Nachdem die Arbeitgeber in der Manteltarifrunde für die Beschäftigten im privaten Omnibusgewerbe in Baden-Württemberg am Samstag in der vierten Verhandlungsrunde die Verhandlungen abgebrochen und verlassen hatten, ruft ver.di nun die Beschäftigten zur Urabstimmung auf. Diese wird in den Streikbetrieben bis zum 8. Juli durchgeführt, teilweise begleitet durch Warnstreiks.
Arbeitsniederlegungen werden weiterhin zwei Tage vorher bekanntgegeben. Die Warnstreiks beginnen am Donnerstag im ver.di Bezirk Stuttgart bei der
– LVL Jäger Ludwigsburg – Spillmann Bietigheim-Bissingen – Wöhr Weissach – OVR in Waiblingen, Backnang und Hemmingen – WBG in Ludwigsburg – Fischle in Waiblingen – Friedrich Müller Omnibusunternehmen GmbH in Sachsenheim, Beilstein, Oberstenfeld, Besigheim, Ludwigsburg, Böblingen, Backnang und Marbach.
Weitere Warnstreiks sind ab Freitag geplant. Hanna Binder, ver.di Verhandlungsführerin: „Das Problem der unbezahlten und ausufernden Standzeiten muss gelöst werden. Dafür haben die Arbeitgeber bisher keinerlei ernstzunehmenden Vorschlag gemacht, jetzt verweigern sie sogar weitere Verhandlungen. Wir werden deshalb den Druck mit Urabstimmung und Warnstreiks Schritt für Schritt erhöhen, bis die Arbeitgeber mit einem echten Angebot an den Verhandlungstisch zurückkehren. Die Fahrerinnen und Fahrer sind nicht länger bereit, mit ihrer Lebenszeit den ÖPNV künstlich billiger zu machen. Auch die Politik muss nun entscheiden, ob die Mobilitätswende im Land mit Kostendruck von oben gelingen kann. Es reicht nicht aus, E-Busse zu subventionieren, es geht auch um die Menschen hinterm Steuer.“ Der ver.di-Landesfachbereichsleiter Verkehr, Andreas Schackert, wendet sich an die Landesregierung und den Landkreistag: „Was in Hessen und Rheinland-Pfalz selbstverständlich ist, muss auch im reichen Baden-Württemberg endlich Standard werden. Der Baden-Württemberg- Index des Verkehrsministeriums, mit dessen Hilfe die Kostensteigerung aus den Tarifabschlüssen den Verkehrsunternehmen ersetzt werden, darf nicht nur für Neuverträge gelten. Wie in den Nachbarländern muss der Index auch rückwirkend auf Altverträge angewandt werden. Die Mehrkosten hierfür können nicht allein bei den Aufgabenträgern verbleiben, das Land muss Verantwortung für anständige Arbeitsbedingungen im ÖPNV übernehmen. Sonst ist die Tarifautonomie in dieser Branche akut gefährdet.“ ver.di fordert, dass während einer Dienstschicht nur die nach Arbeitszeitgesetz vorgeschriebenen Pausenzeiten unbezahlt bleiben. Die Arbeitgeber bestanden in den Verhandlungen darauf, dass mehr als das Vierfache der gesetzlichen Pausenzeiten unbezahlt bleiben kann. So wäre es weiterhin möglich, dass von mehr als acht Stunden Schichtzeit nur sechs Stunden bezahlt werden, ebenso wären mehr als zwölf Stunden Schichtzeit bei lediglich neun Stunden bezahlter Arbeitszeit möglich.
Weitere Informationen:
In den Manteltarifverhandlungen für das private Omnibusgewerbe zwischen ver.di und dem Arbeitgeberverband von Baden-Württemberg WBO fanden bisher vier Verhandlungsrunden statt. ver.di fordert unter anderem eine Pausenregelung nach dem Arbeitszeitgesetz, eine Vereinheitlichung der Sonntags- und Nachtzuschläge auf höherem Niveau sowie die Aufnahme von Verhandlungen für eine betriebliche Altersvorsorge. Nachdem die Arbeitgeber in der dritten Runde kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt hatten und weiterhin auf einer Absenkung der Jahressonderzahlung beharren, hatte die Tarifkommission beschlossen, zu ersten Warnstreiks aufzurufen. Diese fanden zwischen dritter und vierter Runde unter anderem in Reutlingen, Tübingen, Backnang, Neuenstadt, Murrhardt, Schwäbisch Hall und im Raum Karlsruhe, in Tuttlingen, Göppingen, Geislingen, Ludwigsburg, Bietigheim-Bissingen, Weissach im Tal, Marbach und Sachsenheim statt. Fahrer*innen müssen in etlichen Betrieben 3 bis 4 oder mehr Stunden Pause pro Schicht nehmen. Die Schichten sind bisweilen sogar länger als zehn oder gar zwölf Stunden. ver.di erwartet, dass die Rechtsprechung von 2016 endlich in den Betrieben umgesetzt wird, nach der mehr als eine Stunde unbezahlter Pausenzeit innerhalb einer Schicht regelmäßig unzulässig ist. „Das ist seit fünf Jahren geltendes Recht. Dass wir darüber überhaupt verhandeln müssen, ist bitter. Die Arbeitgeber wissen das und fordern selbst auch eine Aktualisierung der Pausenregelung – allerdings mit dem Ziel, die gängige Praxis weitgehend zu legalisieren, anstatt den Fahrerinnen und Fahrern die Schichtzeit samt Standzeiten zu bezahlen“, so Binder. Betroffen sind von den Verhandlungen rund 9.000 Fahrerinnen und Fahrer der privaten Omnibusunternehmen in ganz Baden-Württemberg.
Weitere Infos zur Tarifrunde: https://bawue.verdi.de/++file++60c6ebdbac443e6ac37b5f16/download/Pressereader%20Tarifrunde%20Privates%20Omnibusgewerbe.pdf
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg