Zu vielen alten Kirchen und Kapellen führen sie, die Kreuzwege. Sie sind gesäumt von Bildstöcken oder Skulpturen, die den Leidensweg Jesu abbilden. Die dargestellten Szenen reichen von der Verurteilung durch Pilatus bis zum Begräbnis Jesu. Wer einen solchen Kreuzweg bewusst geht, kann den schweren Weg nachvollziehen, den Jesus einst gegangen ist.
In den letzten Jahren ist die Tradition des Kreuzweges neu belebt worden. Zunächst war es der ökumenische Jugendkreuzweg, der inzwischen an vielen Orten stattfindet, auch in Göppingen. ein Weg durch die Stadt führt an verschiedenen Stationen vorbei. An ihnen gibt es einen inhaltlichen Impuls, ein Gebet und ein Lied. Fast 60.000 Jugendliche nehmen jedes Jahr am Jugendkreuzweg teil!
Zum dritten Mal lädt in diesem Jahr die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Göppingen zu einem Ökumenischen Kreuzweg ein. Er beginnt in diesem Jahr am Montag, 26. März um 18 Uhr in der evangelisch-methodistischen Friedenskirche und führt über mehrere Stationen bis in die katholische Kirche St. Maria. Ein großes Holzkreuz wird dabei durch die Stadt getragen. An den Stationen werden Texte gelesen, Lieder gesungen, Gebete gesprochen. Manche Passanten sind irritiert, andere bleiben stehen und hören zu. Der Weg Jesu zum Kreuz, um den es in der Woche vor Ostern, der sogenannten Karwoche, geht, wird dadurch anschaulich.
Aber bei den Kreuzwegen geht es nicht nur um das, was vor 2000 Jahren passiert ist. Die Menschen, die den Kreuzweg mitgehen, haben ebenso wie die, die ihn nebenbei wahrnehmen, ihre eigenen Kreuzwege erfahren. Manche haben einen Menschen verloren, der ihnen nahestand. Andere sind durch eine schwere Krankheit belastet. Wieder andere haben schwere Sorgen um ihre Zukunft oder um Menschen aus ihrem Familien- oder Freundeskreis.
Die Erinnerung an das Leiden Jesu verbindet sich auf dem Kreuzweg mit den eigenen Erfahrungen von Leid und Not. Man hört von den Schmerzen und Leiden Jesu und denkt dabei an eigene Leiderfahrungen. Das gemeinsame Gehen des Weges tut dabei gut. Denn es wird erlebbar, dass wir nicht allein sind mit dem, was uns belastet. Dass es andere gibt, die mit uns gehen.
Und mehr noch: dass es einen gibt, der den Kreuzweg vor uns gegangen ist. Der Leidensweg Jesu kann zeigen, dass Gott unserem menschlichen Leid nahe ist. Dass er in Jesu Leidensweg selbst erlebt und erlitten hat, was Menschen heute beschweren und bedrücken kann. Im gemeinsamen Gehen des Kreuzweges, im Singen und Beten wird die Nähe Gottes spürbar und erfahrbar. Wollen Sie nicht auch mitgehen?
Dekan Rolf Ulmer, Göppingen