Auf großen Kundgebungen in Stuttgart und Karlsruhe sowie Reutlingen, Friedrichshafen und Konstanz haben heute 16.000 Streikende demonstriert. In den genannten Regionen blieben heute hunderte Kitas geschlossen, gibt es an Kliniken ein reduziertes Operationsprogramm sowie Teil- oder Vollschließungen von Stationen und Verschiebungen von Behandlungen, blieb der Müll liegen, waren Bürgerbüros und Bäder sowie Jobcenter und auch Sparkassenfilialen geschlossen.
In Stuttgart, Karlsruhe, Baden-Baden, Konstanz und Esslingen wurde auch der dortige kommunale Nahverkehr bestreikt. Die Warnstreiks werden am Donnerstag in Freiburg, Heilbronn, Ulm und Esslingen fortgesetzt und am Freitag in Mannheim abgeschlossen.
Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter, sagte in Stuttgart vor gut 7.000 Streikenden: „Stuttgart als Beruf ist der Werbeslogan der Landeshauptstadt. Bitter, dass sich viele Beschäftigte diesen Beruf in dieser Inflationskrise nicht mehr leisten können. Deshalb sind sie wütend und empört, dass der Gemeinderat den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern die Aufwandsentschädigung jetzt um sage und schreibe 470 Euro erhöht hat, also mehr als verdoppelt. Wer 470 Euro oben mehr bezahlt, on top zum Gehalt, hat kein einziges Argument mehr gegen einen hohen Mindestbetrag. Ich erwarte von Oberbürgermeister Nopper, dass er sich nach diesem völlig überzogenen Schluck aus der Pulle beim KAV Baden-Württemberg uneingeschränkt für unsere Forderung nach 10,5 Prozent, mindestens 500 Euro mehr, stark macht. Damit sich nicht nur Bürgermeister Stuttgart als Beruf leisten können.“
Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin, sagte in Konstanz vor 600 Streikenden: „Das Angebot der Arbeitgeber ist nicht nur viel zu niedrig, es ist sozial krass ungerecht. Spitzenverdiener im öffentlichen Dienst sollen nach dem Willen der Arbeitgeber durch die Erhöhung der Jahressonderzahlung insgesamt fast vier Prozent mehr bekommen als Beschäftigte in den den unteren und mittleren Gehaltsgruppen. Wir müssen mit dieser Streikbewegung nicht nur die Prozentwerte gewaltig nach oben kriegen. Wir müssen vor allem auch die soziale Struktur des Angebots um 180 Grad drehen. Mit uns gibt es keinen Abschluss ohne einen hohen Mindestbetrag.“
ver.di fordert für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen eine Anhebung der Einkommen um 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Das Ergebnis soll später zeit- und wirkungsgleich auf Beamt:innen, Richter:innen, Soldat:innen und Soldaten sowie Versorgungsempfänger:innen übertragen werden.
ver.di führt die Tarifverhandlungen gemeinsam mit der GdP, der GEW, der IG BAU und dem dbb beamtenbund und tarifunion. Die erste von drei verabredeten Verhandlungsrunden war am 24. Januar in Potsdam, die zweite Runde am 22. und 23. Februar 2023. Die dritte und letzte verabredete ist vom 27. bis voraussichtlich 29. März 2023. In Baden-Württemberg arbeiten nach Zahlen des Statistischen Landesamtes von 2022 rund 236.000 Tarifbeschäftigte bei den Kommunen. Etwa 67 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, die Teilzeitquote beträgt rund 44 Prozent (insgesamt inklusive Beamt:innen). Außerdem haben die bundesweiten Verhandlungen unter anderem Auswirkungen auf den Verlauf der Tarifrunde von rund 10.000 Beschäftigten bei der Agentur für Arbeit und über 3.000 Beschäftigten bei der Deutschen Rentenversicherung im Land.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg