Altersarmut auf dem Vormarsch: Die Zahl der Menschen, die im Landkreis Göppingen neben ihrer Rente auf Grundsicherung angewiesen sind, ist in den vergangenen zehn Jahren um 61 Prozent gestiegen. 2.179 Bezieher von „Alters-Hartz-IV“ zählte der Kreis zuletzt. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit. Die NGG Ulm-Aalen-Göppingen bezieht sich hierbei auf Angaben des Statistischen Landesamts. NGG-Geschäftsführerin Karin Brugger nennt die Zahlen einen „Weckruf“ und fordert einen Kurswechsel in der Rentenpolitik.
„Zwar ist die Rentenkasse so gut gefüllt wie lange nicht, aber Geringverdiener profitieren kaum von der nächsten Erhöhung“, so Brugger. Gerade Frauen und Alleinerziehenden bleibe trotz vieler Arbeitsjahre der Gang zum Sozialamt häufig nicht erspart. Verschärfen dürfte sich die Lage in den nächsten zwei Jahrzehnten: Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung wird das Armutsrisiko besonders für die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- und 1960er-Jahre ansteigen – von aktuell 15 auf 20 Prozent im Jahr 2036. Als armutsgefährdet gilt ein Rentner, dessen Netto-Einkommen unter 958 Euro monatlich liegt.
Die NGG Ulm-Aalen-Göppingen plädiert für eine Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung. „Wer ein Leben lang gearbeitet hat, muss gut von seiner Rente leben können“, sagt Gewerkschafterin Brugger. Doch wenn die Politik nichts unternehme, gerate dieses Versprechen in Gefahr. In ihrem aktuellen Rentenversicherungsbericht geht die Bundesregierung davon aus, dass das Rentenniveau von heute 48 Prozent auf 44,6 Prozent bis zum Jahr 2031 absinkt. Das Rentenniveau beschreibt, wie viel vom Nettoverdienst nach einem Erwerbsleben im Schnitt als Rente herauskommt. Nach Überzeugung der NGG sollten dies langfristig mindestens 50 Prozent sein.
„Enorm wichtig ist aber auch die betriebliche Altersvorsorge. Sie ist ein großer Schutz gegen Altersarmut – gerade wenn sie fest im Tarifvertrag verankert ist“, betont Brugger. So hat die NGG tarifliche Zusatzrenten etwa in der Süßwaren- und Getränkeherstellung durchgesetzt.
Immerhin gilt ab Januar: Betriebsrenten dürfen nicht mehr voll auf die Grundsicherung angerechnet werden. Ein neues Gesetz garantiert hier Freibeträge. „Damit haben etwa Beschäftigte im Fleischerhandwerk oder Bäckereien, zumal wenn sie in Teilzeit gearbeitet haben, im Ruhestand deutlich mehr in der Tasche – vorausgesetzt, im Betrieb gilt ein tariflicher Altersvorsorgevertrag“, so Brugger. Genau das wolle die NGG im kommenden Jahr weiter vorantreiben.
PM