ver.di Baden-Württemberg kritisiert die heute beschlossene Weichenstellung zur Einrichtung einer Pflegekammer durch die Landesregierung aufs Schärfste. Irene Gölz, ver.di Landesfachbereichsleiterin Gesundheit, Soziales und Bildung:
„Pflegekammern werden nicht eingerichtet, um die Situation der Pflegefachpersonen zu verbessern, sondern zur Regulierung ihrer Berufsausübung. Kammern sind Institutionen für freie Berufe. Pflegefachpersonen sind aber zu 95 Prozent abhängig beschäftigt. Sie haben Arbeitgeber, darunter auch Pflegedirektionen, die ihnen genau vorschreiben können, wie sie zu arbeiten haben. Sie brauchen keine zusätzliche Institution, die ihnen weitere Vorschriften macht und möglicherweise Sanktionen auferlegt. Besonders pikant: dafür müssen die Pflegefachpersonen dann auch noch per Zwangsbeitrag zur Kammer bezahlen. Richtig ist, dass Pflegekräfte zu wenig Gehör bei der Politik finden. Denn die Vorschläge, was sich für eine gute Pflege ändern muss, liegen seit Jahren auf dem Tisch. Wenn die Landesregierung Pflegeberufe aufwerten will, muss sie anfangen, deren Arbeitsbedingungen endlich nachhaltig zu verbessern. Eine Kammer mit Zwangsmitgliedschaft ändert hierbei überhaupt nichts und trägt auch nicht dazu bei, die pflegerische Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen.“
Die Landesregierung will eine 60-prozentigen Zustimmung („Quorum“) zur Pflegekammer als Voraussetzung für deren Errichtung. Martin Gross, Landesleiter ver.di Baden-Württemberg: „Wer die Errichtung einer Kammer davon abhängig machen will, dass 60 Prozent der betroffenen Pflegefachpersonen dieser zustimmen, muss eine freiwillige Registrierung ermöglichen.“
Die Landesregierung will die Pflegefachpersonen durch die verpflichtende Übermittlung ihrer Daten über ihre Arbeitgeber registrieren. Die Pflegefachpersonen sollen dann lediglich im Nachhinein die Möglichkeit bekommen, dagegen Einspruch zu erheben. „Nach den heftigen Auseinandersetzungen um Pflegekammern in anderen Bundesländern befürchten Landesregierung und Ministerium wohl, dass sie das Quorum bei einer freiwilligen Registrierung nicht erreichen. Für eine demokratische Willensbildung ist Freiwilligkeit aber entscheidend und kann nicht nur aus einem Widerspruchsrecht bestehen,“ so Gross weiter.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg