NGG: Große Einkommensunterschiede im Kreis Göppingen – Beschäftigte mit Tarifvertrag verdienen im Schnitt fünf Euro mehr pro Stunde

Fünf Euro pro Stunde – so groß ist der statistische Unterschied bei der Bezahlung zwischen Betrieben mit und ohne Tarifvertrag. Im Landkreis Göppingen macht das je nach Betrieb und Branche für einen Großteil der Beschäftigten ein Einkommensgefälle von monatlich mehreren Hundert Euro aus. Darauf hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hingewiesen. „In tarifgebundenen Unternehmen verdienen Beschäftigte in Baden-Württemberg laut Statistischem Landesamt im Schnitt 18,97 Euro pro Stunde. In Betrieben ohne Tarifbindung sind es nur 13,66 Euro“, so Karin Brugger.

Die Geschäftsführerin der NGG Ulm-Aalen-Göppingen beklagt eine zunehmende „Tarifflucht“ vieler Unternehmen. Bundesweit verdienten lediglich 57 Prozent aller Arbeitnehmer nach Tarif. Die Quote sinke seit Jahren. „Auch im Landkreis haben wir viele Arbeitgeber, die sich um Branchenverträge drücken wollen“, kritisiert Brugger. Die NGG macht sich deshalb für Flächentarifverträge stark. Solche habe man etwa in der Milchwirtschaft, in der Fleischverarbeitung und in der Nährmittel- und Süßwarenindustrie durchgesetzt. In den Branchen der NGG erhielten Beschäftigte mit Tarifvertrag zwischen 2010 und 2016 Lohn- und Gehaltssteigerungen von insgesamt 18,6 Prozent (inflationsbereinigt zehn Prozent), so die Gewerkschaft.

Ein Tarifvertrag bedeute nicht nur höhere Bezahlung mit mehr Weihnachtsgeld oder mehr Urlaubstagen, sagt Brugger. Er sorge auch für bessere Arbeitsbedingungen, eine höhere Zufriedenheit bei den Mitarbeitern und ein gutes Betriebsklima, so eine Untersuchung des WSI-Tarifarchivs. „Das muss auch im Sinn der Unternehmen sein. Firmen, die nach Tarif zahlen, finden leichter Fachkräfte. Außerdem verhindern Tarifverträge einen Preiskampf nach unten und schieben der Schmutz-Konkurrenz einen Riegel vor.“

Nach Angaben der NGG seien die Unterschiede bei der Bezahlung besonders im Gastgewerbe immens. So bekommen Hotelfachleute, die nach Tarif bezahlt werden, etwa 21 Prozent mehr als ihre Kollegen ohne Tarifvertrag. Das ergab eine Umfrage der Plattform lohnspiegel.de. Demnach profitieren gerade Frauen: Sie haben für alle Branchen im Schnitt 9,2 Prozent mehr in der Tasche, wenn ihr Betrieb sie tariflich bezahlt.

Die NGG fordert die Landes- und Bundespolitik auf, sich für eine stärkere Tarifbindung einzusetzen: „Wer sich um die Zukunft der sozialen Marktwirtschaft sorgt, muss sich auch darum kümmern, dass die Sozialpartner gestärkt werden“, betont Brugger. Unternehmen, die im Arbeitgeberverband seien, müssten dazu verpflichtet werden, sich an Tarifverträge zu halten.

Dabei werde der Staat auf der anderen Seite durch höhere Einkommen etwa bei der Renten-, Kranken- und Sozialversicherung entlastet. Brugger: „Hunderte Tarifverträge allein in Baden-Württemberg zeigen, wie gute Arbeit und faire Bezahlung aussehen – eine Win-win-Situation für die Beschäftigten und für die Wirtschaft.“

PM

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