– Trendwende bei der Beschäftigung: Rückgang seit Jahresbeginn
Im Bezirk der Agentur für Arbeit Göppingen, der die Landkreise Esslingen und Göppingen umfasst, hatten Corona, Strukturwandel und konjunkturelle Schwäche den Arbeitsmarkt fest im Griff. Strukturschwäche und konjunkturelle Eintrübungen, die sich schon vor Corona auf dem Arbeitsmarkt gezeigt hatten, wurden verstärkt. Die Wirtschaft und die Gesellschaft erlebten einen Digitalisierungsschub. Die Dynamik auf dem Arbeitsmarkt in Bezug auf Einstellungen ließ spürbar nach. Es gab aber keinen Stillstand bei Einstellungen. Die Zahl der Beschäftigten sank seit Jahresbeginn, liegt aber dank der wirtschaftlich starken Vorjahre immer noch auf einem sehr hohen Niveau.
Die Arbeitslosigkeit ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen: Über 31 Prozent mehr Arbeitslose als im Vorjahr verdeutlichen das Ausmaß der Veränderungen am Arbeitsmarkt. Der Anstieg zeigte sich in beiden Landkreisen, stärker aber im Landkreis Göppingen. Vor allem in der beitragsfinanzierten Arbeitslosenversicherung gab es eine Zunahme, aber auch in der steuerfinanzierten Grundsicherung. Die Zahl der Arbeitslosen ist bei allen Personengruppen gestiegen, überproportional bei Männern, unter 25-Jährigen und Ausländern.
Die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften ist deutlich gesunken, bedingt vor allem durch die Einschränkungen der Corona-Pandemie, die außerdem bereits vorhandene strukturelle Veränderungen und konjunkturelle Einflüsse verstärkt hat. Rückgang bedeutet aber nicht Stillstand. Auch der angespannte Arbeitsmarkt bot Chancen und es kam zu Arbeitsaufnahmen.
Kurzarbeit Kurzarbeit erhielt im Jahr 2020 als Kriseninstrument viele Arbeitsplätze. Die Inanspruchnahme von Betrieben in der Region war extrem hoch. Ohne das Instrument Kurzarbeitergeld wäre die Arbeitslosigkeit sicherlich sehr viel stärker gestiegen. Dadurch zeigen Betriebe, dass sie an ihrem Personal festhalten.
Detaillierter Rückblick auf 2020Beschäftigung sank seit Jahresbeginn (Die Daten zur Beschäftigungssituation basieren auf Juni 2020)
Zum 30. Juni 2020 waren 307 460 Männer und Frauen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren 0,6 Prozent weniger als zum Vorjahresstichtag. Mit minus 0,8 Prozent sank die Beschäftigung bei Männern stärker als bei Frauen mit minus 0,4 Prozent. Überdurchschnittlich hoch war mit minus 3,0 Prozent der Rückgang der Beschäftigung bei jungen Menschen unter 25 Jahre. Bei Ausländern gab es entgegen des allgemeinen Trends einen Beschäftigungsaufbau, der bei 0,8 Prozent lag. Ein Plus gab es auch bei 55-Jährigen und Älteren, das bei 4,0 Prozent lag. Die Branchen entwickelten sich unterschiedlich: Ein Minus gab es vor allem im Verarbeitenden Gewerbe, der Zeitarbeit, Verkehr und Lagerei, im Handel und Gastgewerbe. Ein Plus zeigte sich bei Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Information und Kommunikation, im Gesundheitswesen und der Energieversorgung.
Der Rückgang der Beschäftigung um 0,6 Prozent war im Agenturbezirk Göppingen etwas stärker als in Baden-Württemberg, der bei minus 0,5 Prozent lag.
Der Rückgang zeigte sich in den Landkreisen Esslingen und Göppingen in unterschiedlich starker Ausprägung.
