ver.di Baden-Württemberg hat heute Vormittag im Rahmen einer Online-Pressekonferenz vorgestellt, was aus Sicht der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft für den Gesundheitsschutz der Beschäftigten, der Kinder und deren Eltern sofort umgesetzt werden muss.
Dazu hat ver.di sein Programm für eine möglichst sichere Öffnung der Kitas und Grundschulbetreuung aus dem Januar 2021 ergänzt und auf 13 Punkte erweitert: Die Gewerkschaft fordert unter anderem ein klares und verbindliches Testkonzept, eine umsetzbare Impfstrategie für die Beschäftigten, Quarantäne-Regeln, die das Kohortenprinzip festigen, sowie endlich, wie für die Schulen, die Beteiligung der Regierungsspitze am runden Tisch Kitas. Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter: „Die Kolleginnen und Kollegen fühlen sich in den Einrichtungen alleine gelassen. Während für die Schulen inzwischen ein Gipfel unter Beteiligung des Ministerpräsidenten Kretschmann stattgefunden hat, fehlen für den viel riskanteren Kita-Betrieb teilweise immer noch verbindliche und sichere Konzepte. Es müssen jetzt nach den Osterferien landesweite Rahmenbedingungen vorgegeben werden, innerhalb derer Kommunen und Träger die pädagogische Arbeit organisieren können. Damit die Beschäftigten nicht jeden Morgen am Kita-Tor neue Regeln durchsetzen müssen. Pädagogische Fachkräfte sind für die Kinder verantwortlich und keine Türsteher der sich ständig ändernden Coronapolitik des Landes. Dafür hatten wir bereits im Januar konkrete und umsetzbare Vorschläge gemacht.“ Hansi Weber, ver.di Landesfachgruppenvorsitzende Sozial-, Kinder- und Jugendhilfe: „Die Beschäftigten in Kitas und Schulkindbetreuung gehen auf dem auf dem Zahnfleisch. Unter sich permanent ändernden Rahmenbedingungen werden die pädagogischen Fachkräfte vor Ort mit den entstehenden, wechselnden Belastungssituationen nach 13 Monaten Pandemie immer noch größtenteils alleine gelassen. Tests gibt es, wenn die Kommunen welche bekommen haben oder eigenständig ausreichend zur Verfügung stellen, FFP 2 Masken gibt es, aber nicht immer in ausreichender Menge. Selbst bei denjenigen die einen Impftermin bekommen haben ist es ein hin und her, weil sich wöchentlich die Vorgaben zum Impfstoff ändern. Wir brauchen ein landesweites Monitoring. Damit wir in den kommenden entscheidenden Wochen der Pandemiebekämpfung schnell und vor allem gezielt mit dem richtigen Instrumentarium auf das Infektionsgeschehen in den Einrichtungen reagieren können.“ Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin und Landesfachbereichsleiterin Gemeinden: „Die Landesregierung empfiehlt immer noch Kinder mit Schnupfen in die Kitas zu schicken, obwohl dies eines der Symptome einer COVID-19 Erkrankung sein kann. Der Mindestpersonalschlüssel wurde zu Beginn der Pandemie um 20 Prozent gesenkt, um bei geteilten Gruppen und wegen Vorerkrankungen ausgefallenem pädagogischen Personal eine Betreuung sicherzustellen. Bei dem bereits vorher knappen Personal hat dies zu einer deutlichen Überlastung geführt. Statt einer Verschlechterung der Betreuung muss es eine Anpassung der Öffnungszeiten geben, um anwesenden Kindern und Beschäftigten gerecht zu werden. Nur mit ausreichend Personal kann der Gesundheitsschutz mit Kleinkindern so gut wie nötig organisiert werden.“
Die Beschäftigten und ver.di fordern die Landesregierung auf, folgende 13 Punkte jetzt vollständig umzusetzen. (Das bisherige zehn-Punkte-Programm wurde dafür aktualisiert und um drei Punkte ergänzt, neue Punkte sind in eckigen Klammern sowie am Anfang aufgenommen):
[1. Die Beteiligung der Spitze der Landesregierung am runden Tisch Kitas. Die Sicherheit offener Kitas muss jetzt auch bei der Landesregierung endlich Chefsache werden.]
[2. Ein Monitoring des Infektionsgeschehens sowie der Maßnahmen in den Kitas: Wo sind die Infektionsherde (Cluster), wie schwer sind die Verläufe, wie hoch steigt durch die Kita-Öffnung die Intensivbettenbelegung, wie sieht die Mutationsrate aus, wie ist der Impfstatus der Beschäftigten, wie laufen die Testungen, welche Maßnahmen schützen am effektivsten]
[3. Für die zweimalige Testung der Kinder und Beschäftigten pro Woche müssen endlich umsetzbare Konzepte organisiert werden und wie an den Schulen geplant eine Testpflicht eingeführt werden. Das Testangebot für die Kinder muss mit Blick auf die Möglichkeiten vor Ort geregelt sein und darf keine Zusatzbelastung für die Beschäftigten darstellen. Test-Kits müssen in ausreichender Zahl vor Ort für alle kostenlos verfügbar sein.]
[4. Für die freiwillige Impfung der Beschäftigten, die ohne eine Einhaltung der AHA+L-Regeln jeden Tag Kontakt zu vielen Kindern und Eltern haben, müssen Terminangebote organisiert werden, damit das Personal so schnell wie möglich durchgeimpft werden kann.]
[5. Ein einheitliches und verlässliches Quarantänekonzept, das verbindlich regelt, wann nur eine Gruppe und wann eine ganze Kita geschlossen werden muss und die Betroffenen in Quarantäne geschickt werden. Um das Kohortenprinzip zu festigen, sollte dieses Quarantäne-Konzept die Einhaltung des Kohortenprinzips strikt berücksichtigen.]
6. Die Landesregierung muss festlegen, aufgrund welcher Inzidenzwerte sie entscheidet: Kitas ganz zu schließen; Kitas mit Notbetreuung in welchem Umfang zu öffnen; Kitas vollständig unter Pandemiebedingungen zu öffnen. [Für die die Notbetreuung an Schulen wurden am 6. April endlich verbindliche Werte für Gruppengrößen in Abhängigkeit von der Inzidenz festgelegt. Eine analoge Regelung muss nun auch für den Kita-Bereich getroffen werden.] Der Grad der Öffnung einer Einrichtung muss auch davon abhängen, ob sie diese Kriterien einhalten kann. Deswegen und weil sich die räumlichen Gegebenheiten, die Möglichkeit, ausreichend zu Lüften und die personelle Ausstattung von Einrichtung zu Einrichtung massiv unterscheiden, müssen die Beschäftigten bei der Gestaltung der jeweiligen Öffnung berücksichtigt werden.
7. Medizinische Masken und FFP-2-Masken müssen für alle Beschäftigten vor Ort in ausreichender Menge bereitgestellt sein. [Dieser Punkt ist inzwischen weitestgehend erfüllt.]
8. Die Homeoffice-Pflicht für Beschäftigte gilt auch in Kitas und Grundschulbetreuung: Alles, was daheim erledigt werden kann, muss auch daheim erledigt werden dürfen: Elterngespräche, Vor- und Nachbereitung, die gesamte konzeptionelle Arbeit, Kontakt zu Kindern, die nicht in der Betreuung sein können. Dafür müssen die Beschäftigten mit den dafür notwendigen digitalen Endgeräten ausgestattet werden.
9. Welches Kind in eine Notbetreuung darf, muss wie im ersten Lockdown endlich verbindlich festgelegt werden. Die Entscheidung und Verantwortung darf nicht weiter Eltern und Beschäftigten überlassen werden.
10. Medizinische Maskenpflicht auf dem gesamten Kita- oder Schulgelände für alle Externen (Eltern, Handwerker). Eltern müssen in der Kita zu allen Beschäftigten und anderen Kindern zwingend und jederzeit den Mindestabstand einhalten. [Dieser Punkt ist inzwischen erfüllt.]
11. Kurzarbeit ist in den kommunalen Kitas nach dem TV-Covid nicht vorgesehen. Da die Kitas nie ganz geschlossen sind, darf es keine Kurzarbeit geben. Wir brauchen mehr und nicht weniger Beschäftigte für die Umsetzung des Gesundheitsschutzes.
12. Wenn das Personal nicht für die festen und ggf. kleineren Gruppen ausreicht, müssen Öffnungszeiten reduziert werden.
13. Betreuung ganztägig nur in festen Gruppen und Kohortenprinzip. Auch die Beschäftigten sollten in festen Tandems gemeinsam im Team arbeiten. Das bietet den größtmöglichen Schutz in einer geöffneten Kita und verhindert gleichzeitig die Schließung der ganzen Einrichtung, wenn Infektionen auftreten.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg