoßgebet von Fall zu Fall Wunder. Aber eine Art Beziehung zum Himmel. Ich bete, bespreche mein Leben mit Gott. Frage auch nach seinem Weg. Spüre, wie sich die Dinge bewegen. Nicht immer so wie ich will. Aber wie er will.
Gott ist nicht wie ein Snackautomat auf dem Bahnsteig: Oben das Geld reinwerfen, auf der Tastatur eine Auswahl treffen und unten die Ware rausholen. Aber er hört. Er hat ein offenes Ohr. Er lässt sich bitten. Die Bibel kennt das Bild von einer bittenden Witwe, die einen Richter so lange nervt, bis er endlich tut, was er soll. Beten braucht Ausdauer. Und an anderer Stelle geht die Bibel soweit und sagt: Euer Vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.
Kein Automat. Kein Rechtsanspruch. Wohl aber große Liebe und ein ganz weiter Blick. Gott bewegt im Herzen, was mich bewegt. Er will gebeten werden. Er entscheidet auch mit seinem weiten Blick, was gut für mich ist und was nicht. Er geht auch nicht immer einfache und gerade Wege mit mir. Aber er sorgt für mich. Immer.
Und deshalb kann ich für mich und für andere meine Daumen schonen – und falte lieber die Hände. Er hört.
Pfr. Georg Steffens
Evangelisches Pfarramt Schlierbach