Fasching ist vorbei – vor uns liegt die Zeit bis Ostern: Fastenzeit sagt man in der katholischen Kirche, Passionszeit in der evangelischen. Am Aschermittwoch hat sie begonnen, diese Zeit, in der viele Menschen eingefahrene Gewohnheiten in den Blick nehmen und hinterfragen. Eine Zeit des Verzichts – sagen die einen. Zeit für eine neue Sicht – sagen andere.
Eine solche neue Sicht begegnet mir jedes Jahr im Motto der Fastenaktion der Evangelischen Kirche in Deutschland: „7 Wochen ohne…“. In diesem Jahr heißt es: „Augenblick mal – 7 Wochen ohne Sofort“.
„Wie schön!“ – kommt mir spontan in den Sinn: Einfach mal langsam tun, anhalten vielleicht sogar. Hinschauen. Muße haben. Nicht immer nur reagieren, sondern auch mal überlegen, was dran ist und was nicht… Nicht alles umgehend schon erledigt haben müssen.
Doch halt: Ist das überhaupt Fasten? Das ist doch gar kein „richtiger“ Verzicht, oder…? Das fühlt sich eher richtig gut an! Da tun sich ganz neue Lebensmöglichkeiten auf: Diese sieben Wochen bis Ostern könnten mir die Gelegenheit geben, zu hinterfragen, ob in meinem Alltag wirklich alles immer ganz rasch gehen muss? Ob ich jede Mail umgehend beantworten muss. Ob ich jede Erwartung schnellstmöglich erfüllen will. Ob jeder Termin ganz schnell vereinbart werden muss ist oder ob auch mancher später stattfinden kann (oder gar nicht…)?
Luftig wird es um mich herum, wenn ich solchen Gedanken Raum gebe. Allerdings: Wenn diese Wochen wirklich eine neue Sicht ermöglichen sollen, dann ist es mit Nachdenken allein nicht getan. Dann gilt es auch zu überlegen, wie diese neue Sicht konkret und spürbar wird im Alltag, was es an neuen Regelungen und Abmachungen braucht, damit sich etwas ändern, im guten Fall etwas Neues einschleifen kann.
„Alles hat seine Zeit“ – lese ich im Buch Kohelet im Alten Testament. Das bedeutet: Es darf dauern, was da stattfindet, es darf Zeit brauchen, was ich erlebe und tue. Sogar das Hinschauen und Hinterfragen meines gewohnten Alltags und die Neuausrichtung müssen nicht über Nacht geschehen – auch das darf dauern und sich in Ruhe neue einspuren. Sieben Wochen Zeit dafür habe ich auf jeden Fall schon mal bis Ostern.
„7 Wochen ohne Sofort“ – damit nicht alles einfach so fort geht, sondern eine heilsame Unterbrechung stattfinden kann. Eine neue Sicht – bis Ostern und hoffentlich auch darüber hinaus.
Pfarrerin Katharina Rilling, Faurndau