Im Landkreis Esslingen war die Beschäftigung mit einem Rückgang um 0,1 Prozent nahezu konstant; der Rückgang vor allem im Verarbeitenden Gewerbe, der Arbeitnehmerüberlassung und dem Gastgewerbe wurde durch ein starkes Plus in anderen Wirtschaftsbereichen wie Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, in der Kommunikation und Information, Energieversorgung und Gesundheitswesen nahezu ausgeglichen.
Im Landkreis Göppingen ging die Zahl der Beschäftigten mit minus 1,8 Prozent deutlich stärker zurück, besonders im Verarbeitenden Gewerbe, wirtschaftlichen Dienstleistungen (darunter auch die Zeitarbeit), Verkehr und Lagerei sowie dem Handel. Dem starken Minus stand ein schwächeres Plus im Baugewerbe, Information und Kommunikation, Gesundheitswesen und öffentlicher Verwaltung gegenüber.Struktur der Beschäftigten im Agenturbezirk Göppingen: – 14,4 Prozent der Beschäftigten sind Helfer – 57,6 Prozent sind Fachkräfte – 15,3 Prozent sind Spezialisten – 12,5 Prozent sind Experten – 75,0 Prozent der Beschäftigten arbeitet in Vollzeit, 25,0 Prozent in Teilzeit – 15 Prozent haben keinen Ausbildungsabschluss – 35,1 Prozent der Beschäftigten sind 50 Jahre und älter (dieser Wert ist in den letzten Jahren beständig gestiegen; 2010 lag der Anteil noch bei 26,5 Prozent)
Wie sah die Nachfrage nach Arbeitskräften aus?
Die Nachfrage nach Arbeitskräften ging im vergangenen Jahr deutlich zurück. Der Bestand an gemeldeten Stellen lag im Jahresdurchschnitt bei 6 183, das waren 39,3 Prozent weniger als vor einem Jahr. Auf Landesebene lag das Minus bei 31,3 Prozent. Der Rückgang bei den offenen Arbeitsstellen fiel im Verarbeitenden Gewerbe, der Zeitarbeit, im Handel, im Bereich Verkehr und im Lager, aber auch in der Gastronomie besonders stark aus. Rückgang bedeutet aber nicht Stillstand, Chancen bietet beispielsweise das Handwerk, Informationstechnik, der öffentliche Dienst oder das Gesundheitswesen. Bei 82 Prozent der Stellen werden Fachkräfte, Spezialisten und Experten gesucht, etwa 18 Prozent sind für An- und Ungelernte.
Entwicklung der ArbeitslosigkeitDie durchschnittliche Arbeitslosenquote lag 2020 mit 4,3 Prozent (Vorjahr: 3,3 Prozent) über dem Durchschnitt von Baden-Württemberg, der bei 4,1 Prozent lag. 19 406 Frauen und Männer waren im Jahresdurchschnitt arbeitslos gemeldet, 4 673 Menschen mehr als im Jahr 2019. Das war ein Plus von 31,7 Prozent. Auf Landesebene stieg die Arbeitslosigkeit um 32,0 Prozent.
Die Arbeitslosigkeit bei unter 25-Jährigen stieg mit plus 40,3 Prozent stärker als die Arbeitslosigkeit insgesamt. Bei Menschen über 50 Jahren ist die Arbeitslosigkeit um 26,2 Prozent gestiegen. Bei Personen über 55 Jahre beträgt die Zunahme 26,5 Prozent. Die Zahl der arbeitslosen Ausländer ist um 33,7 Prozent gestiegen. Die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen stieg um 9,6 Prozent. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist um 24,1 Prozent gestiegen. Als langzeitarbeitslos gelten Personen, die seit einem Jahr und länger auf der Suche nach einem Arbeitsplatz sind.
Entwicklung in den beiden Landkreisen
Im Agenturbezirk Göppingen sind die Arbeitslosenzahlen in beiden Landkreisen gestiegen. Der Landkreis Göppingen war aber stärker betroffen. Im Landkreis Esslingen stieg die Zahl der arbeitslosen Menschen um 29,6 Prozent. Die Arbeitslosenquote lag bei 4,1 Prozent. 12 555 Frauen und Männer waren im Jahresdurchschnitt arbeitslos gemeldet, 2 864 Menschen mehr als im Jahr 2019. Im Landkreis Göppingen stieg die Arbeitslosigkeit um 35,9 Prozent. Die Arbeitslosenquote lag bei 4,8 Prozent. 6 851 Frauen und Männer waren im Jahresdurchschnitt arbeitslos gemeldet, 1 809 Menschen mehr als im Jahr 2019.
