Da bis zum Ausbildungsstart im September deutlich weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen wurden, haben die Partner des Ausbildungsbündnisses in Baden-Württemberg einen Modellversuch für einen zweiten, zeitversetzten Ausbildungsstart im Februar 2021 ins Leben gerufen. „Der Ausbildungsmarkt in den IHK-Berufen ist stark eingebrochen. Mit dem zeitversetzten Ausbildungsstart schaffen wir Chancen für Ausbildungsplatzsuchende und Unternehmen in gleichem Maße“, sagt Marjoke Breuning, Vizepräsidentin des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages (BWIHK).
Unternehmen, die dieses Jahr beispielsweise wegen Kurzarbeit, behördlich angeordneter Schließung oder aus anderen Gründen nicht mit der Ausbildung beginnen konnten, haben die Möglichkeit, Ausbildungsplätze mit Start im Februar 2021 anzubieten. Für Ausbildungsplatzsuchende, die im Herbst noch keine Lehrstelle gefunden hatten oder noch unschlüssig waren, bietet der Ausbildungsstart im Februar eine neue Chance für den Berufseinstieg. Breuning appeliert in Anbetracht der Rückgänge bei neuen Ausbildungsverträgen an die Unternehmen im Südwesten: „Die Corona-Pandemie hinterlässt ihre Spuren auch bei der beruflichen Bildung. Doch gerade jetzt in die Qualifizierung junger Menschen zu investieren und weiter oder wieder auszubilden, zahlt sich aus. Die jungen Menschen, denen man heute eine Chance gibt, sind die Fachkräfte von morgen.“
Der zeitversetzte Ausbildungsstart wurde vor allem für Betriebe aus den Branchen, die durch die Corona-Einschränkungen besonders betroffen sind, wie Hotellerie, Gastronomie, Speditionen, Einzelhandel (außer Lebensmittel), Tourismus und Medienbranche, ins Leben gerufen. Viele Betriebe wollten zunächst abwarten und erst später darüber entscheiden, ob sie in diesem Jahr Ausbildungsverträge schließen werden. Die Situation hatte sich im Sommer etwas entspannt, jedoch wurde der Rückgang bei den Neuverträgen durch den erneuten Anstieg der Corona-Fallzahlen im Herbst immer deutlicher. „Damit zeichnete sich ab, dass der Bedarf an einem späteren Ausbildungsstart größer wird“, sagt Breuning. Für den zeitversetzten Ausbildungsstart kommen alle Ausbildungsberufe in Frage. Die IHKs unterstützen gemeinsam mit den Arbeitsagenturen bei der Gewinnung von passenden Bewerbern und der Abstimmung mit den Berufsschulen. „Je länger jedoch die Beschränkungen andauern werden, desto unwahrscheinlicher wird es sein, dass diese Branchen im Februar mit neuen Azubis starten können. Wir sehen allerdings für das Modellprojekt weiterhin Potenzial auch in anderen Branchen und Berufen“, erkärt Breuning weiter.
Baden-Württemberg nimmt für diesen Modellversuch deutschlandweit eine Vorreiterrolle ein. Die Idee wurde von den Südwest-IHKs bei den Partnern des Ausbildungsbündnisses Baden-Württemberg eingebracht und im Rahmen des Spitzengesprächs zur Ausbildung im November von Wirtschafts- und Arbeitsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut öffentlich vorgestellt. Um die Beschulung entsprechend sicherstellen zu können, stehen die IHKs mit dem Kultusministerium und den Berufsschulen im engen Austausch. Damit kein Unterrichtsstoff versäumt wird oder nachgeholt werden muss, sollen bei entsprechender Nachfrage für diese Auszubildenden an einzelnen Berufsschulen zusätzliche Klassen eingerichtet werden, deren Ausbildungsbeginn und -ende um ein halbes Jahr verschoben ist. Bei einer regulären Ausbildungsdauer von drei Jahren finden die Abschlussprüfungen für diese Ausbildungsverhältnisse im Winter 2023/24 statt.
PM Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag