„Die Belastung des Grundwassers mit Nitrat und Pflanzenschutzmitteln nimmt erfreulicherweise weiter ab. Mit verbesserten Analysenmethoden finden wir jetzt aber organische Spurenstoffe wie PFC, Süßstoffe oder Benzotriazole, die wir so bisher nicht nachweisen konnten“, erklärten Umweltminister Franz Untersteller und Verbraucherminister Alexander Bonde anlässlich des in Karlsruhe veröffentlichten Jahresberichts 2014 zur Grundwasserüberwachung in Baden-Württemberg.
Knapp drei Viertel des Trinkwassers wird in Baden-Württemberg aus Grund- und Quellwasser gewonnen. Die LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg in Karlsruhe überwacht daher regelmäßig das Grundwasser an fast 1.800 Messstellen. Zusätzlich kontrollieren die Wasserversorgungsunternehmen an weiteren rund 1.600 Messstellen in Wasserschutzgebieten die Grundwasserqualität. Neben Nitrat und Pflanzenschutzmitteln wird das Grundwasser hierbei regelmäßig auch auf organische Spurenstoffe untersucht. „Die Daten geben uns einen guten Überblick über die Grundwasserqualität im Land und ermöglichen uns, bei festgestellten Defiziten Verbesserungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen“, sagte Umweltminister Untersteller.
In den letzten 20 Jahren ist die mittlere Nitratkonzentration im Land insgesamt um rund 20 Prozent zurückgegangen. Nachdem die Nitratbelastung von 2012 auf 2013 um etwa 1 Milligramm pro Liter (mg/l) gestiegen war, ist sie im Jahr 2014 wieder um 0,4 mg/l gesunken. Damit ist die Nitratbelastung im Jahr 2014 die zweitniedrigste seit Beginn der Datenreihe im Jahr 1994, nur im Jahr 2012 war sie noch niedriger. „Dies zeigt, dass die Maßnahmen zur Reduzierung des Nitrateintrags greifen. Auf 91 Prozent der Landesfläche wird der von der EUgeforderte gute Zustand des Grundwassers bereits erreicht“, betonten Untersteller und Bonde.
Der Schwellenwert der Grundwasserverordnung von 50 mg/l wurde im Jahr 2014 nur an jeder zehnten Messstelle überschritten. Nach wie vor sind die höchsten Nitratkonzentrationen in der nördlichen und südlichen Oberrheinebene, Teilen des Kraichgaus, im Neckarraum zwischen Stuttgart und Heilbronn sowie in der Region Oberschwaben zu finden. Der Grund hierfür ist insbesondere der hohe Ackeranteil in diesen Regionen.
„Mit der Schutzgebiets- und Ausgleichverordnung SchALVO haben wir in Baden-Württemberg seit 1988 ein wirksames Steuerungsinstrument, in Wasserschutzgebieten durch Bewirtschaftungsauflagen Stickstoffüberschüsse zu vermindern“, sagte Verbraucherminister Bonde. Im Gegenzug erhielten die Landwirte für den höheren Aufwand und Ertragseinbußen einen finanziellen Ausgleich. „So konnte die Fläche der besonders hoch belasteten Nitratsanierungsgebiete seit 2001 auf weniger als ein Drittel vermindert werden. Außerhalb von höher belasteten Wasserschutzgebieten unterstützt das Land seit 2015 mit dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) gezielt grundwasserschonende Maßnahmen“, so Bonde.
„Verbraucherinnen und Verbraucher können in Baden-Württemberg darauf vertrauen, dass sie ein sehr gutes und sauberes Trinkwasser erhalten“, so Bonde weiter. Dafür sorgten Wasserversorgungsunternehmen und Überwachungsbehörden gemeinsam.
Weitere Ergebnisse der Grundwasserüberwachung 2014
Grundwasservorräte allgemein: Der Jahresniederschlag 2014 war mit 89 Prozent des langjährigen Mittels unterdurchschnittlich. Zu Jahresbeginn waren die Niederschläge gering, im Juli waren die Niederschlagsmengen hingegen fast doppelt so hoch wie üblich. Dies bewirkte einen für den Sommer ungewöhnlichen Anstieg der Grundwasservorräte. Üblicherweise findet die Grundwasserneubildung in den Wintermonaten statt, wenn die Wasserverdunstung gering ist. Regional gesehen herrschten in der Oberrheinebene mittlere, in den östlichen Landesteilen eher unterdurchschnittliche Grundwasserverhältnisse vor. Die Trinkwasserversorgung war jedoch zu keiner Zeit gefährdet.
Wasserschutzgebiete: Rund ein Viertel der Landesfläche ist als Wasserschutzgebiet ausgewiesen; dort gilt die Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO), die in Abhängigkeit der Nitratbelastung eine Einteilung in sogenannte „Normalgebiete“ (79 Prozent der Wasserschutzgebietsfläche) sowie „Problemgebiete“ und „Sanierungsgebiete“ (21 Prozent der Wasserschutzgebietsfläche) vornimmt. Die Nitratbelastung des Grundwassers wird insbesondere durch Auswaschung des Stickstoffs in Form von Nitrat aus landwirtschaftlich genutzten Böden verursacht. Je nach Einstufung des Wasserschutzgebietes werden unterschiedliche Maßnahmen zur Verringerung der Nitratbelastung umgesetzt.
Über die SchALVO stellt das Land den Landwirtinnen und Landwirten jährlich rund 20 Millionen Euro Ausgleichsleistungen für die eingeschränkte Bewirtschaftung der Flächen und die damit verbundenen höheren Kosten oder Erlöseinbußen in den Problem- und Sanierungsgebieten zur Verfügung. Mit dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) können darüber hinaus auch außerhalb von Wasserschutzgebieten freiwillige Maßnahmen von Landwirten zur Verringerung von Nitrateinträgen in Boden und Grundwasser ausgeglichen werden. Der Ausgleich erfolgt auch hier für die mit den entsprechenden Bewirtschaftungsauflagen verbundenen höheren Kosten oder geringeren Erlöse.
Nitratgehalte im Boden: Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg koordiniert eine jährliche Kontrollaktion der Nitratgehalte in den Böden von Wasserschutzgebieten. Dabei wurden im Herbst 2014 Bodenproben auf über 17.000 Ackerflächen in Wasserschutzgebieten entnommen und auf den Nitratgehalt untersucht. Dies ermöglicht abzuschätzen, wieviel Nitrat nach der Ernte der Feldfrüchte ungenutzt in den Böden zurück geblieben ist und möglicherweise über den Winter mit dem Sickerwasser in Richtung Grundwasser verlagert werden kann. Im Vergleich zum Vorjahr führte aufgrund der vergleichsweise warmen Herbstmonate 2014 die witterungsbedingte Mineralisierung im Landesmittel insbesondere nach Mais zu im Vergleich höheren Nitratgehalten im Boden.
Pflanzenschutzmittel: Pflanzenschutzmittel, die schon seit fast 25 Jahren verboten sind, und ihre Abbauprodukte verursachten über 80 Prozent der Überschreitungen des Schwellenwerts von 0,1 µg/l der im November 2010 in Kraft getretenen Grundwasserverordnung. Diese Substanzen werden im Grundwasser nur sehr langsam abgebaut und werden daher auch noch einige Jahre lang nachzuweisen sein. Vor etwa 18 Jahren war die Belastung mit diesen „Altlasten“ allerdings noch mehr als fünfmal so hoch gewesen.
Abbauprodukte des Rübenherbizids Chloridazon, sogenannte nichtrelevante Metabolite, wurden 2006 erstmals im Grundwasser nachgewiesen. Daraufhin wurde ab 2007 vereinbart, freiwillig auf dessen Anwendung in Wasserschutzgebieten zu verzichten. Allerdings zeigt sich aufgrund der langen Sickerzeiten im Untergrund in den Messstellen noch keine Wirkung dieser Maßnahme. Wichtig ist zu betonen, dass diese Abbauprodukte in den gefundenen Konzentrationen für den Menschen nicht gesundheitsgefährdend sind. Aus Vorsorgegründen sollte die Belastung jedoch weiter verringert werden.
Organische Spurenstoffe: Aufgrund der Funde von per- und polychlorierten Chemikalien im Grundwasser im Raum Rastatt/Baden-Baden und in Mannheim durch vermutlich verunreinigte Komposte untersuchte die LUBW 2013 landesweit das Einzugsgebiet von 139 Messstellen mit hohem Ackeranteil. Es konnten keine neuen Belastungsschwerpunkte mit hohen PFC-Konzentrationen gefunden werden.
Weiterhin wurden 2014 im Messnetz der Wasserversorgungsunternehmen Süßstoffe und Benzotriazole untersucht. In rund 30 Prozent der über 1.400 untersuchten Rohwassermessstellen waren Süßstoffe nachzuweisen. Die meisten Positivbefunde entfielen auf Acesulfam, wobei die Hälfte dieser Nachweise im Bereich niedriger Konzentrationen auftreten. Die Belastung mit Benzotriazolen war deutlich niedriger. Die angetroffenen Konzentrationen sind für den Menschen unbedenklich, jedoch ein Hinweis darauf, dass eine Abwasserbeeinflussung vorliegen könnte. Deswegen unterstützt das Land zum Beispiel Städte und Gemeinden dabei, schadhafte Abwasserkanäle zu sanieren und somit das Grundwasser zu schützen.
Weitere Informationen
Der Bericht „Grundwasser-Überwachungsprogramm – Ergebnisse der Beprobung 2014“ kann bei der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) heruntergeladen werden:
Für weitere Informationen zum Bericht steht die Pressestelle der LUBW
(Tel.: 0721 5600-1387; pressestelle@lubw.bwl.de) gerne zur Verfügung.
PM