Mit einem Brandbrief haben sich Betriebs- und Personalräte aus über 140 Unternehmen des öffentlichen und privaten Personennahverkehrs (ÖPNV) an Landes- und Bundespolitiker, unter anderem an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und Bundesfinanzminister Olaf Scholz, gewandt, darunter auch aus 19 Unternehmen aus Baden-Württemberg.
Gemeinsam mit ver.di appellieren sie an Bund und Länder, Einsparungen und Preiserhöhungen im ÖPNV zu verhindern und stattdessen in eine krisenfeste und klimagerechte Mobilitätswende zu investieren. ver.di und die Beschäftigtenvertreter sehen den ÖPNV und die Mobilitätswende in akuter Gefahr, wenn die Politik nicht handelt. „Für den ÖPNV sind die Kommunen verantwortlich, aber ihnen fehlt auch wegen der Corona-Krise das Geld. Deshalb brauchen sie dringend Unterstützung“, betont die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle. Die Fahrgeldausfälle durch die Pandemie werden schätzungsweise 7 Milliarden Euro, die Verluste der Kommunen durch Gewerbesteuerausfälle für 2021 weitere 7 Milliarden Euro betragen. Schon jetzt denken einige Kommunen darüber nach, beim ÖPNV zu sparen, das Angebot zu reduzieren und die Fahrpreise zu erhöhen. Die Fortführung des ÖPNV-Rettungsschirms in 2021 mit je einer Milliarde Euro von Bund und Ländern – davon 50 Millionen Euro unmittelbar durch das Land Baden-Württemberg – ist aus Sicht von ver.di Baden-Württemberg zu begrüßen, jedoch mit Blick auf die Zukunft nicht ausreichend. „Die neue Landesregierung hat sich einen erheblichen Ausbau des ÖPNV auf die Fahnen geschrieben. Das Geld dafür können viele Kommunen nicht allein aufbringen. Das Land muss hier dauerhaft Mitverantwortung für die Finanzierung übernehmen“, fordert ver.di Landesbezirksleiter Martin Gross gemeinsam mit den Betriebs- und Personalräten: „Nur so können gute Beschäftigungsstandards gewährleistet werden. Die brauchen wir, um überhaupt genug Menschen zu finden, die in Zukunft den ÖPNV ermöglichen. “ Die Finanzierung muss deshalb auf neue Beine gestellt werden: „Wir wollen unseren Kindern einen lebenswerten Planeten hinterlassen“, heißt es in dem Brief. Ohne den Ausbau des ÖPNV seien die Klimaziele nicht erreichbar: „Bund und Länder haben sich das Ziel gesetzt, bis 2030 die Fahrgastzahlen im ÖPNV gegenüber 2019 zu verdoppeln. Das ist nur mit zusätzlicher, langfristiger Finanzierung aus Steuermitteln der Länder und des Bundes erreichbar.“
Nach zwei Jahrzehnten Sparmaßnahmen besteht schon heute ein akuter Fachkräftemangel von 15.000 Beschäftigten. Bis zum Jahr 2030 werden zudem 100.000 Beschäftigte in den Ruhestand gehen, das ist jeder Zweite. Um in diesem Zeitraum die Ausbauziele zu erreichen, werden nach Berechnungen der Gewerkschaft in den kommenden Jahren darüber hinaus zusätzlich 70.000 Beschäftigte benötigt. Diese Fakten verdeutlichen einen dringenden Handlungsbedarf und die Notwendigkeit einer starken finanziellen Unterstützung. Um die Ausbauziele zu erreichen, fordert ver.di, bis 2030 jährlich 10 Milliarden Euro zusätzlich in Infrastruktur, Fahrzeuge, Betrieb und Personal zu investieren. Neben dem Brandbrief an politisch Verantwortliche unterstützen Beschäftigte in zahlreichen ÖPNV-Unternehmen in dieser Woche die Forderungen der Betriebs- und Personalräte mit Aktionen in den Betrieben und in der Öffentlichkeit.
Den Brandbrief der Betriebs- und Personalräte finden Sie hier: https://verkehr.verdi.de/branchen/busse-und-bahnen
Veranstaltungshinweis: Am 7. Juni 2021 werden Politiker*innen, Gewerkschafter*innen und weitere Expertinnen und Experten in einem ÖPNV-Gipfel, zu dem ver.di einlädt, über das Thema „Verantwortung übernehmen für einen klimagerechten und krisenfesten ÖPNV“ diskutieren. Diese digitale Diskussion kann in einem Live-Stream verfolgt werden.
Programm des ÖPNV-Gipfels https://verdi-waehlt.verdi.de/veranstaltungen/++co++00bbe43c-b972-11eb-ac95-001a4a160129
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg