ver.di hat heute erneut die rund 130 Psychotherapeut:innen in Ausbildung (PiAs) der vier Universitätskliniken Heidelberg, Freiburg, Tübingen und Ulm, zum Warnstreik aufgerufen. Die Gewerkschaft fordert für die betroffenen Beschäftigten eine Bezahlung gemäß ihrem Grundberuf als Psycholog:in und der geleisteten Wochenstunden.
Die eigentlich für heute geplante, vierte Verhandlungsrunde in Stuttgart wurde vom Arbeitgeberverband der Unikliniken kurzfristig abgesagt. Deshalb finden die Warnstreiks heute entgegen der ursprünglichen Planung dezentral statt und sind jetzt ein deutlicher Protest gegen die Absage. Irene Gölz, ver.di Landesfachbereichsleiterin Gesundheit, Soziales und Bildung: „Die kurzfristige Absage ist eine weitere, heftige Enttäuschung für die PiAs. Und ein ausgesprochen durchsichtiger Versuch der Arbeitgeber, deren existenzielles Anliegen in den anstehenden Gehaltstarifverhandlungen für alle Uniklinika-Beschäftigte zu verwässern. Obwohl sie fast alle über einen Masterabschluss verfügen und für die Patientinnen und Patienten dringend notwendige, von den Kassen teilrefinanzierte Therapien durchführen, werden die PiAs bezahlt wie Praktikantinnen und müssen gleichzeitig viel Geld für die theoretische Ausbildung bezahlen. Junge Menschen sind nach mindestens fünf Jahren Studium so noch immer abhängig von den Eltern, die sich das leisten können müssen, oder starten mit hohen Schulden in die Berufstätigkeit. Die Streikenden werden in ihrem seit Monaten andauernden Einsatz getragen von einer Welle der Unterstützung. Wir sind gespannt, insbesondere nach der jetzigen Absage, wie lange die Unikliniken noch brauchen, um endlich diese aus der Zeit gefallene Form der Ausbeutung zu beenden.“
Die PiAs haben sich in diesem seit März andauernden Tarifkonflikt fast vollständig bei ver.di organisiert und waren fast alle bis zu sechs Tage im Streik. Gölz: „Das ist auch Ausdruck der Tatsache, dass sich die PiAs durch die ablehnende Haltung des Arbeitgebers gegenüber ihren Forderungen massiv in ihrer Berufsehre angegriffen fühlen. Sie arbeiten hochprofessionell und selbstständig, sind unverzichtbar für eine gute Behandlung der Patientinnen und Patienten, werden aber mit einem Hungerlohn abgespeist.“
Hintergrundinformationen: ver.di fordert für die rund 130 Psychotherapeut*innen in Ausbildung der vier Universitätskliniken im Land, Heidelberg, Freiburg, Tübingen und Ulm, eine Eingruppierung entsprechend ihrem Grundberuf als Psycholog:in und die Anwendung des Tarifvertrages Unikliniken Baden-Württemberg auf die Arbeitsverhältnisse. Die Unikliniken haben in vier Verhandlungsrunden kein verhandelbares Angebot vorgelegt und bestreiten, dass eine Verbesserung der Situation der PiAs notwendig ist. Psychotherapeut:innen in Ausbildung sind ausgebildete Psycholog:innen oder Pädagog:innen (überwiegend Frauen), die fast alle ein mindestens fünfjähriges Studium hinter sich und mit einem Master, wenige auch mit einem Bachelor abgeschlossen haben. Psychotherapeut:innen dürfen sie sich nur nennen, wenn sie weitere drei bis fünf Jahre eine entsprechende Weiterbildung absolvieren. In dieser Zeit arbeiten sie sechs bis 18 Monate in Kliniken und therapieren dabei selbstständig. Ohne die PiAs könnte die Therapie der Patientinnen und Patienten in den Kliniken nicht aufrechterhalten werden. So auch in den vier Unikliniken. Für ihre Arbeit – in der Regel 26 Wochenstunden – bekommen die PiAs bisher monatlich 1.385 Euro brutto. Zusätzlich zahlen sie für ihre Weiterbildung zwischen 300 und 1.000 Euro im Monat aus eigener Tasche an die meist uniklinikeigenen Weiterbildungs-Institute. ver.di fordert für die PiAs dagegen 2.800 Euro brutto monatlich, um sie damit korrekt entsprechend ihrem Grundberuf als Psycholog:innen zu bezahlen. Das wäre das Gehalt in der Entgeltgruppe 13 für 26 Wochenstunden.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg