Nicht nur als ehemaliger Kinder- und Jugendwerks-Pastor finde ich Jugendliche klasse. Sie ticken meist deutlich anders als Erwachsene. Bevor ich eigene Kinder hatte, fand ich das motivierend und herausfordernd – mit meinen eigenen beiden Söhnen hat der herausfordernde Anteil deutlich zugenommen.
Trotzdem, es fasziniert mich noch heute, wie junge Menschen sich entwickeln. Wie sie denkerische Veränderungsprozesse durchmachen und ihre Positionen finden. Lange Jahre war das Stichwort „Abgrenzung zu den Erwachsenen“ das Programm der Jugend. Schrille Alternativen, Anders-Sein, sogar extreme „Schräglagen“ waren angesagt. Die neuste SINUS-Jugendstudie, eine Studie über das Lebensgefühl und die Einstellungen der Jugend in der Bundesrepublik Deutschland, konstatiert eine sich bahnbrechende Neuorientierung der Jugendlichen an elterlichen Wertevorstellungen. Wo Eltern vor 30 Jahren noch bedauert haben, dass es kaum mehr möglich sei, Wertesysteme in der Erziehung nachhaltig zu vermitteln, hat sich wohl jetzt eine Trendwende vollzogen: Eltern werden wieder ganz neu gehört und um ehrlichen Rat gefragt. Jugendliche diskutieren verstärkt mit den Eltern und integrieren sie selbstverständlich in den Kreis der eng Vertrauten.
Für viele kann das eine neue Chance sein, echt und ungeschminkt mit ihrem Leben davon zu „erzählen“, was ihnen Ziel und Hoffnung ist. Diese Wertevermittlung ist ganz neu gefragt und findet Einzug in die Entwicklung des Wertesystems der Jugendlichen. Welch Nähe und Vertrauen dabei erlebbar sein werden, ist tatsächlich mit den hoffnungsvollsten Farben auszumalen.
Ich möchte alle Jugendlichen ermutigen, nach den Erfahrungen und Wertesystemen der „Älteren“ zu fragen. Und ich wünsche allen Gefragten, dass sie diesen „Kairos“ erkennen und ehrliche Gesprächspartnerinnen und –partner sein können.
Letztlich sind auch die Fragen nach Toleranz, Mitmenschlichkeit und nicht zuletzt die Frage nach den Glaubenswerten, die sich bewährt haben, für Jugendliche eine gute Gelegenheit, sich „Gutes Baumaterial“ für die eigene Zukunft zu sammeln. „Wenn der HERR nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen.“ Psalm 127. Ok, das klingt sehr provokant – aber genau darüber lohnt es sich, im Bezug auf das eigene „Lebensgebäude“ ins Gespräch zu kommen. Viel Gelingen wünsche ich dabei und einen wertvollen Austausch!
Hans Martin Hoyer