Ich esse gerne Schokolade. Wie sie sich ganz langsam im Mund auflöst, immer intensiver die Geschmacksknospen streichelt und ihre Süße alles andere überlagert – das hat schon etwas. Leider ist sie ja nur in Maßen zu genießen. Manchmal denke ich, dass sie vielleicht gerade deshalb auch so köstlich ist. Ganz auf sie zu verzichten, würde mir schwerfallen, aber einmal im Jahr versuche ich es trotzdem.
Nächste Woche beginnt in den beiden großen Kirchen wieder eine besondere Zeit. Zwischen Aschermittwoch und Ostern werden Christen daran erinnert, dass nichts im Leben selbstverständlich ist. Durch den Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel oder Gewohnheiten soll eine Unterbrechung spürbar werden, die uns helfen kann, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Für viele ist dies eine wohltuende Erfahrung und auch ich bin jedes Mal von neuem darüber erstaunt, wie gut es tut, Gewohnheiten zeitweise einmal abzulegen. Das macht um einiges freier. Die Aktion 7 Wochen ohne als Begleiter in solchen Erfahrungen steht in diesem Jahr unter dem Motto: „Großes Herz! 7 Wochen ohne Enge“. Dinge weniger eng sehen, das Herz weit machen, jemanden ins Herz schließen oder mit dem Herzen sehen, wie es uns schon der kleine Prinz von Antoine de Saint Exupéry nahelegt, darum geht es besonders in dieser Zeit.
Im Moment öffnen unzählige Menschen ihr Herz für Flüchtlinge, teilen mit ihnen Zeit und Emotionen, leihen ihr Ohr und kurbeln Hilfsaktionen an. Sie halten aus, dass ihnen manchmal auch etwas sehr zu Herzen geht. Vielleicht hilft einigen dabei die Vorstellung, dass unser weites Herz in Gott gehalten ist und damit alle Sorgen, Ängste und ungelöste Fragen einen Raum finden. Wie ein Stein auf dem Herzen kann aber auch angesichts der weltweiten Entwicklungen die Ungewissheit auf uns lasten, was die Zukunft bringen wird. Das kann unser Herz eng machen und schwer. Auch das ist verständlich, denn es gibt für die Herausforderungen, vor denen wir im Moment stehen, sicher keine einfachen Antworten. Wir brauchen neben unserem Herzen ganz bestimmt auch kluge Fragen und einen klaren Blick.
Das Herz gibt übrigens auch der Barmherzigkeit ihren Namen, hier wird es sogar noch mit dem „Arm“ in Verbindung gebracht. Die katholische Kirche begeht gerade das Jahr der Barmherzigkeit und will uns dafür aufschließen, im Sinne Jesu für unsere Mitmenschen aktiv tätig zu werden, weil dies unserem tiefsten Menschsein entspricht.
Schließlich lässt das Herz auch unsere Lebenskraft pulsieren, ganz ohne unser Zutun versorgt es uns in jedem Augenblick. Ich möchte meines gerne in die Hand nehmen und zuversichtlich nach vorne schauen. „Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen“ heißt es dazu in der Bibel.
Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen eine erfüllte Fastenzeit! Und freuen Sie sich darauf: Das erste Stück Schokolade danach schmeckt unvergleichlich gut….
Sabine Stövhase
Caritas-Zentrum Göppingen