Teilzeitausbildung stärker in den Fokus rücken

Um die Teilzeitausbildung und ihre Chancen bekannter zu machen, hat das Sozialministerium Personalverantwortliche und Unternehmen nach Stuttgart eingeladen.

Die Teilzeitausbildung bekannter machen – vor allem bei Arbeitgebern, Personalerinnen und Personalern sowie in Unternehmen –, das ist das Ziel der Veranstaltung „Zukunft Teilzeitausbildung“ (PDF), zu der das Sozialministerium und das Netzwerk Teilzeitausbildung am 10. Oktober 2024 rund 100 Gäste aus Unternehmen, Betrieben, Kammern, Arbeitsverwaltungen, Ministerien und verschiedenen Trägern erwartet. Im Vordergrund steht dabei der Austausch zu innovativen Ausbildungsansätzen, Fachkräftesicherung und Vereinbarkeit von Arbeit und Familie. Eine aktuelle Evaluation unterstreicht die Chancen, die in der Teilzeitausbildung liegen, aber auch die Herausforderungen bei der Umsetzung.

Chancen auf Berufseinstieg und Fachkräfte stärker nutzen

„Heute geht es um ein Vorzeigeprojekt, eine der wichtigsten Förderlinien des Europäischen Sozialfonds in Baden-Württemberg“, betonte Staatssekretärin Dr. Ute Leidig anlässlich der Veranstaltung im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration. Die Rede ist von der Förderung der Teilzeitausbildung durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) im Land. Bereits seit 2005 ist diese Ausbildungsform gesetzlich verankert. Seit 2020 ist zudem grundsätzlich jede Person berechtigt, eine Teilzeitausbildung zu absolvieren. Ein berechtigtes Interesse, zum Beispiel aufgrund von Kindererziehung oder Pflege, muss seitdem nicht mehr nachgewiesen werden. „Doch der Blick auf die Zahlen zeigt: Nach wie vor nutzen nur sehr wenige Menschen und Ausbildungsbetriebe das Angebot einer Teilzeitausbildung“, so Dr. Leidig. Sie ließen damit Chancen auf einen Berufseinstieg und Fachkräftepotenziale ungenutzt.

Die Evaluation der aktuellen ESF Plus-Förderlinie „Teilzeitausbildung für Alleinerziehende, Mütter mit Kindern in Bedarfsgemeinschaften und Pflegende“ (PDF), die das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) im Auftrag des ESF in Baden-Württemberg erstellte, zeigt die Entwicklung der Teilzeitausbildung über die Jahre: Im Jahr 2022 sind im Land rund 66.000 neue Ausbildungsverträge geschlossen worden. Darunter waren aber nur 366 Teilzeitausbildungen. Das ist nicht einmal ein Prozent aller Neuabschlüsse in Baden-Württemberg. Im Jahr 2008 lag die Zahl mit 162 Teilzeitausbildungen noch niedriger. Leidigs Fazit: „Die Richtung stimmt immerhin, es ist aber noch viel Luft nach oben.“

Förderung der Teilzeitausbildung im Land

Die Förderung der Teilzeitausbildung ist seit dem Jahr 2012 eine der zentralen Förderlinien des ESF in Baden-Württemberg. Aktuell erhalten fünf Projektverbünde Fördermittel aus dem ESF Plus und dem Land, um Menschen an 22 Standorten bei der Aufnahme einer Teilzeitausbildung zu unterstützen. Die Förderung läuft von 2022 bis 2025, der ESF Plus-Anteil liegt bei rund 4,7 Millionen Euro, die Landesmittel belaufen sich auf rund 1,2 Millionen Euro. Seit dem Jahr 2022 nahmen rund 700 Personen am ESF Plus-Förderprogramm „Teilzeitausbildung für Alleinerziehende, Mütter mit Kindern in Bedarfsgemeinschaften und Pflegende“ teil. Seit 2014 sind es insgesamt rund 3.000 Teilnehmende. Im Schnitt absolvierten rund 60 Prozent der Menschen nach der Maßnahme eine schulische oder berufliche Bildung oder haben einen Arbeitsplatz.

Da die Projekte wichtige Förderziele der Europäischen Union (EU) und des Landes vereinen – zum Beispiel Zugang zu Weiterbildung und Beschäftigung, Fachkräftesicherung, Chancengerechtigkeit, Teilhabe und Armutsbekämpfung –, hat das Förderprogramm Vorbildcharakter. Aus diesem Grund haben es EU und Land als „Vorhaben von strategischer Bedeutung“ ausgewählt.

Beratung und Begleitung im Fokus der Förderung

Im Fokus des Förderprogramms stehen Beratung und sozialpädagogische Begleitung von zumeist Alleinerziehenden und Pflegenden, die eine Teilzeitausbildung absolvieren möchten oder bereits in der Ausbildung sind. „Fragen zur Kinderbetreuung, Berufsorientierung und zu Ausbildungsoptionen können mit den Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeitern geklärt werden. Auch praktische Erfahrungen an unterschiedlichen Lernorten sind möglich“, so Ulrike Sammet, Geschäftsführerin des Netzwerks Teilzeitausbildung Baden-Württemberg. Diese Koordinierungsstelle gibt es auf Landesebene seit 2011, um das Thema zu bündeln und zu verstärken. Seit 2015 wird es vom Wirtschaftsministerium gefördert. Im Mittelpunkt des Engagements stehen Veranstaltungen für die Fachöffentlichkeit, Fortbildungen und Öffentlichkeitsarbeit.

„Mit Blick auf den Fachkräftemangel steht für mich fest, dass die Entwicklung der Teilzeitausbildung weitergehen muss“, so Sammet weiter. Das beinhalte auch Fragen, die außerhalb des direkten Einflussbereichs der ESF Plus-Förderung lägen, zum Beispiel Finanzierung, Kinderbetreuung, Spracherwerb, Anerkennung von Schul- und Studienabschlüssen sowie Berufsschulunterricht. Sammet sagte: „Vor allem muss die Teilzeitausbildung aber noch bekannter werden, bei den Menschen, in den Betrieben und Kammern. Dazu tragen wir heute bei.“

Europäischer Sozialfonds Plus

Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist das wichtigste Finanzierungs- und Förderinstrument der EU für Investitionen in Menschen. Er zielt darauf ab, die Beschäftigungs- und Bildungschancen in der EU zu verbessern. Die aktuelle Förderperiode läuft von 2021 bis 2027 unter dem Programmnamen ESF Plus. Das Fördervolumen für Baden-Württemberg beträgt knapp 219 Millionen Euro.

Netzwerk Teilzeitausbildung Baden-Württemberg

Das Netzwerk Teilzeitausbildung Baden-Württemberg wurde von der Landesarbeitsgemeinschaft Mädchenpolitik Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit Akteurinnen und Akteuren im Arbeitsfeld der Teilzeitausbildung im Dezember 2011 gegründet. Zu den Mitgliedern zählen rund 125 verschiedene Einrichtungen und Organisationen wie Berufsbildungsträger, Jobcenter, Kammern, Agenturen für Arbeit, Kontakt- und Beratungsstellen, Verbände, Gewerkschaften, Behörden und Verwaltungen. Dieses breite Bündnis fördert und verbreitet die Umsetzung der Teilzeitausbildung auf Landesebene.

 

PM Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration

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