Am 8. März ist Weltfrauentag. Ein guter Anlass für uns, einen Blick auf die Gleichstellung von Mann und Frau zu werfen. Wie steht es um die Gleichberechtigung allgemein und wie beim BUND Baden-Württemberg?
Stuttgart/Ulm. Noch immer liegt der Anteil von Frauen in Führungspositionen weit hinter dem von Männern. Und das obwohl Frauen in Europa heute besser ausgebildet sind. Laut Eurostat hatten 44 Prozent der 30 bis 34-Jährigen Frauen 2016 einen Hochschulabschluss. Bei den Männern waren es 34 Prozent. Trotzdem bekleideten 2017 nur 29 Prozent der Frauen in deutschen Unternehmen eine Führungsposition. Der EU-Durchschnitt lag bei 34 Prozent. Der Gender Gap Report des Weltwirtschaftsforums hat ermittelt, dass Männer und Frauen erst in mehr als 200 Jahren weltweit die gleichen Chancen haben – wenn alles so bleibt wie heute.
Beim BUND Baden-Württemberg stehen dagegen gleich drei Frauen an der Verbandsspitze. Brigitte Dahlbender ist seit fast 22 Jahren Landesvorsitzende. Ursula Zeeb war in den 1990er stellvertretende Vorsitzende und ist heute Schatzmeisterin. Und Sylvia Pilarsky-Grosch, die viele Jahre ehrenamtlich dem Landesvorstand angehörte und seit 2014 Landesgeschäftsführerin ist.
Brigitte Dahlbender und Sylvia Pilarsky-Grosch sprechen im Interview über die Stellung von Frauen:
Frauen sind in Führungspositionen noch immer unterrepräsentiert. Beim BUND Baden-Württemberg stehen dagegen gleich drei Frauen an der Spitze. Ist der BUND in Sachen Gleichstellung schon weiter als andere Organisationen?
Brigitte Dahlbender: Die meisten Natur- und Umweltschutzverbände sind bis heute von Männern geprägt. Der BUND steht mit drei Frauen in den Spitzenpositionen ganz gut da. Wir haben auch mittleren Ebenen viele tatkräftige Frauen, die Leistungsaufgaben wahrnehmen und unsere inhaltliche Arbeit vorantreiben. Trotzdem müssen wir für die Zukunft unbedingt weitere engagierte Frauen und natürlich auch Männer finden.
Sylvia Pilarsky-Grosch: Bei der Gleichstellung sehe leider keinen Vorsprung der Umweltschutzverbände. Bei uns im BUND helfen wir jetzt ein wenig nach. Auf der letzten Bundesdelegiertenversammlung haben wir in der Satzung verankert, dass in den drei Vorstandsämtern des BUND Bundesverbandes mindestens eine Frau vertreten sein muss.
Warum sind Frauen auch in den Verbänden oft unterrepräsentiert?
Sylvia Pilarsky-Grosch: Noch immer werden an Frauen höhere Erwartungen gestellt. Kann die das überhaupt? – Diese Frage steht unausgesprochen im Raum. Zugleich behindern Frauen oft selbst ihre Karriere, weil sie gelernt haben, sich zurückzuhalten. Wenn sie aber für ihre Leistung trommeln, gelten sie schnell als überehrgeizig. Diese Gratwanderung zwischen zu wenig und zu viel Selbstmarketing müssen nur Frauen beherrschen. Männern bleibt sie aufgrund anderer Geschlechtsstereotypen erspart. Es gelten noch immer doppelte Standards.
Brigitte Dahlbender: Wenn ich mit Frauen in den BUND-Ortsverbänden rede, wird deutlich, dass sie leider zu oft ihr Licht unter den Scheffel stellen. Frauen machen eine tolle Arbeit an der Basis, aber den Schritt in die Führungsposition scheuen sie. Manche wollen sich auch die ehrenamtliche Tätigkeit nicht zusätzlich aufbürden, denn berufstätige Frauen leisten im Haushalt und in der Kindererziehung in der Regel auch heute immer noch mehr als Männer. Da bleibt für das ehrenamtliche Engagement nun mal weniger Zeit.
Was müsste denn für wirkliche Gleichstellung getan werden?
Sylvia Pilarsky-Grosch: Da wir auch nach 100 Jahren Frauenwahlrecht in einigen Gebieten noch keinen Durchbruch erreicht haben, glaube ich, dass wir nur durch Quoten weiter kommen. Bei den Grünen mit ihrem Frauenstatut sieht man den Erfolg. Ob im Land- oder im Bundestag, Frauen haben mindestens den gleichen Anteil an Abgeordneten. Das Frauenstatut fordert, dass sich auf alle ungeraden Plätze nur Frauen bewerben dürfen. So wird schon im Ortsverein an ein Klima der Gleichberechtigung geschaffen, weil alle gezwungen sind, für Ämter gute Frauen zu suchen.
Brigitte Dahlbender: Frauenquote finde ich schon gut und richtig. Darüber hinaus müssen wir Frauen aber auch auf andere Weise den Weg in den Verband öffnen. Vor allem Frauen in der Familienhochphase sollten wir Aktivitäten und Themen mit einem direkten Bezug zum Alltag anbieten: zum Beispiel Umweltbildung, Ernährung oder Lebensstile und Nachhaltigkeit. Wenn Sie den Einstieg erst mal gefunden haben, erlebe ich unsere „Führungsfrauen“ dann auch als unglaublich aktiv und erfolgreich. Und zwar in allen Umweltthemen wie auch in der Führung der jeweiligen BUND-Gliederung.
Welchen Tipp würden Sie jungen Frauen geben?
Sylvia Pilarsky-Grosch: Nach meiner Erfahrung brauchen junge Frauen zunächst nicht viele Ratschläge. Sie starten gut ausgebildet und sind zu Beginn ihrer Karriere durchaus gleichberechtigt. Die Falle kommt später, wenn Kinder da sind. Junge Familien sollten also in gute Kinderbetreuung investieren, damit beide Elternteile gute Arbeits- und Freizeitbedingungen haben. Da ist natürlich auch der Arbeitgeber gefordert. Der BUND ist hier mit einer fortschrittlichen Betriebsvereinbarung, mit guten Regelungen zur Arbeitszeitgestaltung, schon recht weit.
Brigitte Dahlbender: Seit über 20 Jahren bin ich auf Podien, Fachtagungen und in Diskussionsrunden oft die einzige Frau. Frauen, habe ich festgestellt, bringen einen anderen Stil ein. Sie sind sehr sachorientiert und präzise, immer nah am Thema und weniger politisch ausschweifend. Wenn es angebracht ist, können sie aber auch mitfühlen und empathisch sein. Früher wurde das in Diskussionen und Vorträgen eher nachteilig bewertet. Das wandelt sich sehr. Ich empfehle deshalb allen Frauen, einfach ihr Ding zu machen. Und je mehr Frauen in Führungspositionen sind, desto einfacher wird es.
PM Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Baden-Württemberg e.V.