Gut 4.000 Beschäftigte, zumeist Frauen, aus Einrichtungen der Sozialen Arbeit und Erziehung sowie der Pflege und Gesundheit haben heute in Baden-Württemberg im Rahmen eines bundesweiten Streiktages vor dem Hintergrund des heutigen Equal Pay Day (7. März) und des Frauentags (8. März) die Arbeit ganztägig niedergelegt.
Der heutige Tag markiert symbolisch den Gender-Pay-Gap, der 2024 in Deutschland 16 Prozent betrug. Der „Frauenstreiktag“ fand heute unter anderem in Stuttgart mit den Landkreisen Böblingen, Rems-Murr und Ludwigsburg, in Freiburg und Karlsruhe sowie in Heilbronn und Ulm statt. Außerdem waren heute erneut im Rahmen der Warnstreiks im Gesundheitswesen Beschäftigte aus zahlreichen Kliniken in Ausstand. Auch hier arbeiten insbesondere in der Pflege überwiegend Frauen. Aufgerufen waren alle Arbeitsbereiche im öffentlichen Dienst, in denen Frauen die Hauptlast der Arbeit tragen. An den Arbeitsniederlegungen nahmen auch die dort tätigen Männer teil.
Maike Schollenberger, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin, sagte in Stuttgart am Mittag bei der Abschlusskundgebung: „Wenn aktuell Wege aus der Krise diskutiert werden, dann wird in diesem Land praktisch nur gebaut, Instandgehalten oder produziert. Pflege und Erziehung, ja alle sozialen Dienstleistungen, scheint es hier nicht zu geben. Frauen sind es leid, dass ihre Arbeit nicht einmal gesehen wird. Heute zeigen wir, was in diesem Land alles stillsteht, wenn Frauen nicht mehr funktionieren.“
Im öffentlichen Dienst arbeiten in der Pflege, in Kitas und in der Sozialen Arbeit mehrheitlich Frauen. Diese Arbeitsfelder sind geprägt von hoher Verantwortung für Menschen und durch emotionale Belastung der Beschäftigten, da die aktuellen Bedingungen meist aufgrund schlechter Personalausstattung und Arbeitskräfte-/Fachkräftemangel nicht ausreichen, um den Menschen gerecht werden zu können. Im Rahmen einer ver.di-Arbeitszeitbefragung waren die schwierigen Arbeitsbedingungen bzw. die unattraktiven Arbeitszeiten der Beschäftigten in den sozialen und pflegenden Berufen neben der angespannten Arbeitsmarktlage die am häufigsten genannten Gründe für unbesetzte Stellen. Die Mehrheit gab an, in hohem oder sehr hohem Maße durch unbesetzte Stellen belastet zu sein (Pflege: 79,1 Prozent, Sozialarbeit: 63,9 Prozent, Kita: 78,3 Prozent). Gleichzeitig sagen die Beschäftigten, dass sie unter den gegebenen Bedingungen nicht ohne gesundheitliche Einschränkungen bis zum Rentenalter im Beruf bleiben können (Pflege: 82,8 Prozent, Sozialarbeit: 63,9 Prozent, Kita: 86,2 Prozent).
Warnstreiks nach ver.di Bezirken heute und morgen:
Stuttgart: Freitag, 7. März: Frauenstreiktag im Bezirk: Bei der Stadt Stuttgart und den Eigenbetrieben sind u.a. das Jugendamt, das Sozialamt, die Betriebsrestaurants und Außenkantinen aufgerufen, sowie der Sozial- und Erziehungsdienst und Reinigungskräfte in den Landkreisen Böblingen, Ludwigsburg und Rems-Murr. Des Weiteren auch der Kommunalverband für Jugend und Soziales sowie die Stuttgarter Jugendhausgesellschaft gGmbH, sowie die Agentur für Arbeit und alle Jobcenter. Im Gesundheitswesen: Warnstreik Klinikum Stuttgart, KVSW, Regionalkliniken Holding Ludwigsburg, Bietigheim und Orthopädische Klinik Markgröningen. Außerdem auch die Rems-Murr-Kliniken Schorndorf und Winnenden sowie Diakonische Einrichtungen aus Stuttgart. Demonstration um 10:00 Uhr vom Gewerkschaftshaus zum Marktplatz. Dort ab ca. 10:15 Uhr Kundgebung mit Rebecca Liebig vom ver.di Bundesvorstand und der stellvertretenden ver.di Landesbezirksleiterin Maike Schollenberger.
