Da stehen sie wieder. Schön in Reihe. Oder kreuz und quer. Aber jeden Morgen und jeden Mittag sind sie da: Die Elterntaxis. Der Schulbus hat Verspätung, weil vor lauter Elterntaxis kein Durchkommen ist. Die Elterntaxis fahren, weil man sich auf den Schulbus nicht verlassen kann. Denn der hat ja immer Verspätung.
Und außerdem: Wer möchte schon sein Kind auch nur einen Meter mehr als zwingend nötig allein gehen lassen? Zumal heute? Wo soviel passieren kann? Wo die Welt so gefährlich geworden ist? Wo die Schultaschen so schwer sind? Kein Wunder, dass an manchen Schultüren schon dransteht: Liebe Eltern, ab hier schaffen wir es auch allein. Wir sind ja schließlich groß!
Stimmt: Mit 18 müssen Kinder selbst durchs Leben kommen. Mit 50 möchte ich nicht Mutti anrufen und fragen, welches Hemd ich heute anziehen soll.
Gerade jetzt zum Schulanfang höre ich oft Lieder wie „Ich möcht‘, dass einer mit mir geht“. Und eigentlich möchte ich das auch: Eine Partnerin. Freunde. Kollegen. Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist.
Aber klettende Eltern sind etwas fürchterliches. Spätestens ab der Pubertät. Da wird es einem Jugendlichen schnell zu eng. Da will er sich freischwimmen – während manche Eltern sich sehnsüchtig in die Zeit zurückträumen, wo ihr kaktusartiger Teenie noch ein niedliches Baby war. Und auch wenn es Teil von meinem Beruf ist, Menschen zu begleiten: Mir selbst wird Begleitetwerden schnell zu eng. Mutterseelenallein ist aber auch nichts.
Wie wäre es, wenn es tatsächlich einen Gott gibt, der beides tut: „Ich gehe oder liege, so bist du um mich“ (Psalm 139,3) und „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Psalm 31,9)? Der tatsächlich immer mit mir geht – nur ein Gebet weit entfernt? Und der mir zugleich Freiheiten gibt – soviel Freiheit, dass ich weglaufen könnte – obwohl er mich doch überall wiederfinden würde? Und dann nach Hause lieben?
Diese Mischung aus Fürsorge und Freiheit ist nicht nur ein geniales Erziehungskonzept. Sondern so erlebe ich Gott. Da bin ich gottfroh.
Pressepfarrer Georg Steffens
Göppingen