Am Geo-Tag der Artenvielfalt, am 13. Juni 2015, sind wieder alle Naturfreunde in Deutschland und den Nachbarländern aufgerufen, innerhalb eines Tages in einem selbst festgelegten Gebiet – im Garten, im Stadtpark, am Flussufer oder in der Streuobstwiese – möglichst viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten zu entdecken.
Damit soll das Bewusstsein für die Biodiversität vor unserer Haustür geweckt werden.
Das Regierungspräsidium Stuttgart nimmt den Tag der Artenvielfalt zum Anlass, um auf seine zahlreichen Aktionen zum Artenschutz hinzuweisen, wie Regierungspräsident Johannes Schmalzl mitteilt. „Mit dem Aktionsplan ,Biologische Vielfalt des Landes Baden-Württemberg‘ und speziell dem 111-Artenkorb tragen wir die Bedeutung und Gefährdung der Artenvielfalt in die Öffentlichkeit“, so Schmalzl.
111 Pflanzen- und Tierarten, die auf besondere Hilfe angewiesen sind, seien im Artenkorb enthalten und zahlreiche 111-Artenkorb-Projekte mit verschiedenen Partnern entstanden. Das Regierungspräsidium kooperiere beispielsweise mit den Firmen Kärcher in Winnenden (Azubis pflegen Flächen im Naturschutzgebiet Zipfelbachtal, Patenschaft für die Gelbbauchunke), der Weleda AG in Schwäbisch Gmünd (Patenschaft für das Arnika-Vorkommen im Naturschutzgebiet Entlesboden) und der Firma Schuler in Göppingen (Patenschaft für den Kreuzenzian-Ameisen-Bläuling im Naturschutzgebiet Kaltes Feld). Zum 111-Artenkorb arbeite das Regierungspräsidium zudem mit Schulen zusammen, zum Beispiel im Rahmen von Lehrerfortbildungen.
Ein Erfolg versprechendes Beispiel für den 111-Artenkorb ist die Förderung von Wildbienen im zoologisch-botanischen Garten Wilhelma und im Rosensteinpark in Stuttgart. Dort wurden auf ausgewählten Grünflächen heimische Wildkräuter ausgesät, um das Blütenangebot zu verbessern. Vor wenigen Wochen hat nun der Wildbienenexperte Hans R. Schwenninger die Blauschillernde Sandbiene, eine Art aus dem 111-Artenkorb, dort beobachtet. Diese Bienenart ist im Raum Stuttgart nur noch sehr selten anzutreffen und profitiert vom Ackersenf, der mit der Wildkräutermischung in der Wilhelma ausgebracht worden war.
Im Gegensatz zum 111-Artenkorb ist das Artenschutzprogramm Baden-Württemberg, kurz ASP, in der Öffentlichkeit weniger bekannt. Es wurde von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) in enger Zusammenarbeit mit den Regierungspräsidien ins Leben gerufen und hat zum Ziel, hochgradig gefährdete Arten zu erhalten und zu fördern. „Seit 1990 wurden durch das ASP landesweit für rund 1.000 Tier- und Pflanzenarten bessere Überlebensbedingungen geschaffen“, sagt Regierungspräsident Schmalzl. Dabei stünden Arten der Roten Liste mit dem Status 0 (ausgestorben oder verschollen), 1 (vom Aussterben bedroht) und 2 (stark gefährdet) im Vordergrund. Viele dieser Arten kämen in den Naturschutzgebieten des Regierungsbezirks vor und könnten sich dort dank ASP halten. Die Maßnahmen, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhten, würden von Biologen im Auftrag des Regierungspräsidiums betreut.
Als Beispiel einer ASP-Maßnahme nennt Schmalzl die seltene Gabel-Sandbiene (Andrena florivaga), die 2013 im Naturschutzgebiet Weidach- und Zettachwald in Stuttgart-Plieningen entdeckt wurde. Neben der Schaffung von Nistgelegenheiten – beispielsweise wurden am Oberhang des landeseigenen Grundstücks durch Abgraben des Bodens kleine Steilwände geschaffen –, war es wichtig, für diese und andere Bienen das Blütenangebot zu verbessern. Während auf den angrenzenden Streuobstwiesen zur Zeit der Obstbaumblüte reichlich Pollen vorhanden ist, mangelt es den Bienen danach an Nahrung, weil viele Wiesen von Gräsern dominiert und blütenarm sind. Hier setzt die ASP-Maßnahme an: Auf einer ehemaligen Ackerfläche, angrenzend an die Streuobstwiesen, ließ das Regierungspräsidium eine spezielle Wildkräuter-Saatmischung für Wildbienen ausbringen – ein Erfolg in zweifacher Hinsicht. Neben der wichtigen Funktion der Wildbienen als Obstbaumbestäuber haben hier auch seltene Arten wie die Gabel-Sandbiene ein Refugium gefunden, was für den Tag der Artenvielfalt eine besonders gute Nachricht ist.
Hintergrundinformation:
Lebensräume für Wildbienen sichern unsere Obsternte
Über 200 Arten, das sind etwa 40 Prozent des gesamten Wildbienenbestands in Baden-Württemberg, kommen in Streuobstwiesen vor. Sie profitieren vom vielfältigen Nektar- und Pollenangebot der Obstbäume und Wildkräuter und sorgen damit gleichzeitig für die Bestäubung der Obstbäume. Mehr als 60 Bienenarten, vor allem Hummeln, Sand- und Mauerbienen, besuchen die Blüten von Apfel, Birne und Steinobst.
Weitere Informationen zum Thema auch auf
https://rp.baden-wuerttemberg.de/rps/Abt5/Naturschutzgebiete/Seiten/Flyer-Naturschutzgebiete.aspx
sowie www.aktionsplan-biologische-vielfalt.de
PM