Das politische Wort zum Sonntag: über 75 Jahre Zentralrat der Juden, 50 Jahre Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und einen Vorfall im Landtag von Baden-Württemberg

Am 19. Juli 1950 wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. 5 Jahre nach dem Holocoust ein historischer Akt. Juden wollen wieder in Deutschland leben und zumindest offiziell wurde es auch wieder erwünscht – dass es wie auch in anderen europäischen Ländern Antisemitismus gab, liegt leider auf der Hand. Aber nach und nach sollte sich das Verhältnis zumindest weitestgehend normalisieren, was mehr als bemerkenswert ist.
Heutzutage ist der Zentralrat ein wichtiger gesellschaftlicher Akteur, der weitestgehend akzeptiert ist und seinen Teil zum Zusammenleben der Menschen und Religionen beiträgt. Wie in allen Religionen gibt es natürlich auch im Judentum Gruppen, denen man kritisch gegenüberstehen muss – so lehne ich z. B. das ultraorthodoxe Judentum entschieden ab – aber dies sind zum Glück nur kleine Teile der gesamten Gemeinschaft. 2009 verstarb ein Antisemit in meinem Umfeld im hohen Alter und ich habe gehofft, dass der Antisemitismus damit auch langsam aussterben wird – doch damit lag ich leider falsch. Der Antisemitismus wird – wie vieles andere – in den letzten Jahren immer schlimmer und ich frage mich, warum. Ich habe in meinem Leben in Deutschland noch nie einen Juden mit Kippa gesehen oder einen näher kennengelernt. Auch gibt es so gut wie nie Vorfälle, an denen Juden Schuld sind – die meisten Juden leben unauffällig und leisten ihren Beitrag zur Gesellschaft. Und damit unsere offene Gesellschaft weiter bestehen bleibt, stehe ich als Atheist voll hinter meinen jüdischen Brüdern und Schwestern. Denn, wenn diese erst einmal unterjocht oder vertrieben sind, wird es irgendwann auch mich treffen.

Dann wurde am 20. Juli 1975 der BUND gegründet. Wahrscheinlich war es Zufall, dass dies genau 41 Jahre nach dem gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler geschah, aber die historische Doppelung ist doch eine schöne Ironie der Geschichte. Der Bund Naturschutz in Bayern (BN), für den ich 2017/2018 gearbeitet habe und bei dem ich seit dem ehrenamtlich aktiv bin und andere Umweltgruppen Westdeutschlands gründeten in Marktheidenfeld einen Dachverband, der sich um Belange des Umweltschutz in der BRD kümmern soll, wie es im Freistaat Bayern schon lange der Fall war. Und ich behaupte einfach mal, dass die Gründung dieser Institution eine der größten deutschen Nachkriegserfolge war. Umweltbildung, Beratung, Rechtsstreitigkeiten, Vernetzung mit Politik und anderen Akteuren gehören zu den Hauptarbeitsfeldern des BUND – und das mehr als erfolgreich! Sicher gab es auch immer wieder mal Niederlagen, aber man hat den Gegnern das Leben dabei so schwer gemacht, dass sie häufig ihr Verhalten änderten. Heutzutage, wo der Klimawandel immer sichtbarer wird, aber Umweltschutz eine immer kleinere Rolle in der Politik zu spielen scheint, braucht es Akteure wie den BUND umso mehr, denn es bedarf immer mehr Druck von unten. Aber auch sozialpolitisch muss sich der BUND mehr einbringen, denn es wird gerade von immer mehr Seiten versucht, soziales gegen Umwelt- und Klimaschutz auszuspielen. Daher engagiere ich mich, sofern es meine Zeit zulässt, beim BN auch weiter in den Landesarbeitskreisen Verkehr und Wirtschaft, um meinen Teil gegen die Verrohung der Gesellschaft und für Nachhaltigkeit beizutragen.
Dann beschäftigt mich noch dieser Vorfall im Landtag von Baden-Württemberg:
Wir sind uns sicher einig darüber, dass es eine blöde Aktion war, ein Hakenkreuz hinter den Namen des AfDler zu malen. Aber gleich als Vizepräsident des Landtags zurückzutreten und die SPD-Fraktion zu verlassen, halte ich für stark übertrieben. Daniel Born ist besorgt um unser Land, weil AfD und Schergen immer stärker werden und hat diese Angst und diesen Unmut mit dieser Aktion kundgetan. Auch halte ich die Kritik von demokratischen Kräften an ihm für viel zu heftig. Nicht er ist das eigentliche Problem, sondern die Kräfte, gegen die er mit dieser umstrittenen Aktion Position bezogen hat. Daher sollte man trotz seines Fehlers geschlossen hinter ihm stehen und ihn nicht allein lassen. Entschuldigt für seine Entgleisung hat er sich ja bereits und eine öffentliche Debatte darum gab es auch schon. Ich fände, er sollte eine Buße an den Zentralrat der Juden und den BUND zahlen und damit indirekt den Kampf gegen Rechts zu finanzieren, Damit wäre mehr gedient, als durch seinen Rücktritt.
Marcel Kunz

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://filstalexpress.de/filstalexpress/192475/das-politische-wort-zum-sonntag-ueber-75-jahre-zentralrat-der-juden-50-jahre-bund-fuer-umwelt-und-naturschutz-bund-und-einen-vorfall-im-landtag-von-baden-wuerttemberg/

Schreibe einen Kommentar