Sonntagsgedanken: Begegnung mit den Untoten

An Halloween, dem Vorabend zu Allerheiligen, wird der Tod so richtig auf die Schippe genommen: Maskierte Kinder laufen in Totengewändern umher und Rü­bengeister flackern in den Vorgärten auf. Losgelöst von einer scheinbar auf­geklärten Welt, herrscht ein willkom­mener Aus­nahmezustand, bei dem wir den „Unto­ten“ ein mal im Jahr be­gegnen dürfen. Während der Tod in un­serem tech­nokratischen Alltag stark ver­drängt wird oder allenfalls be­drückende Traurigkeit aus­löst, steht er an diesem Abend aus­nahmsweise mal ganz im Mittelpunkt und sorgt so­gar für ausgelas­sene Freu­de.

Den morbiden Gestalten vor mei­ner Haustür „opfere“ ich augenzwinkernd et­was Schokolade, dann werden sie bald weiterzie­hen. Ich spie­le dieses Spiel gerne mit, weil ich seinen religiösen Symbolgehalt schätze: Die Seelen von un­erlösten Toten irren umher; Auch durch unsere Zuwendung mögen Sie Hilfe er­fahren, damit sie weiterziehen können, um schließlich bei Gott anzukommen und Erlösung zu fin­den. Da­hinter steckt die in Vergessenheit ge­ratene Theolo­gie des „Fegefeuers“, aber auch die ur­menschliche Hoffnung, dass der Mensch im Tod Erlösung und ewi­ges Leben findet. Das Halloween Brauchtum war ur­sprünglich vor al­lem im katholi­schen Ir­land verbreitet und ist über Umwege zu uns ge­langt.

Am darauf folgenden Tag feiern wir Katholiken an Allerheiligen, dass wir viele Tote bereits bei Gott geborgen wissen dürfen, wo ihnen Licht, Wär­me und Hei­terkeit zuteil werden. Auf dem Friedhof gedenken wir zu Allerseelen un­serer Lie­ben, mit de­nen wir schon zu Lebzei­ten herzlich ver­bunden waren und über den Tod hin­aus ver­bunden bleiben wollen. Im Gebet empfeh­len wir sie der Barmherzig­keit Got­tes an. Wir ver­trauen der Zusage Jesu, dass unser Leben nach dem Tod weiter­geht.

Halloween, Allerheiligen und Allerseelen; diese direkt aufeinander folgenden Ereignis­se stellen unsere natur­wissenschaftlich geprägte, hochtechnisierte Welt für einen kurzen Moment auf den Kopf. Was da in uns durchbricht, wenn im Herbst die Blätter fallen und die Tage kürzer werden und kälter, ist die Fra­ge nach dem Sinn des Lebens, nach Tod und ewigem Leben; Diese Fra­ge findet in der hekti­schen Oberflächlich­keit des Alltags für gewöhn­lich keine be­friedigende Antwort.

Doch es gibt ja -Gott sei dank- auch noch die Welt der Symbole und Ri­tuale auf die wir Christen ganz bewusst zurückgreifen: Sie spenden Trost und halten die Hoff­nung nach ewigem Leben wach.

 

Diakon Eckhard Schöffel

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