„Sonne der Gerechtigkeit“, dieses bekannte Kirchenlied, dessen Strophen aus unterschiedlichen Jahrhunderten und von mehreren Dichtern stammen, kommt mir für diesen Sonntag in den Sinn. Mit seiner eingängigen Melodie berührt es die Seele und der Text macht Mut und gibt Hoffnung.
„Laß uns deine Herrlichkeit sehen auch in dieser Zeit und mit unsrer kleinen Kraft suchen, was den Frieden schafft. Erbarm Dich, Herr!“
„…suchen, was den Frieden schafft.“ Bei dieser Strophe beschleicht mich am heutigen Sonntag aber nicht nur frohe Zuversicht, sondern auch ein eher beklemmendes Gefühl. Warum?
Vor 74 Jahren, am 6. und 9. August 1945 wurden die beiden japanische Stadt Hiroshima und Nagasaki durch zwei amerikanische Atombomben vollständig zerstört. Zehntausende Menschen starben innerhalb weniger Sekunden, hunderttausende Menschen in den Tagen, Monaten und Jahren danach, unzählige litten unter den Folgewirkungen der verheerenden atomaren Explosion.
Und heute? Ein neues atomares Wettrüsten in der Welt und in Europa scheint wieder möglich, ja sogar wahrscheinlicher zu werden. Abrüstungsvereinbarungen werden von den großen Atommächten gekündigt, Misstrauen und gegenseitige Vorwürfe, militärische Macht, Drohgebärden und Sanktionen beherrschen die Szenerie. Von einer Kultur des Dialogs, dem Aufbau von Mechanismen, die Vertrauen schaffen oder gar von einer Entspannungs- und Friedenspolitik ist zunehmend keine Rede mehr.
„Schwerter zu Pflugscharen“, dieses bekannte Bibelwort aus Micha 4 ist aber nicht nur Verheißung, sondern auch Auftrag zugleich!
Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit hat die katholische Kirche in Deutschland eine entscheidende Wende in ihrer Haltung zu atomaren Waffen vollzogen. Hatte sie bisher die atomare Bewaffnung bedingt toleriert, so fordert nun die deutsche Kommission „Justitia et Pax“ in ihrem neuen Positionspapier die vorbehaltlose Ächtung der Atomwaffen als Beginn der nuklearen Abrüstung. Der Trierer Bischoff Stephen Ackermann schreibt, das die bisherige Zustimmung zum Besitz von Atomwaffen ethisch nicht mehr zu rechtfertigen sei. Der Einsatz für eine friedliche Welt verlange viel mehr eine umfassende internationale Ächtung von Atomwaffen und eine gemeinsame Abrüstung.
Ein Verbotsvertrag der UN hat als einer der ersten Mietgliedstaaten der Vatikan unterzeichnet, Deutschland, dass durch die sogenannte nukleare Teilhabe fest in das System der nuklearen Abschreckung der Nato eingebunden ist, dagegen nicht. Im Kriegsfall würde sich die Bundeswehr am Einsatz der auf deutschem Boden stationierten amerikanischen Atomwaffen beteiligen.
Papst Franziskus hat 2018 die Verabschiedung des Verbotsvertrages durch die UN ausdrücklich begrüßt. Atomwaffen seien nicht nur als unmoralisch, sondern auch als illegitimes Mittel der Kriegsführung zu betrachten.
„…suchet was den Frieden schafft. Erbarm dich Herr“ so heißt es in dem Lied, auch oder vielleicht gerade dann, wenn unsere Kraft nur klein erscheint.
Und noch ein Kirchenlied, eines von Kurt Rommel kommt mir in den Sinn: „Lass uns in Deinem Namen, Herr, die nötigen Schritte tun. Gib uns den Mut voll Glauben, Herr, heute und morgen zu handeln.“
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen friedvollen Sonntag.
Gerhard Betz
Leiter der Psychologische Familien- und Lebensberatung der Caritas in Geislingen