Sehr starker Anstieg in der Arbeitslosenversicherung, Plus aber auch in der Grundsicherung
Bei den Personen, die von der Agentur für Arbeit Göppingen betreut werden und der Arbeitslosenversicherung (Sozialgesetzbuch III) angehören, ist die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt um 3 497 (plus 50,6 Prozent) auf 10 409 Personen gestiegen.
Bei den Menschen in der Grundsicherung (Sozialgesetzbuch II), die von den Jobcentern Landkreis Esslingen und Landkreis Göppingen betreut wurden, ist die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt um 1 176 Personen (plus 15,0 Prozent) gestiegen. Ihre Zahl lag im Jahresdurchschnitt bei 8 997. Rund 46 Prozent aller Arbeitslosen waren in der Grundsicherung.
Unterbeschäftigung
Die Unterbeschäftigung, die zusätzlich zu der Zahl arbeitsloser Menschen auch Personen umfasst, die für den Arbeitsmarkt qualifiziert werden oder in kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit sind, belief sich 2020 durchschnittlich auf 24 944 Personen. Das waren 4 163 mehr als im Vorjahr (plus 20,0 Prozent).
Arbeitslosigkeit ist kein fester Block, vielmehr bewegt sich auf dem Arbeitsmarkt viel. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Dynamik aber deutlich nachgelassen. Seit Jahresbeginn gab es 49 039 Zugänge von Arbeitslosen. Dem gegenüber standen 44 381 Abmeldungen von Arbeitslosen.
Kurzarbeit als tragendes Kriseninstrument
Kurzarbeit erhält aktuell als Kriseninstrument viele Arbeitsplätze. Die Inanspruchnahme von Betrieben in der Region ist extrem hoch und wird im zweiten Lockdown sicher noch einmal steigen. Im Fokus liegt die konjunkturelle Kurzarbeit. Aktuelle Zahlen zur tatsächlich realisierten Kurzarbeit liegen erst mit einem 6-monatigen Zeitversatz vor. Die Junizahlen zeigen: Etwa jeder fünfte Beschäftigte hat kurzgearbeitet. Die Anzeigen mit der beabsichtigen Kurzarbeit zeigen: Auch in der zweiten Jahreshälfte wird das Instrument intensiv genutzt werden. Betroffen waren insbesondere Beschäftigte im Verarbeitenden Gewerbe mit Schwerpunkt Metall- und Elektroindustrie, des Handels, des Gastgewerbes, des Dienstleistungssektors wie Reisebüros und des Bereichs Verkehr und Lagerwesen.
Realisierte Kurzarbeit – Stand: 30.06.2020 Die Zahlen zur sogenannten „realisierten Kurzarbeit“ liegen der Agentur für Arbeit jetzt für Juni vor. Danach haben in dem Monat 64 521 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in 4 718 Betrieben oder Betriebsabteilungen kurzgearbeitet. Im Landkreis Esslingen waren es 3 199 Betriebe oder Betriebsabteilungen mit 44 134 Beschäftigten. Im Landkreis Göppingen waren es 1 519 Betriebe oder Betriebsabteilungen mit 20 387 Beschäftigten.
