Sonntagsgedanken: Ein Satz heiße Ohren an Pfingsten

Übersetzungsprobleme haben wir heute wenige. Am europäischen Gerichtshof zum Beispiel arbeiten 1.500 Übersetzer, die Gesetze in alle nötigen Sprachen übersetzen. Diese werden innerhalb weniger Stunden angefertigt, gegengelesen und weitergeleitet. Auch im Alltag haben wir in unserer multikulturellen Gesellschaft die Möglichkeit mit vielen Menschen sprechen zu können.

An Pfingsten feiern wir, dass der Heilige Geist in die Jüngerinnen und Jünger gefahren ist – mit flammenden Zungen -, damit sie in allen Sprachen, allen Menschen von Jesus erzählen können. Pfingsten ein Multi-Kulti Fest der Übersetzer. Ist das heute überhaupt noch nötig, wenn wir prinzipiell die Möglichkeit haben unser Gesagtes zu übersetzen? Wenn jemand eine wichtige Botschaft hat, dann könnte er sie unter die Leute bringen! Wir, in unserer Gesellschaft, müssten uns also verstehen, tun es aber oft nicht.

Bei der Pfingstgeschichte, da ging es natürlich nicht um irgendeine Botschaft, sondern um die Botschaft Jesu. Scheinbarhaben alle die Jüngerinnen und Jünger verstanden. Aber wurden alle erreicht? Nein.

Auch damals muss es demnach das Problem des Nicht-Verstehens gegeben haben. Ein Aspekt wird jedoch bei Übersetzungen und auch bei der Pfingstgeschichte in meinen Augen nicht bedacht: Was passiert, wenn eine gute Botschaft auf taube Ohren trifft? Die Botschaft wird natürlich nicht gehört und der Sprechende wird nicht wahrgenommen. Mir scheint das Nicht-hören und dadurch auch das Nicht-wahrnehmen heute ein viel größeres Problem zu sein. Viel wird gesagt, wenig wird gehört, oft wird gar nicht hingehört. Bei Jesus war das in meinen Augen genau anders herum: Er hat viel gehört, wenig gesagt. Vielleicht war das sein größtes Wunder. Was würde wohl mit uns passieren, wenn wir mehr zuhören, genau hinhören?

Wenn ich mir an Pfingsten etwas für unsere Gesellschaft wünschen könnte – nur dieses Jahr – dann wären das keine flammenden Zungen, sondern eher feurige Ohren, die anderen Menschen wirklich zu hören können.

 

Pfarrer Frederik Guillet

Evangelische Kirchengemeinde Eislingen-Ottenbach

Pfarramt II

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