Sonntagsgedanken: Frieden schaffen

„Stell dir vor, dass alle Menschen ihr Leben in Frieden leben. Du wirst sagen, ich bin ein Träumer…“  Diese Zeilen von John Lennon aus seinem Welthit Imagine haben mindestens eine ganze Generation begleitet auf ihrer Suche nach und in ihrem Kampf für mehr Frieden auf der Welt. Ist ein solcher Frieden nicht wirklich ein Traum geblieben?

Der morgige Sonntag stellt Jahr für Jahr dieses Thema in den Mittelpunkt. 2016 gab es weltweit 226 gewaltsam ausgetragene Konflikte und manche Auswirkungen sind bis zu uns zu spüren z.B. durch die große Zahl der Menschen, die bei uns Schutz suchen. Und obwohl wir in unserem Alltag nicht bedroht sind von Waffen oder Bombenhagel, steigen auch unter uns Angst und Verunsicherung. Gibt es einen Weg zum Frieden? Warum ein Streit in Familien, unter Kollegen, Nachbarn oder zwischen Völkern eskaliert, ist inzwischen gut erforscht. Ein wesentlicher Punkt im Konflikt ist der, an dem das Einfühlen und das Mitgefühl für den Anderen verloren gehen  und man nur noch die eigene Perspektive sehen kann. Dann steht plötzlich vor allem das Gewinnen und Rechthaben im Mittelpunkt und die Sache an sich, die zwischen uns stand, rückt in den Hintergrund. Ganz schlimm wird es, wenn dabei Werte oder die eigene, auch religiöse, Identität bedroht sind. Umso wichtiger ist es also, schon ganz zu Beginn eines Konflikts den anderen anzusehen und wahrzunehmen, was ihm wichtig ist. Sich über Gefühle und Bedürfnisse auszutauschen, genau hinzuhören. In der gewaltfreien Kommunikation nennt man das die Giraffensprache, weil die Giraffe ein Tier mit einem besonders großen Herz ist. Vielleicht meint Jesus ja genau dies, wenn er uns auffordert, unsere Feinde zu lieben.

Und ich glaube, wir alle brauchen es, dass uns einer ansieht mit einem großen Herzen. Der nicht erst einmal unsere Fehler aufzählt, sondern durch sie hindurch unsere Sehnsucht wahrnimmt nach Frieden und Geborgenheit. Und damit ist durchaus auch der innere Frieden gemeint, der sich einstellt, wenn wir uns auf diese Weise angenommen fühlen. Im Gottesdienst können wir jeden Sonntag genau diese Erfahrung machen, wenn uns im aaronitischen Segen zugesprochen wird:
„Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“

Und im Bewusstsein unserer eigenen Unzulänglichkeit, die bei Gott gut aufgehoben ist, können wir uns dann auf den Weg machen, den anderen anzusehen. Mit einem großen Herzen. Und Frieden schaffen.

 

Sabine Stövhase
Caritas-Zentrum Göppingen

 

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