Gute Nachrichten gab es für die Beschäftigten bei Accuride in Solingen. Große Nachfrage nach Rädern bestätigt der dortige Geschäftsführer in einem Bericht des Solinger Tagblatt Mitte August. Von diesem Wachstum profitieren die Beschäftigten von Accuride Ebersbach, früher Südrad, leider nicht mehr.
In 2019 begründete die Geschäftsführung die Schließung des Standortes Ebersbach mit „derzeitigen und zukünftigen“ nicht vorhandenen Kundenbedarfen. Weit gefehlt. So kann sich Solingen nicht erklären, woher die Nachfrage kommt. Wie eindeutig jedoch die unternehmerische Entscheidung zur Vernichtung von Arbeitsplätzen war, haben ca. 300 Beschäftigte zu spüren bekommen. Und damit noch nicht genug.
In aufwendigen Verhandlungen im Juli 2019 ist es der IG Metall und dem Betriebsrat gelungen, einen sehr guten Sozialplan abzuschließen. Der Schwerpunkt bildetet neben den reinen Abfindungen eine Transfergesellschaft, die den Mitarbeitern die Möglichkeit bietet, sich mit professioneller Hilfe auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten und gut vermittelt zu werden. In Anbetracht der fast 100 Beschäftigten die über 55 Jahre alt waren und lange Jahre der Betriebszugehörigkeit vorweisen, eine Herausforderung.
Der Hammer kam dann im Mai 2020.
Begründet mit der wirtschaftlich schwierigen Situation des Konzerns verlangte die Geschäftsführung vom Betriebsrat Verhandlungen darüber, wie die Abfindungszahlen verschoben werden könnten. Liquiditätssicherung auf Kosten der Anspruchsberechtigten. Der Betriebsrat hat sich Gesetzeskonform verhalten und geprüft, ob die Geschäftsgrundlage entfallen ist und sich nicht auf Verhandlungen eingelassen. In Folge kam es zu einer Einigungsstelle, die der Frage nachging, ob die Ausgangslage bei Abschluss des Sozialplans eine andere war, wie zur Fälligkeit der ersten Abfindungen im Juni 2020. Für alle diejenigen, denen eine Abfindung laut Sozialplan zugestanden hat, ist die Welt zusammengebrochen. Die meisten ehemaligen Südradler sind auf diese Abfindungen dringend angewiesen. Nur erhalten haben sie diese nicht. Auch Protestaktionen mit der IG Metall vorm Werk brachten die amerikanische Führung nicht zur Einsicht. „Für uns ist das eine große Sauerei was hier passiert ist,“ ärgert sich Betriebsratsvorsitzender Jens Zemihn heute noch. „Wie hier mit gültigen Verträgen umgegangen wird, ist absolut nicht wertschätzend.“
Selbst die so hart erkämpfte Patronatserklärung war keine Verpflichtung für den Konzern, die zugesagten Abfindungen vereinbarungsgemäß zu bezahlen. Den Beschäftigten bleibt nun aufgrund der euphorischen Presseberichterstattung aus Solingen die Hoffnung, die in der Einigungsstelle gefundene Regelung, monatlich einen fixen Betrag bis November und die restliche Abfindung komplett im Dezember 2021 zu erhalten. „Sollte auch diese Vereinbarung nicht halten, hält uns nichts mehr,“ so die IG Metall Betriebsbetreuerin Renate Gmoser. Wohlwissend, dass der rechtliche Weg ein langer ist.
PM IG Metall Göppingen-Geislingen