Sonntagsgedanken Moment mal – Osterspuren

Es musste schnell gehen, nachdem Jesus laut aufschrie und verschied. Der Feiertag, der Sabbat, nahte, an dem man nicht bestattete. So fackelte Josef von Arimathäa, ein ange­sehener Ratsherr, auch nicht lange, Pilatus um den Leichnam Jesu zu bitten. Dieser überließ ihm den Toten und Josef machte sich auf, kaufte ein Leinentuch und nahm Jesus vom Kreuz, wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das im Besitz seiner Familie war. Es war eine in einen Felsen gehauene Begräbnisstätte und er verschloss sie mit einem Stein. Es war keine Zeit mehr, um den Leichnam noch mit Öl einzubalsamieren; kein Raum, um noch länger Abschied zu nehmen; keine Gelegenheit, weitere Personen herzu zu bitten. Nur noch das Nötigste konnte getan werden, bevor der Sabbat begann.

Wie sie ihn wohl verbracht haben, diesen Tag, an dem alles ruht? In Tränen? In Angst, selbst von den Verhaftungskommandos ergriffen zu werden? Mit Selbstvor­würfen wie „Hätten wir nicht…“ oder „Müssten wir nicht…“? Mit Erinnerungen an den Ver­storbenen? An Sätze, die er gesagt hatte? An Gesten, die einem lieb geworden waren?

Einige der Frauen machten sich sehr früh am Morgen des darauffolgenden Tages auf zum Grab. Sie wollten nachholen, was sie zuvor nicht mehr tun konnten: den Leichnam Jesu zu salben. Dem einen letzten Liebesdienst erweisen, in dessen Taten und Worten so viel Liebe spürbar wur­de.

Doch als sie ankamen war der Stein weg, der Leichnam auch. Nur ein Bote, ein Engel, half ihnen zu verstehen, was geschehen war: „Er ist auferstanden!“ „Ja, wahrlich Christus ist auferstanden“, dämmerte es ihnen. Es war eingetreten, was er gesagt hatte. Auf ihn war Verlass!

So kam mit Ostern der Umschwung. Sie waren nicht mehr entmutigt, hoffnungslos, ihrer Träume beraubt, sondern sie erzählten Erstaunliches: „Der Auferstandene ist uns begegnet. Er hat mit uns geredet. Ja, Jesus ist auferstanden, wie er gesagt hat. Er hat es gesagt und getan. Ihm können wir vertrauen!“

Dieser Umschwung und die Freude darüber veränderte ihr Leben. „Brannte nicht unser Herz, als er das Brot brach?“, fragten die beiden Jünger, als sie von Emmaus zurückkehrten. Ein brennendes Herz? Eine umwälzende Erfahrung, die man nicht mehr missen möchte? Ist das Ostern auch für uns?

Bei einem christlichen Autor lese ich: „Die Kreuzigung und Auferweckung Jesu sind die wichtigsten Ereignisse der Weltgeschichte und die wichtigsten Ereignisse für unser Leben.“ Eine überhebliche Auffassung? Ja, aber ist nicht jede andere Deutung von Ostern harmlos?

Für die Frauen und Männer des Freundeskreises Jesu waren es die wichtigsten Ereignisse, die ihr Leben radikal veränderten. Sie waren dabei, darin verwickelt und verwoben in Geschehnisse, durch die Gott handelte mit dem Ziel, dass sein Sohn die Konsequenzen tragen musste bis zum Letzten, damit sie und wir gerettet wurden.

Für sie, die dabei waren, für uns, die wir heute darin verwickelt sind, hängt seither christ­licher Glaube und christliches Leben eben ganz entscheidend mit dem Ostergeschehen zusammen. Auferstehung ist aber nicht auf dieses Ereignis damals begrenzt. Sie kann auch mitten im Alltag geschehen, kann Leben retten. Osterspuren lassen sich überall finden: z.B. dort, wo einer dem andern neu vertraut, wie es in einem der neueren Osterlieder heißt. Möglichkeiten, auf Spurensuche zu gehen, gibt es viele in den kommenden Tagen z.B. beim Ökumenischen Kreuzweg für Kinder, bei den verschiedenen Ostergottesdiensten oder an Stellen, an denen Sie es gar nicht vermuten. In diesem Sinne: Frohe Ostern!

 

Pfarrerin Kerstin Hackius, Evangelische Lutherkirchengemeinde Eislingen

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