Ausgaben und Investitionen: Arbeitsagentur gibt 628 Mio. Euro aus – davon 64 Mio. Euro für die ArbeitsförderungDie aktuelle Marktsituation ist durch Strukturwandel, konjunkturelle Schwäche und Corona-Pandemie gekennzeichnet. Mehrere Faktoren zur gleichen Zeit erschweren den Ausgleich am Arbeitsmarkt erheblich. Noch mehr als in den Vorjahren müssen die Vermittlungsansätze individuell auf die einzelnen Personen und die Situation in den Betrieben abgestimmt werden. Die Agentur für Arbeit hat dafür einen Koffer an Instrumenten, die sie gezielt einsetzt, um Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Qualifizierung spielt dabei eine tragende Rolle, insbesondere mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt. Eine große Herausforderung wird überdies die berufliche Neuorientierung arbeitsloser Menschen sein, die in der Branche, aus der sie kommen, keine berufliche Perspektive haben. Sie gilt es für neue Berufsfelder und Branchen zu gewinnen. Weiterbildungen mit Berufsabschluss erhöhen die Arbeitsmarktchancen deutlich. Neue Bewerbungsstrategien, Suchwege oder arbeitsplatznahe Einarbeitung unterstützen die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.
Arbeitsagentur investierte rund 64 Mio. Euro in die Integration von Menschen in Arbeit und Ausbildung
Um Arbeitsuchende und Arbeitslose im Suchprozess und bei der Aufnahme einer Tätigkeit zu unterstützen, investierte die Arbeitsagentur 5,9 Mio. Euro.
27,3 Mio. Euro flossen in die Qualifizierung von Arbeitsuchenden.
Mit 25,6 Mio. Euro unterstützte die Agentur die Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und die Förderung schwerbehinderter Menschen.
Den Übergang von der Schule in den Beruf begleitete die Agentur – auch mit frühzeitigen, präventiven Ansätzen – mit dem finanziellen Einsatz von 5,7 Mio. Euro.
Arbeitslosengeld
Kurzarbeitergeld
Ausblick auf 2021
Der Arbeitsmarkt hat sich bisher trotz der erheblichen Schwierigkeiten robust gezeigt. Wie sich die drei Einflussfaktoren Strukturwandel, Konjunktur und Corona-Pandemie aber im aktuellen Jahr auswirken, ist schwer abzuschätzen. Insbesondere die hohe Inanspruchnahme der Kurzarbeit, drohende Insolvenzen und Menschen in Transfergesellschaften könnten die Entwicklung in 2021 erheblich bestimmen und die Arbeitslosigkeit steigen lassen. Die Unsicherheit bei Betrieben und Beschäftigten ist groß. Selten war eine Prognose so schwierig wie in diesem Jahr.
Nach Einschätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für Deutschland befindet sich die Konjunktur auf einem schwierigen Erholungskurs. Die Folgen der Corona-Pandemie könnten drei Jahre auf dem Arbeitsmarkt zu spüren sein.
Die Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Göppingen geht im Moment für den Göppinger Agenturbezirk davon aus, dass in 2021 zumindest das erste Halbjahr außergewöhnlich bleibt. Kurzarbeit wird weiter intensiv genutzt und Arbeitslosigkeit voraussichtlich steigen. Der Arbeitsmarkt wird aber insgesamt vergleichsweise robust bleiben. Ab dem zweiten Halbjahr besteht in Abhängigkeit vom weiteren Infektionsgeschehen die Chance auf Stabilisierung und eine beginnende Erholung.
Aufgaben und Herausforderungen Die Agentur für Arbeit: Partner auf dem Weg durch die Krise
Der Arbeitsmarkt und der Ausbildungsmarkt stellen die Agentur für Arbeit und alle ihre Partner, die Beschäftigten und die Gesellschaft insgesamt vor enorme Herausforderungen.
Vorrangiges Thema ist die Bewältigung der Strukturkrise und der Coronakrise durch:
Es bleiben als Kernthemen aber auch
Die Bundesagentur für Arbeit hat sich organisatorisch und personell auf die veränderten Rahmenbedingungen eingestellt und fokussiert sich auf die drängendsten Themen. Auch bei der Agentur für Arbeit Göppingen hat der Gesundheitsschutz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ihrer Kunden oberste Priorität.
Sie bleibt flexibel und agil und denkt jedes Quartal neu – orientiert an den Herausforderungen, die sich sicherlich im Lauf des Jahres verändern werden.