Sonntagsgedanken: Ja, lüg ich denn?!

Ich war so froh über den Stau auf der Autobahn. Ich würde zu spät kommen. Das war schon vor dem Stau klar. Aber jetzt würde ich sagen können: „Sorry, dass ich zu spät komme. Es war so ein Stau auf der Autobahn!“ Es wäre nicht mal gelogen (oder doch??) und verständnisvolles Nicken wäre mir garantiert.

Ja, lüg ich denn?!

Vermutlich ja. Zwischen zweimal am Tag und alle fünf Minuten schwankt die wissenschaftlich erforschte Lügenfrequenz.

Wir werden also ganz schön oft belogen und nehmen es selbst mit der Wahrheit auch nicht so genau:

Da gibt es die bewusst eingesetzte Unwahrheit und das Stillschweigen, wenn man einen Schaden angerichtet hat.

Da sind die Betrügereien, die zum Dieselskandal geführt haben und andere alternative Fakten.

Darunter fallen Notlügen, halbwahre Ausreden oder die ungeprüfte Weitergabe von „Hast du schon gehört…?!!“

„Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen“ – unter diesem Motto steht die aktuelle Fastenaktion „7 Wochen Ohne“ der evangelischen Kirche.

Der Eröffnungsgottesdienst wird am kommenden Sonntag um 9:30 im ZDF übertragen. In einigen Kirchengemeinden, wie in Uhingen, gibt es eine Predigtreihe zum Thema „Mal ehrlich!..“.

Am Aschermittwoch hat die Fastenaktion begonnen und geht bis Ostern. Solange dauert die Fastenzeit.

Fastenzeit ist die Zeit des „weniger ist mehr!“

Sieben Wochen Zeit um sich einmal bewusst selbst zu beobachten beim eigenen Umgang mit der Wahrheit.

Sieben Wochen Zeit um zu üben wie das geht:

-Weniger Notlügen – mehr Aufrichtigkeit. Und dabei höflich bleiben. Das ist eine Kunst.

-Weniger falsche Lobhudelei – mehr echtgemeinte Komplimente. Das erfordert Aufmerksamkeit.

-Weniger Gerüchte weiterbreiten – mehr prüfen, was die Wahrheit ist. Das verlangt Nachdenklichkeit.

Mal ehrlich, ich will nicht gern angelogen werden. Aber ich will auch nicht verletzt werden, dadurch, dass mir jeder ungefiltert seine Meinung an den Kopf schmeißt.

Die Wahrheit sagen – dazu gehört Selbstbeherrschung, vorher Nachdenken und Liebe. Eine alte Weisheit sagt es so: „Man sollte die Wahrheit dem anderen nicht wie ein nasses Tuch um den Kopf schlagen, sondern wie einen Mantel hinhalten, dass er hineinschlüpfen kann“.

Also, höflich bleiben. Und trotzdem ehrlich.

Sieben Wochen und mehr.

 

Pfarrerin Martina Rupp,

Evangelische Kirchengemeinde Uhingen

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