So wird man Fachkräfte-Magnet – Ein nachahmenswertes Beispiel

Fachkräfte zu finden ist schon unter normalen Bedingungen schwierig; wie kann es da erst gelingen, einen neuen Standort komplett zu besetzen? Ob eine Firma neu baut oder umzieht – ihre Niederlassung braucht die richtigen Menschen. Bei Max Bögl, mit mehr als 6.000 hoch qualifizierten Mitarbeitern einer der Großen der deutschen Bauindustrie, setzt man auf „Candidate Experience“.

In der bayrischen Heimat ist der Name Max Bögl bekannt, doch nun führte die Personalsuche in den hohen Norden. Fast 800 km liegen zwischen dem Schwerlasthafen Rendsburg Port, wo die Firmengruppe ihr neues Werk errichtete, und der Zentrale in Sengenthal südlich von Nürnberg. Betonsegmente für jährlich rund 200 Windkrafttürme sollen am Nord-Ostsee-Kanal produziert und direkt vor den Werktoren verschifft werden. Denn: Ein Turm reist auf etwa 37 Schwertransport-LKW oder auf nur einem Schiff.

 

Schlüssel zum Erfolg: „Candidate Experience“ steuern

Der Personalbedarf: 200 Mitarbeiter in Schleswig-Holstein. Der Mann für diese Herausforderung: Andreas Beyer, Leiter des Zentralbereichs Personal bei Max Bögl. Und der nutzt „von Anfang an alle verfügbaren Kanäle, online und offline. Wir kommunizieren in sozialen Netzen wie Xing, aber auch klassisch über Baustellenplakate und Zeitungsanzeigen“, schildert Beyer. „Auch der Arbeitgeberservice Mittelholstein war eine große Hilfe.“

 

Annäherung in sechs Stufen

So unterschiedlich die Plattformen auch sind: Der Firmenauftritt ist stets kongruent gestaltet. Schließlich formen sich alle Eindrücke, die ein Interessent von dem Unternehmen sammelt, zum ausschlaggebenden Bild. Laut „Candidate Experience“-Modell vollzieht sich die Annäherung in sechs Stufen, jede entscheidend für Erfolg oder Misserfolg.

Im Idealfall wird der potenzielle Bewerber 1. auf die neue Stelle aufmerksam und sammelt dann 2. Informationen über die Firma und ihr Image. Ist der Eindruck bis hierhin positiv, erfolgt 3. die Bewerbung auf den Job und 4. die Teilnahme am Auswahlprozess. Bei gegenseitiger Zusage tritt 5. der Bewerber die Stelle an und erlebt 6. fortan die Bindung an das Unternehmen.

Klar ist, dass beide Seiten an jeder Stufe auch stolpern können. Ein Online-Bewerber-Tool etwa, das stundenlang hakt, kann den tollen ersten Eindruck der Karriere-Website glattweg ruinieren. Und wer den Kandidaten zu lange auf Antwort warten lässt, riskiert schnell sein innovatives, dynamisches Image.

Andreas Beyer hat deshalb die Internet-Präsenz stets im Blick, hält die Stellenausschreibungen für alle 35 Standorte tagesaktuell auf Stand. „Online ist enorm wichtig, besonders Nachwuchs kommt fast immer über diesen Kanal“, erklärt der Personalchef.

 

„Bring dein Kind mit“-Tage und ein Shuttlebus

Seine Ausschreibungen tragen das Siegel des Forschungsinstituts trendence, das Max Bögl als einen der 100 Top-Arbeitgeber Deutschlands ausweist. Doch damit nicht genug: Beyer bietet Kennenlerntage, „Bring dein Kind mit“-Tage und lud einige Kandidaten vom Rendsburg Port direkt zur Besichtigung in die Zentrale ein – samt Shuttlebus quer durch Deutschland.

„Es gilt, die gegenseitigen Erwartungen aufeinander abzustimmen. Das Ziel sind langfristige Zugehörigkeit und geringe Fluktuation, wir bieten hauptsächlich unbefristete Arbeitsverträge“, erläutert Beyer. Und betont zugleich: Die Fragen gehen heute über Firmenwagen und Gehalt hinaus. „Flexible Arbeitszeiten, Familienfreundlichkeit und Gesundheitsförderung werden immer wichtiger.“

 

Wohlfühl-Charakter: Leben, wo andere Urlaub machen

Diese Erfahrung macht auch Kai Lass vor Ort am Rendsburg Port: „Weiche Faktoren gewinnen zunehmend an Bedeutung. Ein hoher Freizeitwert wie in unserer Region ist ein echtes Argument!“, so der Chef der Wirtschaftsförderung Rendsburg-Eckernförde.

Sie unterstützt neu anzusiedelnde Firmen aktiv bei der Suche nach dem Wunsch-Grundstück, in der Gestaltung des Standorts, mit Einführung in Branchen-Netzwerke, Veranstaltungen und persönlicher Beratung. Und weiß: Für Fachkräfte ist der Wohlfühl-Charakter des Standorts ein starker Anreiz.

„Man möchte gern da leben und Geld verdienen, wo andere Urlaub machen!“ Und angesichts der geopolitischen Krisen werde die Region zwischen Hamburg und Sylt aktuell für Touristen auch aus Sicherheitsgründen immer attraktiver.

„Bei uns wohnen laut Studie die glücklichsten Deutschen. Die gute Luft an den Meeren beschert uns eine Vorrangstellung in der Windkraft-Branche und zugleich hohe Erlebnis- und Erholungswerte. Wir haben Platz, und das heißt 50 Hektar freie Gewerbefläche, wenig Stau, viele Parkplätze…“, lächelt Lass.

Die Fachkräfte-Dichte ist relativ hoch: Im Umkreis einer Autostunde bilden diverse Hochschulen mehr als 40.000 Studierende aus. Um den Rendsburg Port sammeln sich neben Maritimer Wirtschaft spezialisierte Unternehmen zum Energie-Cluster. Hier liegt auch Deutschlands einziges Schwerpunkt-Gymnasium „Erneuerbare Energien“. Schon auf dem Weg zum Abitur werden die Fachkräfte von morgen auf ihre spezialisierte berufliche Zukunft vorbereitet.

Ein weiterer Nachbar des neuen Max Bögl-Werks ist die „Deutsche Lehranstalt für Agrartechnik“ DEULA Schleswig-Holstein. „Von dort konnten wir z.B. Anlagenführer direkt nach der Ausbildung übernehmen“, schildert Andreas Beyer. Er hat alle Stellen nach sechs Monaten besetzt und hört nur positive Rückmeldungen: „Man spricht von der schönen Gegend und der guten Erreichbarkeit“.

PM

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