Vor der öffentlichen Anhörung im Landtag von Baden-Württemberg zu CETA hat das Landesbündnis für eine verantwortungsvolle Handelspolitik heute eine Protestaktion durchgeführt, um darauf hinzuweisen, dass mit dem vorliegenden Vertragstext rote Linien überschritten werden. Um dies zu symbolisieren haben zwei Aktive mit Masken des Ministerpräsidenten Kretschmann und des stellvertretenden Ministerpräsidenten Strobl die roten Linien zu CETA gerissen.
Das Landesbündnis für eine verantwortungsvolle Handelspolitik, das auch zur Großdemonstration am 17. September in Stuttgart aufgerufen hatte, fordert die Abgeordneten im Landtag und die Landesregierung auf, CETA bei einer möglichen Abstimmung im Bundesrat nicht zu zustimmen. Außerdem fordern sie die Landesregierung auf, den von ihr im vergangenen Jahr eingesetzten Beirat wie vereinbart fortzuführen.
Das Bündnis stellt fest, dass mit einer Zustimmung zu CETA Grenzen für die Umsetzung von Freihandelsabkommen, die sowohl in den Eckpunkten der Landesregierung von 2015 als auch im Koalitionsvertrag 2016 beschrieben wurden, verletzt wären.
Der Investitionsschutz ist auch mit einem internationalen Handelsgerichtshof so gestaltet, dass von ihm Druck auf die Handlungsspielräume der Parlamente ausgeht. Für die Daseinsvorsorge gilt keine generelle Ausnahme von den Wettbewerbsregeln und der Kultur ist nach dem Nettesheim-Gutachten vom März 2016 kein angemessener, eigenständiger Raum eingeräumt. Das vom Staatsministerium in Auftrag gegebene Gutachten „Die Auswirkungen von CETA auf den politischen Gestaltungsspielraum von Ländern und Gemeinden“ hat insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge der Kommunen Risiken identifiziert.
Martin Gross, stellvertretender ver.di Landesbezirksleiter: „Die gerissenen rote Linien betreffen den Kernbereich unserer demokratischen Entscheidungsfreiheit. Der Privatisierungsdruck auf die öffentliche Daseinsvorsorge, insbesondere der Kommunen, wird nochmals erhöht. Die Gewerkschaften wollen keine Paralleljustiz für ausländische Investoren.“ So könnte im Gesundheitsbereich CETA wie ein Torpedo wirken. Ein Gesundheitskonzern wie Fresenius mit über 30 Prozent nordamerikanischem Kapital könnte dann auf die Zahlung von Millionen Steuergeldern klagen, weil ein demokratisch beschlossenes Gesetz über die notwendige Personalausstattung im Gesundheitsbereich die Gewinnerwartung des Konzerns schmälert: „Allein deswegen muss die Landesregierung CETA ablehnen, im Interesse der Menschen, die sich mit Herzblut für die Patientinnen in der Pflege einsetzen und der Bürgerinnen und Bürger von Baden-Württemberg.“
Dr. Brigitte Dahlbender, Landesvorsitzende des BUND in Baden-Württemberg: „Die Landesregierung muss endlich Position beziehen und klar und deutlich erklären, dass sie im Bundesrat gegen CETA stimmen wird. Bisher erfüllt CETA nicht die Kriterien und Forderungen, die die Landesregierung im Eckpunktepapier 2015 selbst formuliert hat. Die nun versprochenen Nachbesserungen durch erläuternde Anhänge sind nur Make-up. Schön verpackt übertünchen sie die hässlichen Seiten des Abkommens. Da darf sich die grün geführte Regierung nicht täuschen lassen: Der Kern des Abkommens bleibt unverändert und ist mit einer nachhaltigen Wirtschaft unvereinbar.“
Sarah Händel, Geschäftsführerin Mehr Demokratie e.V. Baden-Württemberg: „Dass es Nachbesserungen im Sinne des SPD-Konvent-Beschlusses gibt, ist höchst unwahrscheinlich, diese müssten vom Koalitionspartner, den anderen europäischen Staaten und Kanada mitgetragen werden. Zum zweiten ist mehr als unwahrscheinlich, dass die zahllosen vagen Formulierungen und Schlupflöcher die über den gesamten Vertrag verteilt sind, dadurch geheilt werden können. Man kann den Geist eines Abkommens nicht in den letzten paar Minuten durch ein paar Klarstellungen ändern. Dieses Abkommen ist ohne klare Werte-Leitplanken ausgehandelt worden, die fehlenden Werte können nicht im Nachgang implementiert werden.“
Peter Niedergesäss von der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB): „Wenn Arbeits- und Umweltschutz als Wirtschaftshemmnis verstanden werden und zu Schadenersatzforderungen führen, dann wird vollends abgebaut, was unsere Gesellschaft und Wirtschaft einmal stark gemacht hat. Das macht deutlich, Wirtschaft und Politik brauchen ethische Kriterien, an denen sie sich orientieren müssen“.
PM