Sonntagsgedanken: Ich sehe was, …

Adam und Eva im Paradies. Sie sehen die Früchte der Bäume und Pflanzen. Sie sehen auf das, was Gott ihnen erlaubt hat. Sie beachten zunächst das Verbot, essen dann aber doch von der Frucht und entdecken, dass sie nackt sind. Die beiden bekommen Besuch von Gott, verstecken sich und haben ein schlechtes Gewissen. Doch Gott sucht sie, schaut sie an und findet mit ihnen eine Lösung. Das Leben kann weitergehen.

Hagar unter einem Strauch in der Wüste. Die Frau sieht keinen Ausweg. Sie ist schwanger und wurde gemobbt, ist geflohen und verzweifelt. Da kommt ein Engel, ein Bote Gottes, der sie in ihrer Situation ansieht. Sie bekommt durch die Begegnung Mut und neue Hoffnung. Am Ende kann Hagar sagen: Du bist ein Gott, der mich sieht.

Samuel bei der Königswahl. Nach und nach stellen sich ihm die Kandidaten vor. Er sieht die Vorzüge der stattlichen Männer, die Krieger und Herrscher sein könnten. Doch er bekommt keinen inneren Frieden. Im Dialog mit Gott wird ihm klar: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an.

Ich sehe was, …

Kinder entdecken unbefangen die Welt. Sie ist für sie voller Geheimnisse und Wunder. Wenn sie etwas gesehen haben, dann laufen sie darauf zu und sehen genau hin. Oft wird mit den Händen geschaut, betastet, benutzt, gespielt. Manches, was sie in Augenschein nehmen, können sie noch nicht deuten und erklären, später schon. Anderes bleibt ein Leben lang ein Rätsel.

‚Ich sehe was, was du nicht siehts, und das ist …‘ ein uraltes Kinderspiel, das gespielt wird, wenn Zeit überbrückt werden muss und das Warten lang wird. Farben, Formen, Geschehnisse werden fokussiert und die Mitspielerinnen und Mitspieler brauchen mitunter lang, bis sie die gleiche Beobachtung entdecken. Erstaunlich, was Kinderaugen sehen. Oft sind es Kleinigkeiten, die durch das Anschauen „groß“ werden.

Ich sehe was, …

Wir Menschen sehen und werden gesehen. Wir sehen mit den Augen, dem Verstand, den Gefühlen und der Intuition. Wir reden vom „Sehen“ und deuten das Wort in vielerlei Richtungen. Wir bilden uns ein Urteil über das, was wir mit den Augen wahrnehmen und reagieren, wenn es sein muss, blitzschnell. Wir meinen mit ‚sehen‘ eine Tätigkeit der Augen und die Umsetzung, die daraus folgt. Jemanden ansehen bedeutet Ankerkennen und Wertschätzen, weg sehen dagegen Missachtung und Ignoranz.

Ich sehe was, …

Gott sieht und fördert das Sehen. Mit Gottes Ansehen ist die Aufforderung verbunden, im Umgang mit Anderen genau hinzusehen. Durch sein Ansehen, unabhängig von Stand oder Religion, werden wir zu angesehenen Menschen und können leben.

 

Diakon Christoph Alber,

Evangelische Kirche, Göppingen

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