Unter dem Motto „Wir sind die Brückenbauer* innen in dieser Gesellschaft“ hat ver.di heute bundesweit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter sowie andere Berufsgruppen, die ebenfalls in der Sozialarbeit tätig sind, zu einem Streik- und Aktionstag aufgerufen. In Jugendämtern, Beratungsstellen, Jugendhäusern, in der Straßensozialarbeit, in Kliniken und vielen anderen sozialen Diensten legen Beschäftigte aus diesen Bereichen die Arbeit nieder.
In Baden-Württemberg streiken Beschäftigte der sozialen Dienste unter anderem in Mannheim, Stuttgart mit den umliegenden Landkreisen, in Ulm und Heilbronn. In Reutlingen und Tübingen sind zudem auch Beschäftigte aus Kitas und Grundschulbetreuung mit aufgerufen. Insgesamt haben heute 900 Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst im Land die Arbeit niedergelegt. Am Mittwoch wird der Schwerpunkt der Warnstreiks in Kitas und schulischem Ganztag liegen. Anlass für den bundesweiten Streik- und Aktionstag ist die aktuelle Tarifauseinandersetzung mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst. Die vorangegangenen beiden Tarifrunden im Februar und im März verliefen ergebnislos. ver.di fordert in den Tarifverhandlungen eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel und die finanzielle Anerkennung der Arbeit der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst.
Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter: „In der Sozialarbeit sind die Herausforderungen in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die Pandemie und der Krieg in der Ukraine verschärfen die Situation weiter. Es ist nicht einzusehen und ein völlig falsches Signal an junge Menschen, wenn in der Sozialarbeit deutlich weniger verdient wird als mit vergleichbaren Abschlüssen in technischen Berufen. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter müssen bezahlt werden wie Ingenieurinnen und Ingenieure.“ Neben der angemessenen Bezahlung geht es den Streikenden auch um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel. Laut Bundesagentur für Arbeit gehören die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter zu den gefragtesten Akademiker*innen. Dies spiegelt sich auch in dem wachsenden Fachkräftemangel wider. ver.di verhandelt deshalb in der laufenden Tarifrunde für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst auch über Zeit und Qualifikation für die Anleitung von Studierenden in Praxisphasen, über Mentoring in der Einarbeitungsphase und die Entlastung der Beschäftigten. Bislang sind diese Forderungen bei der Arbeitgeberseite auf Ablehnung gestoßen.
Aktionen und Warnstreiks in Baden-Württemberg nach ver.di Bezirken in der kommenden Woche:
Rhein-Neckar: Warnstreik am 2. Mai in den sozialen Diensten in Mannheim. Warnstreik am 4. Mai in Mannheim in Kitas und Grundschulbetreuung. Picknick und Kundgebung auf der Neckarwiese zwischen neun und elf Uhr, danach Flash Mob und Aktion auf der Kurpfalzbrücke. K
Stuttgart: 2. Mai Warnstreik in den Sozialen Diensten bei der Stadt Stuttgart sowie im Klinikum und den Landratsämtern Ludwigsburg, Rems-Murr, Böblingen. Treffen im Gewerkschaftshaus in Stuttgart, 4 nach 12 Uhr Aktion in Stuttgart vor dem Rathaus unter dem Motto wir löschen nur noch Brände. 4. Mai Warnstreik in Kitas in Stuttgart und in den Landkreisen Ludwigsburg, Rems-Murr, Böblingen. Demo gegen zehn Uhr beim Gewerkschaftshaus zum Rathaus, Aktion Pädagogische Betreuung am Limit gegen elf Uhr vor dem Rathaus, weitere Aktionen in den Landkreisen geplant. 5. Mai Aktion in der Behindertenhilfe in Markgröningen um 15.45 bis 16.15 Uhr.
Ulm-Oberschwaben 2. Mai ganztägiger Warnstreik bei der Stadt Ulm Abteilung Soziales, um 11 Uhr Aktion am Neuen Brunnen, Hirschstrasse. 4. Mai ganztägiger Warnstreik Stadt Ulm Kindertagesstätten mit Kundgebung am Weinhof. 5. Mai Warnstreik bei der Lebenshilfe Donau-Iller mit Aktion im Innenhof (Neu-Ulm, Finningerstr.).
Heilbronn-Neckar-Franken Am 2.5. Branchenstreiktag Soziale Arbeit in Heilbronn. Am 4.5. Branchenstreiktag Erzieher*innen in Heilbronn. Aufgerufen zum Streik sind der Stadt und Landkreis Heilbronn. Beginn Kundgebung gegen 10:00 Uhr auf dem Killiansplatz in Heilbronn, Rednerin Nancy Hehl. Am 5.5. Aktionstag Behindertenhilfe und Streik in den Kitas in Crailsheim, Kundgebung um 9:30 Uhr auf dem Schweinemarktplatz in Crailsheim. Am 6.5. Warnstreik in Schwäbisch Hall und Kupferzell in allen SuE-Bereichen. Kundgebung am ZOB in Schwäbisch Hall gegen neun Uhr.
