Im Feuerwehrhaus der Freiwilligen Feuerwehr steht ein Koloss, der nicht nur dazu dient, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Das Wechselladerfahrzeug verfügt über eine wichtige Komponente: Damit soll verhindert werden, dass Schadstoffen nach einem Einsatz verschleppt werden. Kürzlich war die offizielle Übergabe.
Schnell und effizient Hilfe leisten. Das ist das Kredo der Freiwilligen Feuerwehren. Dabei spielte die Gesundheit der Rettungskräfte in den vergangenen Jahrzehnten oftmals eine untergeordnete Rolle, was sich nun allmählich ändert. Schadstoffe gelangen trotz aller Vorsichtsmaßnahmen bei Einsätzen über die Kleidung in den Körper – mit weitreichenden Folgen. Wer sich in der Freiwilligen Feuerwehr einbringe, ist dem Risiko ausgesetzt, dass sich über die Jahre hinweg Schadstoffe ansammeln könnten, sagte Michael Reick, Kreisbrandmeister des Landkreises Göppingen, unlängst in Uhingen. Anlass für diese deutlichen Worte war die offizielle Übergabe eines neuen Wechselladerfahrzeugs (WLF) der Stadt Uhingen an die örtliche Wehr samt eines Abrollcontainers für Logistik und Hygiene. Und dieser Container spielt eine wesentliche Rolle, um die Verschleppung von Schadstoffen zu reduzieren.
Zur Übergabe des Spezialfahrzeugs, übrigens erst das vierte im gesamten Landkreis Göppingen, waren etwa 100 Menschen in das Uhinger Feuerwehrmagazin gekommen. Darunter befanden sich neben Bürgermeister Matthias Wittlinger und Vertretern des örtlichen Gemeinderats auch Bürgermeister aus Umlandgemeinden wie Jochen Bidlingmaier (Albershausen), Sascha Krötz (Schlierbach), Eberhard Keller (Ebersbach a.d.Fils) sowie Sylvia Hölzel aus der Uhinger Partnergemeinde Oppach in der Oberlausitz. Die rege Teilnahme aus dem Umland, auch Angehörige anderer Feuerwehren waren zugegen, weist auf die Bedeutung des Fahrzeugs und des Containers hin. „Das Fahrzeug ist nicht nur wegen seiner Höhe von 3,97 Metern ein Leuchtturm, sondern auch ein Symbol für die interkommunale Zusammenarbeit“, sagte Bürgermeister Matthias Wittlinger.
Denn das Konzept der Wechselladerfahrzeuge im Landkreis sieht vor, dass sie nicht nur zu Notfällen am jeweiligen Standort ausrücken, sondern kreisweit – und bei Bedarf sogar über die Kreisgrenzen hinaus. „Als ich selbst im aktiven Dienst der Feuerwehr war, war es nicht üblich über die Gemeindegrenze hinaus auszurücken und andere Gemeinden zu unterstützen“, sagte Matthias Wittlinger. Dieses Denken gehöre – glücklicherweise – der Vergangenheit an. Uhingens Bürgermeister erinnerte daran, dass Kreisbrandmeister Michael Reick, der seit 1999 oberster Feuerwehrmann im Landkreis Göppingen ist, sich dafür eingesetzt habe, die Zusammenarbeit der Wehren zu intensivieren, um sich gegenseitig zu unterstützen „und schnell und effizient Hilfe zu leisten“. Wie wichtig dieser Gedanke ist, zeigte sich erst kürzlich beim Großbrand eines Hauses in Schlat. Feuerwehren aus vielen Gemeinden, auch die Uhinger Wehr, rückten an, um den Brand zu löschen.
Spezialfahrzeuge wie der Wechsellader, der den Uhinger Container Logistik/Hygiene oder andere je nach Einsatzart benötigten Spezial-Container transportieren kann, stellt laut Uhingens FFW-Kommandant Steffen Kwiatkowski das letzte Bauteil des neuen Hygienekonzepts dar. „Mit dieser Komponente sind wir zukünftig in der Lage, unsere Einsatzkräfte sicher an der Einsatzstelle von der kontaminierten Einsatzkleidung zu befreien und gänzlich mit der mitgeführten frischen Kleidung auszustatten“, sagte der Kommandant vor den etwa 100 Gästen in der festlich dekorierten Fahrzeughalle. Des Weiteren können alle verschmutzten Kleidungsstücke sowie Gerätschaften, sicher in dafür vorgesehenen Behältnissen in diesem Container zum Feuerwehrhaus zurücktransportiert und hier einem speziellen Reinigungsablauf unterzogen werden. „Somit wird einer Kontaminationsverschleppung von schädlichen Stoffen vorgebeugt und das wichtigste Gut eines jeden, die Gesundheit, geschützt.“ Der Kommandant verwies auf Untersuchungen der vergangenen Jahre, die belegten, „dass Angehörige der Feuerwehr durch die Aufnahme von giftigen Stoffen, welche bei einem Einsatz auftreten, ein erhöhtes Krebsrisiko haben“.
Deshalb sei es der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat wichtig, etwas gegen diese Kontamination zu unternehmen, sagte Bürgermeister Matthias Wittlinger. „Ich kenne die Uhinger Wehr als kollegial und hilfsbereit und denke, dass das Fahrzeug auch in den Nachbargemeinden zum Einsatz kommt, damit die dortigen Feuerwehrangehörigen nicht mit der kontaminierten Einsatzkleidung in die Fahrzeuge einsteigt“, ergänzte Kreisbrandmeister Michael Reick.
Doch nicht nur die Möglichkeit, nach einem Einsatz frische Kleidung anziehen zu können, gehört zum Konzept des Abrollbehälters, der vom WLF abgeladen und am Einsatzort abgestellt werden kann. Durch die Logistikkomponente, die einen modularen Aufbau mittels Rollwägen vorsieht, wird den ehrenamtlichen Rettungskräften ermöglicht, „schnell die Beladung zu tauschen und zum Beispiel bei einem Hochwassereinsatz, Sandsäcke, weitere Pumpen und andere Gerätschaften an den jeweiligen Einsatzort zu transportieren“, sagte Uhingens Kommandant Steffen Kwiatkowski. Und Matthias Wittlinger ergänzte, dass in dem Container Gerätschaften und Material zum Einsatzort gebracht werden kann, das nicht sofort benötigt werde.
Wie es sich anfühlt, wenn eine Feuerwehr ein neues Fahrzeug erhält, wusste Sylvia Hölzel zu berichten, die zur Fahrzeugübergabe aus der Gemeinde Oppach mit zwei Kameraden – Oppachs Wehrleiter Tino Pätzold und sein Stellvertreter Heiner Adler – mehr als 500 Kilometer nach Uhingen gereist war. „Jahrelang wird auf ein neues Fahrzeug hingearbeitet – nicht, um ein neues Spielzeug zu haben, sondern um Sicherheit für die Bevölkerung und die Einsatzkräfte gewährleisten zu können.“ Auch lobte sie den interkommunalen Gedanken, „vom ,ich‘ wegzukommen und an das ,wir‘ zu denken“. Die interkommunale Zusammenarbeit sei wichtig und „Uhingen ist ein wahnsinnig gutes Beispiel dafür“. Die Oppacher Bürgermeisterin verband ihr Lob auch mit einem Wunsch: Das neue WLF solle stets effektiv eingesetzt werden – und wenige Einsätze haben.
Lockerer fielen dagegen die Grußworte von Heiner Adler aus: Man sei schon zum fünften oder sechsten Mal in Uhingen „und jedes Mal, wenn wir hier sind, habt ihr ein neues Fahrzeug“, scherzte er. „Jetzt drehen wir das mal um und ihr besucht uns häufiger“, fügte er schmunzelnd hinzu. „Die nächsten Jahre bleiben ruhig“, entgegnete Uhingens Kommandant Steffen Kwiatkowski: „Unser Fuhrpark ist erneuert.“ Ruhig wurde es auch im Anschluss an den offiziellen Teil: Die Festgäste ließen sich das Essen schmecken, und nutzten den Abend für einen entspannten Austausch untereinander, ohne zu einem Einsatz hetzen und ihre Gesundheit riskieren zu müssen.
Hintergrund: Aufgebaut ist das gebraucht gekaufte WLF auf einem Mercedes Actross 2645 Fahrgestell mit 26 Tonnen Gesamtgewicht mit Straßen-Antrieb und einem 450 PS starken Motor. Darüber hinaus kann bis zu einem zusätzlichen Gesamtgewicht von 40 Tonnen noch ein Anhänger mitgeführt werden. Das Fahrzeug verfügt über komplett luftgefederte Achsen sowie über ein vollautomatisches Schaltgetriebe, das dem Fahrer ermöglicht, sich gänzlich auf den Straßenverkehr zu konzentrieren. Neben einer Differentialsperre gehört eine gelenkte Nachlaufachse und das Meiler Abrollsystem zur Ausstattung. Zusätzlich steht dem Fahrer eine Rückfahrkamera zur Verfügung, die das Rückwärtsfahren mit einem solch großen Gerät vereinfacht und sicherer macht. Eine zweite Kamera dient dem sicheren Auf- und Absatteln des Containers.
Der Abrollbehälter Logistik/Hygiene stammt aus dem Hause der Firma Container Kreativ. Das Fahrzeug und der Abrollbehälter mit einer Gesamtsumme von etwa 121.000 Euro, wurde vom Land mit 22.000 Euro bezuschusst. Dass die Uhinger Wehr dieses Fahrzeug erhalten hat, ist keine Selbstverständlichkeit. Das machte Kommandant Steffen Kwiatkowski deutlich: „Aufgrund von Lieferschwierigkeiten bei Neufahrzeugen waren gute gebrauchte Fahrzeuge nur noch sehr schwer zu finden beziehungsweise erheblich teurer als zuvor.“ Durch einen glücklichen Umstand konnte im Sommer 2022 dieses Fahrzeug gekauft werden. Dann folgten „stressige Wochen für unsre beiden Gerätewarte“, die mehr als drei Monate lang den Lastwagen „aufbereitet und komplett in Eigenleistung ausgebaut haben, um daraus ein Feuerwehrfahrzeug zu machen“.
PM Stadt Uhingen