Am 1. Juli 1945 wurde in der SBZ die Deutsche Volkspolizei (VP) gegründet. Und auch, wenn damals schon abzusehen war, dass sich die SBZ bzw. spätere DDR zu einem Schurkenstaat entwickeln würde, brauchte man natürlich trotzdem eine Polizei, damit aus den Wirren der Nachkriegszeit nicht noch ein Bürgerkrieg entsteht. Und ich möchte auch niemanden pauschal verurteilen, der bei der VP tätig war.
Direkt nach dem Krieg brauchten manche vielleicht einfach nur Arbeit, anderen war noch nicht bewusst, welche Entwicklung die Zone unter sowjetischer Knechtschaft nehmen wird und wiederum andere wollten nach dem Ende der Nazibarberei helfen, ihre Heimat wieder aufzubauen. Auch hat die VP im Laufe der Zeit sinnvolle Dinge wie den Abschnittsbevollmächtigten (ABV) entwickelt. Der ABV war ein Polizist, der für einen bestimmten Teil der Gemeinde zuständig war und aufgepasst hat, dass nichts passierte – meistens auch sehr erfolgreich. Diese Idee hätte man reformiert auch in der BRD übernehmen können.
Dann habe ich vor wenigen Tagen eine Reportage über Enteignungen von DDR-Flüchtlingen gesehen:
Ich kann diese Reportage nur empfehlen, denn diese ist das komplexeste, was ich in fast 14 Jahren Wort zum Sonntag bisher behandelt habe und es fällt mir verdammt schwer, ein endgültiges Urteil zu bilden. Ich könnte es mir als Wessi einfach machen und sagen, dass die, die nach der Flucht zu meinen Landsleuten wurden, grundsätzlich im Recht sind, aber so einfach ist es leider nicht. Ersatzlos enteignet werden sollten Menschen, die 1945 oder danach in die (spätere) SBZ flohen, damals mindestens 21 Jahre alt waren und ohne plausiblen Grund dort blieben, statt sich in die spätere BRD abzusetzen. Diese Menschen haben ihrer Arbeitskraft einem Schurkenstaat zur Verfügung gestellt, statt einer Demokratie zu dienen.
Dann gibt es noch den Grundsatz „es gibt kein Recht im Unrecht“. Aber in diesem Fall ist mir selbst dies zu pauschal – und das sage sogar ich, der vor einigen Jahren „Opfer“ dieses Grundsatzes wurde. Wenn jemand warum auch immer ein Grundstück zur Verfügung gestellt wurde – er dieses vielleicht gekauft hat – unter schwierigsten Bedingungen in der DDR ein Haus gebaut hat und es damit aufgewertet hat, kann man so jemanden nicht einfach enteignen. In solchen Fällen fände ich es fair, wenn der neue Besitzer dem geflohenen Vorbesitzer eine Entschädigung zum Datum der Ausreise zahlen muss – wenn der Wert in der Zwischenzeit massiv gestiegen ist, sogar ein bisschen mehr. Noch komplexer ist es, wenn die neuen Besitzer von den DDR-Behörden zwar Eigentum an selbst gebauten Gebäuden erhielten, aber ihnen nicht der Grund übertragen wurde und dieser damit definitiv dem Wessi gehört. In diesem Fall kann ich einer Enteignung nicht einfach zustimmen, da die neuen Besitzer eine Art Gewohnheitsrecht entwickelt haben. Am besten wäre es da auch, dem alten Besitzer einen Ausgleich zu zahlen. Aber was ist, wenn der das nicht will und auf sein Eigentum pocht? Auch das kann ich gut nachvollziehen und dann muss er aber alles entschädigen, was die neuen Besitzer über Jahrzehnte investiert haben. Und treiben wir das ganze auf die Spitze: Der alte Besitzer verlangt sein Grundstück im alten Zustand zurück. Es wäre unzumutbar, die neuen Besitzer – womöglich noch auf eigene Kosten – zu zwingen, Häuser abzureißen. Dies müsste der alte Besitzer auf eigene Kosten tun und die neuen trotzdem so entschädigen, wie der Wert mit Haus ist.
Dann bin ich mehr als besorgt über die Annäherung des BSW an die AfD, was ich auch eher zufällig erfahren habe. Damit haben beide extremen Parteien eine reale Machtoption, was beide aufwertet und speziell für den Osten der Supergau wäre, weil sie dort in allen Flächenstaaten eine Mehrheit hätten. Sogar im Bund wird das BSW über die 5%-Hürde und mit der AfD zusammen locker über die Sperrminorität kommen. Auch im Westen werden beide Parteien massiv Auftrieb bekommen, so dass das BSW in immer mehr Landtage einziehen wird, weil auch Wessis auf Macht für diese Linksnationalisten hoffen. Im Westen kann man noch damit argumentieren, dass in nächster Zeit AfD und BSW keine Machtoption haben werden, aber im Osten wird es nächstes Jahr in Sachsen-Anhalt eine reale Option. Der dortige Ministerpräsident Reiner Haseloff hat bereits angekündigt, dass er in diesem Fall seine Heimat mit dann 72 Jahren verlassen wird. Falls jemand von den Wessis eine freie Wohung hat, empfehle ich gleich schon einmal ein Schreiben an die Staatskanzlei in Magdeburg. Schöne und lebenswerte Städte in West-Deutschland sind aus meiner Sicht Dinkelsbühl, Ravensburg, Traunstein, Schwäbisch Hall, Lübeck oder Goslar. Falls er aber näher an seiner Heimatstadt Wittenberg bleiben will, empfehle ich in West-Berlin den Stadtteil Frohnau…
Marcel Kunz