Minister Hermann: Feinstaub-Alarm wird noch nicht ernst genug genommen Pendler sollten noch viel stärker auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umsteigen – Gesundheitsschutz muss Vorrang haben – leichter Zuwachs beim ÖPNV-Ticketverkauf
Die Belastung der Luft mit Feinstaub ist in Stuttgart weiter stark angestiegen. Am zweiten Tag des Feinstaub-Alarms wurde an der Messstation Stuttgart Neckartor von der Landesanstalt für Umwelt und Messungen (LUBW) ein vorläufiger Tagesmittelwert von rund 140 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen. Damit war die Feinstaubkonzentration fast dreimal so hoch wie der EU-Grenzwert von 50 Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Zugleich wurde damit der Grenzwert bereits zum dritten Mal in diesem Jahr nicht eingehalten. Die Europäische Kommission schreibt aus Gründen des Gesundheitsschutzes vor, dass der Grenzwert nicht öfter als an 35 Tagen pro Jahr überschritten werden darf.
Verkehrsminister Winfried Hermann mahnte am Mittwoch: „Ich danke allen Bürgerinnen und Bürgern, die ihr Mobilitätsverhalten geändert haben. Der Feinstaub-Alarm wird aber leider noch nicht ernst genug genommen. Angesichts der anhaltend hohen Belastung mit Schadstoffen, zu denen neben Feinstaub auch die gesundheitsschädlichen Stickoxide zählen, fahren noch immer viel zu viele Autos in der Umweltzone. Wer unbedingt mit dem Auto unterwegs sein muss, sollte Fahrgemeinschaften mit anderen Menschen bilden. Wichtig wäre, dass erheblich mehr Menschen auf umweltfreundliche und öffentliche Verkehrsmittel umsteigen oder Fahrten vermeiden.“
Die Auswertung des Erfolgs des Feinstaubalarms anhand von Verkehrsdaten erweist sich erwartungsgemäß als komplex. Erste Daten anhand von Verkehrszählungen der Integrierten Verkehrsleitzentrale der Stadt Stuttgart an ausgewählten Zählstellen deuten auf einen geringen Rückgang des Autoverkehrs von etwa 3 Prozent in der Landeshauptstadt hin. Dabei wurde der ein- und ausfahrende Autoverkehr mit einem Vergleichszeitraum im Vorjahr verglichen.
Erfreulich sei, dass beim Online-Ticketverkauf im ÖPNV eine spürbare Steigerung beobachtet wurde. Bei der SSB (Stuttgarter Straßenbahnen) stieg der Verkauf am Montag um 1500 Fahrkarten und damit um mehr als 15 Prozent. Der Anbieter moovel registrierte einen Anstieg um 1500 Tickets pro Tag. Die Daimler-Tochter moovel bietet an Tagen mit Feinstaub-Alarm Einzeltickets für den Verkehrsverbund Stuttgart zum halben Preis an. Auch bei der Elektromobilität verzeichnet der Anbieter Car2Go eine deutliche Zunahme der Nachfrage.
An der Stuttgarter Messstation Neckartor wurde der EU-Feinstaub-Wert im vergangenen Jahr 2015 an insgesamt 72 Tagen überschritten. Auch in den Jahren davor lag die Zahl der Überschreitungstage jeweils deutlich über 35. Deshalb hat die Europäische Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, in dessen Folge dem Land unter Umständen Strafzahlungen in sechsstelliger Höhe je Überschreitungstag drohen.
Ergänzende Information:
Am vergangenen Wochenende wurde für Stuttgart der Feinstaub-Alarm ausgelöst, weil der Deutsche Wetterdienst (DWD) für die kommenden Tage besonders schadstoffträchtige Wetterlagen vorhersagte. Die Behörden haben deshalb die Bevölkerung in Stuttgart und in der Metropolregion aufgerufen, das Auto in der Umweltzone Stuttgart möglichst nicht zu nutzen und auf den Betrieb von Komfort-Kaminen zu verzichten. Der Alarm wird solange aufrechterhalten, wie die Inversionswetterlage – eine Wetterlage mit nur wenig Luftaustausch – über Stuttgart anhält. Am Montag hatte der Tagesmittelwert für Feinstaub PM-10 am Stuttgarter Neckartor mit 89 Mikrogramm je Kubikmeter Luft bereits deutlich über dem EU-Grenzwert gelegen. Es handelt sich dabei um vorläufige Ergebnisse, die sich nach Auswertung durch das europäische Referenzmessverfahren noch verändern können.
Der vorläufige Tagesmittelwert für Feinstaub PM-10 am Stuttgarter Neckartor kann abgerufen werden unter:
http://mnz.lubw.baden-wuerttemberg.de/messwerte/aktuell/spotverlDEBW118PM10DAVGT8.htm
PM