Rhein-Neckar: Freitag, 7.März: Warnstreik UMM Mannheim und Gesundheitszentren Rhein-Neckar GRN Schwetzingen und Weinheim – alle mit Demo in MA (10 Uhr Start Demo am Gewerkschaftshaus. 10:30 Uhr Kundgebung auf dem Toulon Platz)
Ulm-Oberschwaben: Freitag, 7. März: Frauenstreiktag in Ulm in den Kitas. Warnstreik Ostalbklinikum, Virngrundklinik (Ellwangen), Habila Rabenhof in Ellwangen, Schönbornhaus Ellwangen. Stadt Ellwangen, Stadtwerke Ellwangen.
Heilbronn-Neckar-Franken: Freitag, 7.3.2025: Frauenstreiktag in Heilbronn. Warnstreik Klinikum Crailsheim, SLK Kliniken, Kitas der Stadt Heilbronn. Beginn 9:00 Uhr am Bollwerksturm/Soleo in Heilbronn, Beginn Demo um 9:30 Uhr mit anschließender Abschlusskundgebung auf dem Kiliansplatz.
Mittelbaden-Nordschwarzwald: Freitag, 7. März: Frauenstreiktag in Karlsruhe mit Demo ab ca. 09:00 Uhr vom ver.di Haus zum Kino Schauburg in der Südstadt – dort Kundgebung und das Angebot an die Streikenden sich gewerkschaftspolitische Filme anzuschauen. Warnstreik Vidia Karlsruhe, Städtisches Klinikum Karlsruhe, Klinikum Mittelbaden (Rastatt) und die Sozial- und Jugendbehörde der Stadt Karlsruhe, was auch die Kindergärten in KA betrifft.
Südbaden Schwarzwald: Freitag, 7. März: Ratschlag+Streiktag Sozial- und Erziehungsdienst in Freiburg. Haus der Jugend ab 9 Uhr – Abschluss Kundgebung 13 Uhr Rathausplatz.
ver.di fordert in der Tarifrunde 2025 für die mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen ein Volumen von acht Prozent, mindestens aber 350 Euro mehr monatlich für Entgelterhöhungen und höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Außerdem fordert ver.di drei zusätzliche freie Tage, um der hohen Verdichtung der Arbeit etwas entgegenzusetzen. Für mehr Zeitsouveränität und Flexibilität soll zudem ein „Meine-Zeit-Konto“ sorgen, über das Beschäftigte selbst verfügen können. Die dritte Runde ist vom 14. – 16. März 2025 ebenfalls in Potsdam angesetzt.
Das Tarifergebnis soll zeit- und wirkungsgleich auf Beamt:innen, Richter:innen, Soldat:innen sowie auf Versorgungsempfänger:innen übertragen werden. ver.di führt die Tarifverhandlungen auch für GdP, GEW, IG BAU sowie mit dbb beamtenbund und tarifunion. In Baden-Württemberg sind nach Angaben des KAV insgesamt 385.000 Beschäftigte direkt von den Tarifverhandlungen betroffen. Nach Zahlen des Statistischen Landesamtes am Stichtag 30. Juni 2023 arbeiten davon rund 248.000 Tarifbeschäftigte bei den Kommunen. Rund 67 Prozent der Beschäftigten in den Kommunen (insgesamt inklusive Beamt:innen) sind Frauen, die Teilzeitquote beträgt rund 44 Prozent. Ebenso direkt betroffen sind rund 30.000 Beschäftigte bei den baden-württembergischen Sparkassen sowie Beschäftigte in kommunalen Kliniken, Versorgungsbetrieben und Nahverkehrsunternehmen. Außerdem haben die bundesweiten Verhandlungen unter anderem Auswirkungen auf den Verlauf der Tarifrunde von rund 10.000 Beschäftigten bei der Agentur für Arbeit und über 3.000 Beschäftigten bei der Deutschen Rentenversicherung im Land.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg