Notfallsanitätergesetz

Das Gesetz über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters war in greifbarer Nähe: Lebensretter unter Hochspannung – Ein spannender Einblick in den Rettungsdienst.

Es waren   Jahre des Wandels, der Unruhe – und der Hoffnung. 2014 stand das neue Notfallsanitätergesetz kurz vor der Verabschiedung, und hinter den Kulissen des Rettungsdienstes brodelte es gewaltig. Einsatzkräfte, Ausbilder und Organisationen spürten die Spannung: Was würde sich ändern? Würde die neue Gesetzgebung den Alltag der Lebensretter erleichtern – oder erschweren? Zwischen Funkmeldern, Blaulicht und der ständigen Bereitschaft zu helfen, herrschte eine Atmosphäre wie vor dem Sturm. Wer damals Teil dieser Welt war, weiß: Es ging um mehr als Paragraphen. Es ging um Anerkennung, Verantwortung – und um die Zukunft eines Berufs, der Leben rettet.

Ein Einsatztag und ein ganz gewöhnlicher Morgen in dieser Zeit, in einer ganz gewöhnlichen Stadt 6:55 Uhr – der Dienst beginnt. Die Übergabe zwischen Nacht- und Tagdienst ist abgeschlossen, der Rettungswagen wird geprüft, medizinisches Equipment gecheckt, Einsatzfähigkeit hergestellt. Ein routinierter Ablauf, begleitet von kleinen Neckereien und ironischen Kommentaren, die selbst den müdesten Kollegen zum Schmunzeln bringen. Doch die Ruhe ist trügerisch – sie dauert selten lange.

Erster Alarm. Ein Krampfanfall in einem Reinigungsbetrieb. Sonderrechte, dichter Verkehr, Anspannung. Vor Ort: ein Patient mit bekanntem Leiden, stabil, aber ärztlich abklärungsbedürftig. Versorgung, Transport, Übergabe, Dokumentation – alles mit Präzision und Verantwortung. Der RTW wird gereinigt, aufgerüstet, einsatzklar gemacht. Und kaum tropft der erste Kaffee, folgt der nächste Alarm.

Zweiter Einsatz. Ein landwirtschaftliches Fahrzeug hat sich überschlagen. Der Fahrer – überrollt, schwer verletzt, unter Schock. Kein Notarzt vor Ort. Die Entscheidung fällt: eigenverantwortliche Versorgung durch das Rettungsteam. Venenzugänge, Analgosedierung, lückenlose Überwachung. Keiner  hätte jemals Schmerzen erleiden müssen! Die Spannung ist greifbar. Der Patient wird stabilisiert, der Transport beginnt – unter schwierigsten Bedingungen. Zwei Stunden später ist der RTW wieder einsatzbereit. Und die Schicht ist noch lange nicht vorbei.

Was folgt, sprengt den Rahmen: Notgeburten, Schlaganfälle, Herzinfarkte, Unfälle, Gewalt. Jeder Einsatz ein neues Szenario. Jeder Moment zählt. Jeder Fehler kann tödlich sein.

Doch was kaum jemand sieht: Die Retter zahlen einen Preis.

Überlange Schichten, oft nicht voll vergütet. Schlafmangel, Stress, körperliche und seelische Belastung. Studien zeigen: In der zwölften Arbeitsstunde verdoppelt sich das Unfallrisiko. Das Herzinfarktrisiko steigt um das Siebenfache. Und trotzdem wird diskutiert, ob Rettungsfachpersonal mehr Verantwortung übernehmen soll – bei gleichbleibender, oft prekärer Bezahlung.

Regelkompetenz klingt nach Fortschritt, bedeutet aber: mehr Verantwortung, mehr Risiko – ohne angemessene Anerkennung. Viele Kolleginnen und Kollegen stehen finanziell am Rand der Belastbarkeit. Und dennoch leisten sie Tag für Tag Außergewöhnliches.

Ich behaupte: Notfallpatienten erhalten von Rettungsfachkräften die bestmögliche Versorgung – trotz aller Widrigkeiten.

Was diese Berufsgruppe leistet, ist nicht nur medizinisch relevant – es ist menschlich, mutig und oft lebensrettend. Es ist höchste Zeit, dass wir hinschauen. Und handeln.

Alfred Brandner

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