Als Schwäbisch Gmünder Rettungsfachkraft halte ich fest: Der Streit um die Finanzierung und Organisation des Rettungsdienstes zeigt ein strukturelles Problem, das seit Jahren ungelöst bleibt – und nun immer deutlicher zu Tage tritt. Während Patientinnen und Patienten in akuten Notlagen auf schnelle, verlässliche Hilfe angewiesen sind, verlieren sich Bund, Länder und Leistungserbringer in Zuständigkeitsfragen, Sonderwegen und kleinteiligen Verhandlungen. Dieses fortwährende „Gemauschel“ muss ein Ende haben.
Der Rettungsdienst ist keine optionale Serviceleistung, sondern eine staatliche Kernaufgabe der Daseinsvorsorge. Er entscheidet im Zweifel über Leben und Tod. Dennoch kocht jedes Bundesland sein eigenes Süppchen, und selbst innerhalb der Länder verfolgen Leistungserbringer unterschiedliche Standards, Abrechnungsmodelle und organisatorische Strukturen. Das Ergebnis ist ein Flickenteppich, der weder den Einsatzkräften noch den Bürgerinnen und Bürgern gerecht wird.
Wenn nun – wie aktuell in Essen – darüber diskutiert wird, Patientinnen und Patienten an den Kosten eines Rettungstransports zu beteiligen, dann ist das ein Symptom für ein viel tiefer liegendes Problem: Die Finanzierung des Rettungsdienstes ist nicht nachhaltig, nicht einheitlich und nicht zukunftsfest geregelt. Kommunen geraten unter Druck, Krankenkassen verweisen auf Budgets, und am Ende bleibt die Frage offen, wer die Verantwortung trägt. Die Leidtragenden sind die Menschen, die im Notfall auf Hilfe angewiesen sind – und die Einsatzkräfte, die täglich an der Belastungsgrenze arbeiten.
Es braucht endlich eine bundesweit einheitliche, transparente und verlässliche Regelung. Der Rettungsdienst gehört in eine klare staatliche Verantwortung, mit einheitlichen Standards, nachvollziehbaren Finanzierungsstrukturen und einer politischen Prioritätensetzung, die dem tatsächlichen Stellenwert dieser Aufgabe gerecht wird. Deutschland leistet sich in vielen Bereichen föderale Vielfalt – aber im Rettungsdienst führt sie zu Ungleichheit, Unsicherheit und vermeidbaren Konflikten.
Wer den Rettungsdienst ernst nimmt, muss ihn auch ernsthaft organisieren. Das bedeutet: Schluss mit Insellösungen, Schluss mit Zuständigkeitswirrwarr, Schluss mit Verschiebebahnhöfen. Stattdessen braucht es eine bundesweite Leitlinie, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt – und die Einsatzkräfte, die jeden Tag dafür sorgen, dass Hilfe rechtzeitig ankommt.
Alfred Brandner