Ich bin gerade in der Steiermark – dem ersten österreichischen Bundesland, das seit langem wieder einen FPÖ-Landeshauptmann hat. Habe mich mit einem Deutschen unterhalten, der hier der Liebe wegen lebt. Er erzählte mir, dass er 70€ mehr im Geldbeutel hat als früher in der BRD. Ich entgegnete ihm, dass mir keine FPÖ in der Regierung zu haben, allemal 70€ wert sind. Ich bin über Salzburg und Oberösterreich in die Steiermark gefahren, wo ebenfalls die FPÖ mitregiert. Und so weit, wie es in Österreich jetzt ist, war es in Deutschland vor mehr als 90 Jahren auch schon. Wie es soweit – und noch weiter – kommen konnte, möchte ich hier anhand einiger historischer Ereignisse näher erläutern.
Am 1. März 1920 wurde Miklos Horthy als Reichsverweser in Ungarn eingesetzt. Horthy war so eine Art Ersatzkaiser für 24 Jahre, Antisemit, Autokrat und wollte Ungarn um jeden Preis zur Großmacht zurückführen – dafür nahm er sogar ein Bündnis mit Nazi-Deutschland in Kauf, welches er spätestens im Frühjahr 1944 nicht mehr unter Kontrolle hatte und der Versuch, es zu beenden, führte ihn selbst in Gefangenschaft. Zugute muss man ihm halten, dass sich Ungarn unter seiner Herrschaft nicht am Holocaust beteiligte, aber nach seiner Absetzung und Verhaftung kam auch dieses Unheil über das Land an der Donau. Knapp 25 nach seiner Amtseinsetzung war Budapest zerstört, von der Roten Armee besetzt und Ungarn kurz vor der endgültigen Vernichtung. Jahrzehnte lang trauerte in Ungarn kaum jemand diesem schäbigen Tyrannen nach; erst durch Victor Orbans Machtübernahme änderte sich das Bild über Horthy, was mir schon lange große Sorgen bereitete.
Am 27. Februar 1925 wurde die NSDAP neu gründet, nachdem sie nach dem Putsch vom 9. November 1923 verboten wurde und Hitler und Konsorten wieder auf freiem Fuß waren – keine 1 1/2 Jahre nach dem versuchten Staatsstreich! Schon allein, dass dies möglich war, war ein Staatsversagen, das seinesgleichen sucht. Diese Partei hätte niemals wieder gegründet werden dürfen und die Verbrecher des November 1923 hätten noch für Jahren in Haft bleiben müssen. Spätestens 8 Jahre später hat man gesehen, wozu diese falsche Nachsicht damals führte.
Am 1. März 1935 wurde das Saarland wieder voll in das Deutsche Reich eingegliedert, wodurch das NS-Regime seine ersten territorialen Erfolge verzeichnen konnte – noch ganz ohne Krieg und Gewalt. Bis heute verstehe ich nicht, wie die Bevölkerung des Saarlands und Frankreich dies zulassen konnten. Das Saarland war mit Frankreich assoziiert und hatte wesentlich demokratischere Strukturen als das Dritte Reich und Frankreich hätte schon allein aus machtpolitischem und finanziellen Interesse (das Saarland war reich an Bodenschätzen, die Frankreich gut gebrauchen konnte) die Eingliederung in NS-Deutschland verhindern müssen. So hatte das Dritte Reich Ressourcen, die Frankreich fehlten und Hitler konnte seine Popularität noch weiter ausbauen.
Diese drei Ereignisse, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun hatten, begünstigten den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die totale Vernichtung großer Teile Europas.
Aber auch auf die Bundestagswahl möchte ich an dieser Stelle eingehen und wie immer nach solchen Ereignissen beschränke ich mich auf das, was nicht schon in den Medien ausführlich behandelt wurde.
Zuerst einmal möchte ich auf den Länderfinanzausgleich eingehen. Abgesehen vom liberalen Hamburg haben die westdeutschen Geberländer – abgesehen vom mittlerweile bettelarmen Saarland – überdurchschnittlich für westdeutsche Verhältnisse AfD gewählt. Unterschwellig ärgern sich viele Geber darüber, dass sie hohe Summen in den Osten pumpen müssen und dort nur Hass und Zwietracht als Dank erhalten. Schon allein deswegen muss dieses Vorgehen dringend reformiert werden. Speziell der Freistaat Bayern hat Gebiete von Hof bis Altötting, die dringend mehr Mittel benötigen – und da wird extrem viel AfD gewählt.
Und wenn ich sehe, wie viel im Osten mittlerweile AfD und BSW gewählt wird, muss man langsam ernsthaft eine Teilung der BRD in Erwägung ziehen, denn der Westen könnte noch zu retten sein – der Osten ist verloren. Neulich habe ich einen Bericht aus Weida in Ostthüringen, einer AfD Hochburg mit 5% Arbeitslosen, gesehen und mich gefragt warum zum Teufel da so viele AfD wählen. Kronach im ach so reichen Bayern hat eine Arbeitslosenquote vom 7,8% und dort wählen wesentlich weniger die Rechten.
Aber auch auf die Grünen muss eingegangen werden: Da 2021 die Liste im Saarland nicht zugelassen wurde, macht das diesmal ein paar Prozent aus und die Popularität von Robert Habeck hat der Partei geholfen, mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Ich möchte nicht wissen, wie das Ergebnis ohne Habeck und die Wähler an der Saar ausgesehen hätte. Dann spreche ich mich für Annalena Baerbock als Fraktionsvorsitzende aus! Sie hat einen hervorragenden Job als Außenministerin gemacht und wäre an der Spitze besser als die blasse Britta Hasselmann.
Mich stört zudem, dass in den Medien die AfD mit der Linken gleichgesetzt wird. Die AfD ist eine verfassungsfeindliche, rechtsextreme Partei, die unser Land vernichten will, während die Linke sich auf dem Boden des Grundgesetz befindet und sich seit dem Abgang von Wagenknecht und Schergen vollends demokratisiert hat. Sicher hat sie in manchen Dingen andere Ansichten als Grüne, CDU und SPD, aber das ist in einer Demokratie legitim und kann sogar ein Vorteil sein. Ich gehe mittlerweile so weit, dass ich mir vorstellen kann, in der Linkspartei meine neue politische Heimat finden zu können. Genaueres wird dazu aber die Zukunft zeigen. Die AfD hingegen muss mit rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden, bevor sie uns zerstört.
Final möchte ich noch auf die CDU eingehen, die sich in eine gefährliche Richtung entwickelt. Als ich damals in Sachsen gelebt habe, war ich mit der dortigen CDU massiv auf Kriegsfuß, während ich mit der West-CDU wesentlich besser klarkam. Jetzt, 12 Jahre später, sehe ich bundesweit in der CDU Entwicklungen, wie ich sie damals nur aus dem Osten kannte. Die Partei wird zunehmend populistischer und geht sogar schon in seltsamer Form gegen andersdenkende vor. Und wie in den letzten Jahren im Osten ein Großteil der Wähler von der CDU zur AfD gewandert sind, haben wir ja live miterleben können. Auch Großbritannien sollte als abschreckendes Vorbild dienen, da sich die Torries seit dem Brexit in eine gefährliche Richtung entwickelt haben und jetzt am Boden sind. Wenn die CDU nicht aufpasst, wird es ihr in West-Deutschland auch bald so ergehen.
Mit besten Grüßen aus Bad Aussee an die Welt:
Marcel Kunz