ver.di macht in dieser Woche durch Aktionen auf die alarmierende Situation in den Kindertageseinrichtungen aufmerksam. In ver.di organisierte Kitafachkräfte überreichen daher staatlichen Archiven und Museen in vielen Städten ab heute die Bildungspläne zur Aufbewahrung. Für Baden-Württemberg findet die Übergabe am Dienstag, 14. Februar, um 13:30 Uhr beim Staatsarchiv (Konrad-Adenauer-Straße 4, 70173 Stuttgart) statt.
ver.di erwartet rund 40 Beschäftigte aus Kitas. Die Bildungspläne, die in den Bundesländern von den jeweiligen Landesregierungen erstellt werden, beschreiben die Leitlinien für die frühkindliche Bildung. Sie gehen dabei von einem ganzheitlichen und inklusiven Bildungsbegriff aus. Ausgangspunkt sind „individuelle Bildungsansprüche“ des Kindes und das Recht des Kindes „auf eine uneingeschränkte, umfassende und an den individuellen Bedürfnissen orientierte Bildung“.
„Die Fachkräfte teilen diesen Anspruch an ihre Arbeit. Ihnen ist es wichtig, die Kinder gut in ihrem Bildungs- und Entwicklungsprozess zu begleiten. Im beruflichen Alltag ist das aber wegen der Fachkräftelücke nicht mehr möglich“, betont die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. Dieser Fachkräftemangel trifft auf Kitas, die ohnehin schon mit Personalschlüsseln ausgestattet sind, die nicht kindgerecht sind. Laut Auskunft der Fachkräfte im bundesweiten ver.di Kita-Personalcheck, fehlten im Sommer 2021 im Durchschnitt drei Fachkräfte, um in den Kitas fachlich angemessen arbeiten zu können, insgesamt mindestens 172.782 Fachkräfte bundesweit. Und das beim aktuellen Ausbaustand der Kindertageseinrichtungen.
In Baden-Württemberg fehlen laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung 2023 rund 16.800 Erzieher:innen. So viele Fachkräfte werden benötigt, um rund 58.000 Kita-Plätze schaffen zu können – und damit den Rechtsanspruch auf Betreuungsbedarf für alle Kinder im Land zu erfüllen. Gleichzeitig ist das Arbeitsfeld durch hohe Krankenstände geprägt, die sich auf eine Vielzahl von Corona-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und psychischen Erkrankungen, insbesondere durch die permanente Überlastung, zurückführen lassen. Für die Fachkräfte der Kindertageseinrichtungen bedeutet dies, dass sie die vorgegebenen fachlichen Ansprüche nicht mehr realisieren können. „Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden“, erklärt die stellvertretende ver.di-Vorsitzende. „Wir fordern die Verantwortlichen im Bund und in den Ländern auf, den quantitativen und qualitativen Ausbau des Systems der frühkindlichen Bildung und den damit verbundenen notwendigen Aufbau des Fachpersonals aufeinander abzustimmen. Das kann in Form eines Stufenplans erfolgen, der dann aber mit ausreichenden familien- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen flankiert werden muss, damit die Familien nicht unter der Versorgungsnotlage leiden. Das ist notwendig, weil die Kindertageseinrichtungen unter diesen Bedingungen für einen langen Zeitraum weder die Bildung der Kinder noch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten können.“ Die Übergabe der Bildungspläne zur Aufbewahrung verbinden die Fachkräfte der Kitas mit dem Wunsch, diese nach Beendigung der Krise wieder abzuholen. Sie möchten die Bildungspläne, solange diese nicht mehr in den Kitas angewendet werden können, gut verwahrt wissen.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg