Folgenden Text ist in einem Buch mit Kurzgeschichten zur Ferienzeit zu finden.
Ich denke mir, wir alle sollten diese Geschichte bedenken.
„Für uns ist es selbstverständlich, dass wir Urlaub haben. In den Ferien sei es erlaubt zu überlegen, was passieren würde, wenn Gott für sich Urlaub beansprucht! Wenn Gott sich und uns einen 7. Tag, also den Sonntag, schenkt, um auszuruhen, um auf andere Gedanken zu kommen, was wäre dann, wenn Gott von uns Urlaub machte? Irgendwann war es soweit: Gott hatte es satt! Genau genommen: er hatte seine Arbeit satt – noch genauer: die Arbeit, die er mit dem Werk seiner Hände namens Mensch hatte! Gott war schon einiges gewohnt. War es doch bekanntlich seit der Erschaffung des Menschen mit der paradiesischen Ruhe und dem himmlischen Frieden aus und vorbei. Seitdem nichts als Sorgen und Unruhen. Der Unfriede unter den Menschen war immer größer geworden. Auch der Mutwille, den sie mit seiner Schöpfung trieben, schien gar kein Ende mehr zu nehmen! Schon lange gönnte sich Gott keine Ruhe mehr, nicht einmal am 7. Tag! Und während drunten auf der Erde kaum einer mehr an jenem „arbeitsfreien Tag” an Gott dachte, eilte Gott von einem Ort zum anderen, war Tag und Nacht unterwegs: um aufzurichten, wieder herzustellen. um zu heilen, zu trösten. den schlimmsten Schaden zu vermeiden oder wieder gutzumachen, was sein liebstes Geschöpf den lieben langen Tag anstellte. An jenem Morgen war es dann soweit: Gott blickte auf das eine Ende der Erde und sah, wie sich seine Menschen immer noch – oder schon wieder – die Köpfe einschlugen. Dann blickte er auf das andere Ende der Erde und sah, wie seine Kinder immer noch – oder schon wieder – Müll und Gift in die Flüsse und Meere kippten und behaupteten, für Menschen und Robben bestünde keine Gefahr. Das Maß ist voll, sagte Gott, nahm einen Urlaubsbogen, füllte ihn aus und reichte ihn bei zuständiger Stelle ein. Und die war er natürlich selbst. Gott prüfte den Bogen, überlegte kurz und genehmigte sich selbst die beantragten Wochen. Daraufhin packte Gott seine sieben Sachen, schaltete den Anrufbeantworter ein und ließ darauf folgende Mitteilung zurück: „Die Zentrale ist zurzeit nicht besetzt. Gott ist in der Zeit vom 31. Juli bis 13. September leider nicht zu erreichen und verreist. Wenn Sie eine wichtige Nachricht hinterlassen wollen, dann sprechen Sie bitte jetzt: „piep“ Dann dachte Gott an seine Menschen, die er nun im Chaos zurückließ. Und während er an jene dachte, die seinen guten fruchtbaren Boden verseuchten, statt Nahrung für alle anzubauen, schloss er entschieden den Koffer. Dann dachte er an jene, die an diesem Chaos litten, da überlegte er: „Kein Ohr wird da sein, sie zu hören; keine Hand, die ihre Tränen trocknet und niemand, der ihnen Menschen schickt zum trösten.” Da setzte er seine Koffer ab, griff in seine rechte Jackentasche, holte seinen Urlaubsbogen heraus und schrieb: „gestrichen” darauf. Er packte seine sieben Sachen wieder aus, schaltete den Anrufbeantworter aus und sagte zu sich selbst: „Ich hätte sowieso nicht gewusst, wohin! Ich will weiter für die Menschen da sein und bei ihnen wohnen. Ich bleibe für sie jederzeit zu sprechen!“
Dekanatsreferent i.R. Felix Müller