ver.di Baden-Württemberg fordert die Landesregierung auf, alles dafür zu tun, um die Beschäftigten in Krankenhäusern, Alten-, Jugend- und Behindertenhilfeeinrichtungen in der Bewältigung der zweiten Pandemie-Welle vor einer Überlastung zu schützen. Insbesondere dürfen nicht wie im Frühjahr durch eine Ausdehnung der täglichen Höchstarbeitszeit Schichten von bis zu zwölf Stunden Dauer ermöglicht werden. In anderen Bundesländern wird diese Aushöhlung des Arbeitsschutzes derzeit wieder diskutiert. Niedersachsen setzt sogar um. ver.di fordert deshalb insbesondere die zuständige Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut auf, keinesfalls erneut 12-Stunden-Schichten zu ermöglichen.
Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter: „Wir stehen vor einem harten Pandemie-Winter. Diesmal geht es nicht um eine kurze Überbrückung, bis sich die Infektionszahlen wieder verbessern. Diesmal geht es um die Bewältigung einer sehr langen und deswegen für die Beschäftigten extrem fordernden Zeit. In der jetzigen Situation muss es darum gehen, sie zu entlasten und nicht zusätzlich zu belasten. Schon jetzt bringt die seit langem bestehende mangelhafte Personalausstattung, vor allem in der Pflege, Beschäftigte an die Grenze. Das wird durch Arbeit in voller Schutzausrüstung noch erheblich verschärft.“
Die Beschäftigten tun alles dafür, dass die ihnen anvertrauten Menschen vor Ansteckung mit dem COVID-19-Virus geschützt werden, während sie gepflegt und betreut werden.
„Sie erwarten ein eindeutiges Signal ihrer Landesregierung, dass auch ihr Schutz oberstes Gebot und gleichrangig mit dem Schutz der Bevölkerung gesehen wird“, so Irene Gölz, ver.di Landesfachbereichsleiterin Gesundheit und Soziales: „Es darf nicht sein, dass der Druck noch stärker von der Politik und den Arbeitgebern an die Beschäftigten weitergeben wird. Die Krankenhäuser brauchen finanzielle Unterstützung, um geplante Operationen absagen und das Personal für die Behandlung der mit dem Corona-Virus infizierten Patientinnen einsetzen zu können und zwar unter Aufrechterhaltung der Vorschriften für den Gesundheitsschutz.“
„Die Beschäftigten erwarten auch von der Bundesregierung, dass auch ihre Gesundheit oberstes Gebot ist“, so Gölz weiter: „Deshalb dürfen die Pflegepersonaluntergrenzen auf den Intensivstationen und der Geriatrie nicht pauschal außer Kraft gesetzt werden, so wie heute von den Landräten von Böblingen und Calw gefordert. Die Beschäftigten arbeiten seit Beginn der Pandemie ohne Verschnaufpause professionell unter einer hohen Belastung. Diese erfordert mehr und nicht weniger Personal.“
Die Untergrenzen wurden im letzten Jahr als unterste Auffanglinie und minimalster Schutz der Beschäftigten beschlossen. Das Bundesministerium für Gesundheit schreibt auf seiner Internetseite: „Nur mit einer guten Pflegepersonalausstattung ist eine sichere und gute Behandlung von Patientinnen und Patienten im Krankenhaus möglich.“ Die Untergrenzen ersetzen keinesfalls die von ver.di schon lange geforderte, am Pflegebedarf orientierte Personalausstattung. Ein Konzept dafür liegt dem Bundesgesundheitsminister seit Januar auf dem Tisch. „Das muss umgehend umgesetzt werden, um den Personalmangel zu beheben, und die Beschäftigten zu entlasten“, so Gölz.
Hintergrund:
Die Pflegepersonaluntergrenzen für die genannten Bereiche wurden wie folgt festgelegt https://www.bundesgesundheitsministerium.de/personaluntergrenzen.html:
Intensivmedizin: Tagschicht maximal 2,5 Patient*innen pro Pflegekraft; Nachtschicht 3,5 Patient*innen pro Pflegekraft.
Ab 1. Januar 2021 gilt: Tagschicht 2 Patient*innen pro Pflegekraft; Nachschicht 3 Patient*innen pro Pflegekraft.
Geriatrie: Tagschicht 10 Patient*innen pro Pflegekraft; Nachtschicht 20 Patient*innen pro Pflegekraft.
In diesem Zusammenhang wird auch festgelegt, welchen Grenzwert der Anteil von Assistenzkräften jeweils nicht überschreiten darf, damit ausreichend qualifiziertes Personal zur Verfügung steht.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg