Erstmaliger Streik in Caritas-Tochter wird heute fortgesetzt – am Mittag Kundgebung in Meckenbeuren

Der bundesweit erstmalige Warnstreik in Pflegeeinrichtungen innerhalb der katholischen Caritas-Familie wird heute fortgesetzt. Nachdem in der vergangenen Woche Beschäftigte der Liebenau Leben im Alter gGmbH, einer Tochter der Caritas-Stiftung Liebenau, in vier der insgesamt 21 Einrichtungen die Arbeit niedergelegt hatten, sind heute alle Standorte zum Warnstreik aufgerufen. Sie fordern einen Tarifvertrag auf dem Niveau des öffentlichen Dienstes.

Am heutigen zentralen Streiktag versammeln sich Delegationen der Einrichtungen unter Corona-Bedingungen am Sitz ihres Arbeitgebers und der damit verbundenen Stiftung Liebenau:

Treffpunkt ist ab 10:30 Uhr auf dem Parkplatz am Gasthof Hirsch (Lindauer Str. 51, 88074 Meckenbeuren/Liebenau), ab 11:00 Uhr Demonstration (um und durch das Gelände der Stiftung Liebenau) um 12:15 Uhr Kundgebung vor dem Gelände der Stiftung Liebenau (Siggenweilerstr. 11, 88074 Meckenbeuren/Liebenau).

ver.di stellt in allen Einrichtungen die Versorgung der Bewohner*innen in besonderem Maße sicher, da in über der Hälfte der Einrichtungen positiv getestete Fälle bekannt sind.

Yvonne Baumann, ver.di Verhandlungsführerin: „Wir streiken heute für die Fortsetzung von Tarifverhandlungen, die wir auch deshalb führen, weil uns der Arbeitgeber vor anderthalb Jahren selbst dazu aufgefordert hatte. Womit die Stiftung nicht gerechnet hatte, ist, dass ihre Beschäftigten sich in ver.di organisieren und ihre Arbeitsbedingungen nun auf Augenhöhe mitbestimmen wollen. Davon wollen die Beschäftigten jetzt nicht mehr abrücken.“

„Bei der Liebenau Leben im Alter gGmbH nehmen Beschäftigte erstmals ihr Grundrecht auf Streik wahr. Sie sind nicht länger bereit, die jahrelange Benachteiligung hinzunehmen“, erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler anlässlich des Streikbeginns letzte Woche.

Seit Jahren gelten in den 21 Einrichtungen der Liebenau Leben im Alter gGmbH schlechtere Arbeitsbedingungen als im öffentlichen Dienst und in anderen Caritas-Einrichtungen Baden-Württembergs. Der Arbeitgeber verweigerte sich den kirchlichen Regelungen und nun auch dem Abschluss eines Tarifvertrags. Deshalb sind die Beschäftigten gezwungen, sich zu wehren. Etliche traten ver.di bei: Waren 2019 noch lediglich vier Kolleginnen und Kollegen gewerkschaftlich organisiert, sind es mittlerweile rund 240. Lange Zeit erweckte der Arbeitgeber den Eindruck, als sei eine faire Tarifeinigung möglich, doch am 2. November brach er die Verhandlungen plötzlich ab. Zuvor wurde bereits in zehn Runden verhandelt.

„Während der Corona-Pandemie erfahren die Beschäftigten in den Pflegeeinrichtungen landauf, landab hohe Wertschätzung. Und ausgerechnet ein Arbeitgeber mit konfessionellem Hintergrund sucht in dieser Situation die maximale Konfrontation mit seinen rund 850 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“, kritisierte Bühler. „Die Beschäftigten, die sich mit großem Engagement für eine gute Versorgung einsetzen, haben gute Arbeitsbedingungen mehr als verdient. Es ist ein Unding, dass sie in einer solchen Zeit gezwungen sind, für ihre Interessen in den Streik zu treten.“ Wie bei allen Arbeitskämpfen achtet ver.di auch bei der Stiftung Liebenau darauf, dass niemand wegen des Streiks zu Schaden komme.

Bezahlung und Arbeitsbedingungen der rund 1,8 Millionen Beschäftigten von Kirchen, Diakonie und Caritas werden in weiten Teilen nach kircheneigenen Regeln bestimmt. Ein Tarifvertrag bei der Liebenau Leben im Alter gGmbH wäre der bundesweit erste in einer Tochter-Einrichtung der Caritas. In Teilen der evangelischen Diakonie, zum Beispiel in Niedersachsen, finden hingegen schon länger konstruktive Tarifverhandlungen statt.

„Die Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen müssen attraktiver werden. Hierfür tragen auch die Kirchen eine erhebliche Verantwortung“, erklärte Bühler.

 

PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg

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