In der Denkschrift 2023 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg stellt der Landesrechnungshof die bestehende Landesförderung der Jugendsozialarbeit an öffentlichen Schulen und die fachliche Ausrichtung der Schulsozialarbeit in Baden-Württemberg in Frage. Heute wird diese Denkschrift im Finanzausschuss des Landtages beraten.
Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin ver.di: „Der Wert von Präventionsarbeit lässt sich nicht in Zahlen messen. Wenn wir uns als Gesellschaft einig sind, dass wir an unseren Schulen Schulsozialarbeit brauchen, dann müssen wir sie auch ausreichend und verlässlich finanzieren.“
Sabine Leber-Hoischen, Vorsitzende des Landesfachgruppenvorstands Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit bei ver.di Baden-Württemberg: „Eine sozialindexbasierte Zuweisung bedroht die Flächenwirkung der Schulsozialarbeit an allen Schulen und somit auch die Rahmen- und Arbeitsbedingungen der Schulsozialarbeit. Das fachliche Fundament der pädagogischen Beziehungsarbeit in der Sozialen Arbeit ist akut gefährdet und quantitative und qualitative Einbußen drohen. Schulsozialarbeit muss Standard an allen Schulen sein.“
ver.di fordert die fachliche Ausrichtung der Schulsozialarbeit nicht in Frage zu stellen. Ein offenes, niedrigschwelliges Angebot der Kinder- und Jugendhilfe an allen Schularten muss erhalten bleiben, sowie die sozialraumorientierte Ausrichtung, die eine fachliche Perspektive im Zusammenwirken mit anderen Unterstützungssystemen gewährleistet.
Binder: „Wir fordern, dass die Finanzierung auf Dauer auch durch das Land sichergestellt sein muss, denn die geltenden Fördergrundsätze laufen Ende 2024 aus. Gute Arbeit kann nur in verlässlichem Rahmen geleistet werden, die befristeten Fördergrundsätze müssen ein Ende finden. Schulsozialarbeit wird als Erfolgsmodell der Politik gefeiert, dies muss sich auch in einer Verstetigung und Verlässlichkeit für die Fachkräfte in der Schulsozialarbeit widerspiegeln.“
Hintergrund: Unter anderem berührt die Denkschrift des Landesrechnungshofs die seit Jahren gewachsene fachliche Ausrichtung der Schulsozialarbeit. Es wird unter anderem eine Veränderung der Bedarfsermittlung im Rahmen einer sozialindexbasierten Zuweisung von Landesmitteln für die Schulsozialarbeit gefordert. Das fachliche Verständnis von Schulsozialarbeit, wie es in den Grundsätzen des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg zur Förderung der Jugendsozialarbeit an öffentlichen Schulen vom 25.05.2020 formuliert ist, als eine „ganzheitliche, lebensweltbezogene und lebenslagenorientierte Förderung und Hilfe für alle jungen Menschen im Zusammenwirken mit der Schule“ ist akut in Gefahr.* Wird in der Zukunft eine verstärkte sozialindexbasierte Bedarfsplanung der Standorte der Schulsozialarbeit zum Tragen kommen, so hätte dies unter anderem die Auswirkung, dass wieder eine verstärkte Fokussierung auf Problemlagen von Sozialräumen und Zuschreibungen von subjektiven Bedarfslagen anhand von unterschiedlichen Faktoren (z. B. ökonomische) hergestellt werden. *Diese niedrigschwellige Ausrichtung und Offenheit in der Zielgruppe wird unter anderem durch den Frankfurter Kommentar zum SGB VIII von Münder/Meysen/Trenczek,§ 13a Schulsozialarbeit, Rn. 1 unterstützt. Dieser sieht vor, dass „die Schulsozialarbeit per se erstmal ein Infrastrukturangebot der Kinder- und Jugendhilfe am Ort Schule ist. Ihre Niedrigschwelligkeit und Offenheit für alle Kinder und Jugendlichen und Erziehungsberechtigten eröffnet die Möglichkeit, Kinder und Jugendliche zu begleiten und zu unterstützen, bevor multifaktorielle Problemlagen entstehen oder sich festigen. Über den Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen / Erziehungsberechtigten wird sich im Beratungsprozess der individuelle Unterstützungsbedarf weiter konkretisieren.“
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg