Gedanken zu Himmelfahrt

Kennen Sie die Straße zwischen Schlat und Reichenbach? Kurz vor dem Parkplatz unter dem Wasserberg gibt es einen besonderen Moment. Es sieht so aus, als ob die steile Straße plötzlich aufhört und man mit vollem Schwung in den Himmel hineinfliegt. Mit einem Juchzen und einem kribbeligen Gefühl im Bauch landen wir jedes Mal mit unserem Auto nach dem Bruchteil einer Sekunde wieder auf der Straße und rollen, als wäre nichts gewesen, das Tal hinunter. Ich liebe diesen Moment, auch wenn die Lust am Achterbahnfahren bei mir sonst eher abgenommen hat. Einfach losfliegen können, abheben und alles hinter sich lassen. Diese Sehnsucht beflügelt wohl immer noch unseren Traum vom Fliegen.

Ob Jesus sich bei seiner „Himmelfahrt“ auch so schwerelos beschwingt glücklich gefühlt hat? Davon finden wir in der Bibel leider nichts. Nur den Hinweis darauf, dass seine Freundinnen und Freunde noch lange in den Himmel schauten, als Jesus vor ihren Augen verschwand. Nachdem ihm hier auf Erden so übel mitgespielt wurde, kehrte er zurück zu Gott im Himmel. Wo sollte Jesus besser aufgehoben sein als dort?

„Im Himmel? Nicht dein Ernst!“, höre ich meine Schülerin skeptisch fragen. „Naja, nicht so, dass Jesus nun mit Flügeln ausgestattet durch die Wolken surft. Der Himmel hat keine Grenzen und wird überall gesehen. Er ist das Reich der Vögel, die Spielwiese der Mücken an Sommerabenden. Er ist die blaue Seide im Frühling, vor der die Apfelblüten leuchten. Es gibt den Himmel der Wolkentürme an heißen Sommertagen. Und den Nachthimmel, reingewaschen und verschwiegen, an dem der Morgenstern prangt. Was wäre die Erde ohne diesen Himmel über ihr? Für mich ist der Himmel ein wunderbares Bild, um mir Gottes unfassbarer Größe vorzustellen. So wie der Himmel die Erde umarmt und die Luft uns umgibt, die wir zum Atmen brauchen, ist Gott für mich gegenwärtig.“ antworte ich und frage zurück: „Was würdest Du denn sagen, wo du etwas von Gott spüren kannst?“ „Also, ich brauch`s ein bisschen konkreter. Vielleicht, wenn mein kleiner Bruder mir ein Küsschen gibt; wenn ich die Hoffnung nicht aufgebe, dass unsere Demo´s am Freitag etwas verändern und wenn ich mit meinen Freundinnen so richtig viel Spaß habe.“ „Vielleicht am Maientag?“ Augenzwinkernd kann ich mir eine letzte Bemerkung nicht verkneifen: „Dann passt mal auf, wenn Ihr abhebt, ob ihr dort oben vielleicht Gott und Jesus begegnet!“

 

Annett Comtesse, Pfarrerin

Verbundkirchengemeinde Göppingen

Pfarramt Süd – Stadtkirchengemeinde Oberhofen

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