Mittelbaden-Nordschwarzwald Warnstreik am 3. Mai bei der Stadt Pforzheim und beim Landratsamt Enzkreis mit Kitas und sozialen Diensten. Treffpunkt um neun Uhr am Landratsamt mit Kundgebung.
Südbaden Schwarzwald: Am 4. Mai ist „Streiktag am See“ im Landkreis Konstanz in Radolfzell mit mehreren Hundert Streikenden.
Fils-Neckar-Alb: Montag, 2.5.: Warnstreik in den Landkreisen Reutlingen und Tübingen, 11 Uhr Demo ab Platanenallee Tübingen, 12 Uhr Kundgebung Platanenallee, Rednerin: Hanna Binder (stv. Landesbezirksleiterin). Dienstag, 3.5.: Warnstreik im Landkreis Göppingen, 10:30 Demo vom Bahnhof Göppingen durch die Innenstadt, 12:00 Kundgebung am Bahnhofvorplatz Göppingen, Redner Martin Gross (ver.di Landesbezirksleiter). Mittwoch 4.5.: Warnstreik im Landkreis Esslingen, 10:30 Demo vom Bahnhofplatz zum Rathausplatz, 12:00 Kundgebung am Rathausplatz Esslingen, Redner Martin Gross (ver.di Landesbezirksleiter). Freitag 6.5.: Warnstreik im Landkreis Zollernalb, 11:00 Uhr Kundgebung Marktplatz Balingen, Redner Benjamin Stein (Geschäftsführer).
Weitere Informationen zur aktuellen Situation in den Einrichtungen und sozialen Diensten: Die Beschäftigten in Sozialämtern, in Kitas und vielen anderen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes wollen die aus der Ukraine Geflüchteten unterstützen, stoßen dabei aber häufig an ihre Grenzen, weil zu wenig Personal zu viele Aufgaben bewältigen muss. Die Überlastung ist in den sozialen Diensten und den Kitas besonders deutlich. Platzmangel, zu große Gruppen, Fluktuation, Fachkräftemangel und die hohe Erkrankungsrate der Beschäftigten lassen es nicht mehr zu, den Kindern gerecht zu werden. Die Krisensituation verschärft die Arbeitsbelastung zusätzlich, da Kinder und Eltern mit Kriegserfahrungen besondere Zuwendung benötigen. Gleiches gilt für die Jugendämter. Sozialarbeiter*innen mussten schon während der Pandemie wegen steigender Anforderungen Entscheidungen treffen, ohne die Familie und die Kinder gesehen zu haben. Nun treffen Großeltern mit Enkelkindern, Mütter mit Kindern und unbegleitete Kinder und Jugendliche auf der Suche nach Schutz ein. Es müssen Strukturen aufgebaut werden, die gewährleisten, dass die Familien die notwendige Sicherheit erfahren. Kleine Kinder sollten nicht von ihren Bezugspersonen getrennt werden. Zudem muss eine professionelle sozialpädagogische Koordination erfolgen und Fachpersonal zur psychosozialen Betreuung und der Aufarbeitung von Traumata bereitstehen. Für die Integration der Kinder in die Kindertageseinrichtungen und in den schulischen Ganztag braucht es aus Sicht von ver.di deshalb vorübergehend Zusatzkräfte, die nicht auf den Personalschlüssel angerechnet werden. Besonders hilfreich wäre die Einstellung von ukrainischen Muttersprachlerinnen und Muttersprachler mit professionellem pädagogischen Hintergrund. Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst der Kommunen gehören zwar zum TVöD, die Eingruppierungsregelungen sowie weiterer Regelungen etwa zum Gesundheitsschutz sind in einem eigenen Tarifvertrag vereinbart, der erstmals 2009 und dann erneut 2015 verhandelt wurde. Bereits 2020 sollte die dritte Runde stattfinden, diese wurde aber wegen der Corona-Pandemie verschoben. Für ver.di stehen in der Verhandlungsrunde drei Schwerpunkte im Vordergrund. Dazu gehören die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel und die finanzielle Anerkennung der Arbeit. ver.di und die VKA verhandeln für rund 330.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst der Kommunen. Von den Verhandlungen betroffen sind aber auch zahlreiche Beschäftigte bei anderen Trägern, die die Verhandlungsergebnisse übernehmen. Hinweis: Die dritte Verhandlungsrunde findet am 16. und 17. Mai in Potsdam, Kongresshotel, Am Luftschiffhafen 1, statt. Direkt von den Verhandlungen betroffen sind in Baden-Württemberg die kommunal Beschäftigten pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen, in der Schulkindbetreuung, in der Sozialarbeit und der Behindertenhilfe. Alleine in der frühkindlichen Bildung sind damit rund 45.000 Beschäftigte in Baden-Württemberg direkt in kommunalen Einrichtungen betroffen, knapp 60.000 Beschäftigte sind bei Kitas von freien Trägern direkt oder indirekt berührt. Zusammen betreuen sie 473.000 Kinder. Darüber hinaus sind direkt oder indirekt im Land weitere 32.000 Beschäftigte in sozialen Diensten und Einrichtungen von den Verhandlungen betroffen.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg